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Halloween: Amerika-Neider, lasst den Kindern ihren Spaß!
31.10.2023, 18:55 UhrBei ihm hätten sie mal lieber nicht geklopft. Als an Halloween drei Kinder mit Theaterblut im Gesicht an seiner Tür stehen und Süßes fordern, setzt ein Kollege einer norddeutschen Regionalzeitung zu einem Monolog an: Ob sie denn nicht wüssten, dass Halloween für Kapitalismus und Kulturimperialismus stehe? Dass das Gruselfest kulturell verwahrlosten Eltern durch eine PR-Gehirnwäsche aufoktroyiert worden sei? Am Ende dieser Rede ziehen die verdutzten Kinder unverrichteter Dinge von dannen.
Ich glaube, der Kollege, der die Begebenheit selbst im Internet niedergeschrieben hat, übertreibt. Trotzdem dürfte seine Wutrede so einigen Deutschen aus der Seele sprechen. Nämlich jenen, die mit einer Mischung aus kulturellem Überlegenheitsgefühl und uneingestandenem Neid seit jeher mit Verachtung auf die USA und alles, was von dort kommt, blicken. Eine Verachtung, die sie im armseligsten Fall an Kindern auslassen, die am 31. Oktober vor ihrer Tür stehen – und die meist tagelang auf Halloween hingefiebert haben.
Wir können mehr von den Amerikanern lernen als umgekehrt
Weil es an dieser Stelle zu weit führen würde, darzulegen, warum ich der Meinung bin, dass wir mehr von den Amerikanern lernen können als umgekehrt, will ich mich kurz fassen. Also: In meiner Kindheit gab es kein Halloween in Deutschland, was mich davor bewahrt, das Fest nostalgisch zu verklären. Und trotzdem ist die Zeit um Halloween für mich eine der schönsten im Jahr - weil Kürbisschnitzen in jedem Alter Spaß macht, und vor allem: gemeinsam Spaß macht.
Genau das ist für mich der Gradmesser eines Festes: dass es Menschen zusammenbringt. Bei Halloween trifft das gleich doppelt zu – beim Kürbisschnitzen mit Familie und Freunden in den Tagen zuvor und an Halloween selbst. Dann nämlich sind es die Kinder, die die unsichtbaren Mauern der vielerorts anonymen Nachbarschaften einreißen – indem sie einfach so an Türen klopfen und "Süßes oder Saures" rufen.
Ich weiß nicht, was Sie von Halloween halten. Es ist okay, wenn Sie es nicht mögen. Aber wenn es an diesem Dienstagabend bei Ihnen klopft – lassen Sie den Kindern doch ihren Spaß.
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