Contra
Halloween muss wieder Nebensache werden - doch da ist die Kirche gefragt
31.10.2023, 18:55 UhrAch, ich würde ihn ja als durchaus überzeugter Protestant sehr gern verteidigen, diesen Reformationstag. Die Älteren kennen ihn noch, bei den Jüngeren hat er längst verloren gegen Halloween.
Dabei ist er eigentlich ein wichtiges Fest der Evangelisch-Lutherischen. Sie holen sich an diesem Tag Selbstvergewisserung. Am 31. Oktober 1517 soll Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg geschlagen haben - historisch belegt ist das nicht, wohl aber Luthers Re-Formation, die Wiederbelebung der Kirche: Er protestierte gegen Fehlentwicklungen wie etwa den Ablass - wer zahlte, konnte sich quasi freikaufen von Sünden. Und er warb in wunderbaren, stets aktuellen Texten für die Freiheit eines Christenmenschen, die in der durchregulierten Amtskirche unterging.
Was leider alles sonst noch zu Luther gehört
Aber mit Luther verbunden bleibt leider auch der massive Judenhass seiner späten Jahre, den viele Deutsche oft zu gern inhalierten, mit verheerenden Folgen. Luthers Kirchen-Erneuerung führte auch zu deren Spaltung. Und blutigen Kriegen, wie so oft und immer noch angeblich im Namen Gottes. Heute ist der Reformationstag in der Regel ein sehr protestantisches Datum: Abende mit klugen bis abgehobenen Vorträgen, die nicht alle erreichen, wenig sinnlich, verkopft, Reichweite: beschränkt.
Gern empören sich Protestanten über die Kommerz-Auswüchse von Halloween: Ein Fest nur zur Ankurbelung des Einzelhandels, wie furchtbar! Vorsicht, liebe Gläubige: Kennen Sie kommerzialisiertere Feste als Weihnachten (seit September in den Regalen in Form von Lebkuchen etc. kaufbar) oder auch Ostern? An dem Süßen, das es da gibt, freuen sich Kinder auch - bei Halloween kriegen sie noch eine Portion Grusel-Spaß drauf. Und Saures.
Die Kirche, gerade die evangelische, kommt manchmal zu sauertöpfisch rüber. Wirkt dann kraft- und mutlos gegenüber einem Zeitgeist, der ihr entgegenbläst. So war Luther nicht, er sagte Verkrustetem den Kampf an. So etwas täte der Kirche heute gut: Es braucht eine neue Reformation, am besten mit einer Reformatorin, und gewiss mehr Einendes als Spaltendes zwischen Christen. Dann könnte Halloween wieder nebensächlich werden.
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