Kommentar: AKK beendet eine unglückliche Mission

Hans-Peter Kastenhuber

Nürnberger Nachrichten

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10.2.2020, 11:00 Uhr

Verantwortlich für den desolaten Zustand der CDU ist nicht nur die gescheiterte Vorsitzende. Angela Merkels Plan, den im konservativen Flügel der Partei und vor allem mit dem Thema Migration verbundenen Unmut Ende 2018 durch die Aufgabe des Parteivorsitzes zu beschwichtigen, ist grandios gescheitert.


Kramp-Karrenbauer verzichtet auf Kanzlerkandidatur


Sie hätte besser an der eigenen Überzeugung festhalten sollen, dass eine solche Machtaufspaltung stets eine große Gefahr birgt. Der vermeintliche Befreiungsschlag, bei dem sie noch knapp die eigene Favoritin Kramp-Karrenbauer gegen Friedrich Merz und Jens Spahn durchsetzen konnte, markierte nicht den in der CDU von vielen ersehnten Neuanfang, sondern führte schnell zu einer gefühlten Führungslosigkeit.

Machtlosigkeit beim Projekt Neuausrichtung

Die Kanzlerin verlor in wichtigen innenpolitischen Debatten den Rest an Präsenz, und die Parteivorsitzende hatte keinerlei Möglichkeit, ihren CDU-Wiederbelebungsversuch mit konkreten politischen Projekten voranzutreiben. Zu heilen war dieses Manko auch nicht mit der Übernahme des Verteidigungsministeriums. Im Gegenteil: Dieser politische Fulltime-Job ergänzte die Machtlosigkeit beim Projekt Neuausrichtung der CDU noch um eine veritable Überforderung der saarländischen Regionalpolitikerin.

Zu verantworten haben den Niedergang der Partei aber auch die Aktivisten und Sympathisanten der konservativen Werte-Union. Sie haben die knappe Niederlage von Friedrich Merz bei der Vorsitzendenwahl nie verwunden. Ihre abgrundtiefe Abneigung gegen die eigene Kanzlerin übertrug sich fast übergangslos auf Annegret Kramp-Karrenbauer.

Verheerende Annäherungsstrategie

Wie sehr einigen der Zorn auf Merkel den politischen Verstand vernebelt, wird am abenteuerlichen Umgang mit der rechten AfD-Konkurrenz deutlich. Auch die Havarie der Kemmerich-Wahl in Thüringen hat etliche noch nicht erkennen lassen, wie verheerend diese Annäherungsstrategie endet.

Die CDU bräuchte in ihrer Situation dringend eine Figur mit integrativer Kraft und natürlicher Autorität. Wer da auf Friedrich Merz setzt, verkennt, wie wenig der konservative Politikrückkehrer in der Partei all jenen zu vermitteln sein wird, die den Modernisierungskurs Angela Merkels aus großer Überzeugung gefolgt sind. Der angekündigte Rückzug Annegret Kramp-Karrenbauers beendet ihre höchst unglückliche eigene Mission, aber nicht die tiefe Krise der CDU.

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