Kommentar: EU reagiert spät und spärlich auf Nawalny-Anschlag

Alexander Jungkunz

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13.10.2020, 10:06 Uhr
Auf einer Parkbank in Berlin: Kreml-Gegner Alexej Nawalny am 23. September, einen Monat nach dem Anschlag auf ihn.

© Uncredited, dpa Auf einer Parkbank in Berlin: Kreml-Gegner Alexej Nawalny am 23. September, einen Monat nach dem Anschlag auf ihn.

Am 20. August brach Alexej Nawalny im Flugzeug zusammen, ein paar Tage später landete er in Berlin. Wochenlang diskutierte man in Europa über mögliche Sanktionen gegen Russland. Jetzt, sehr spät, beginnt die EU damit, Vorbereitungen dafür auf den Weg zu bringen... Auch das kann natürlich wieder dauern.


Vergiftung von Alexej Nawalny: Merkel allein in der EU


Das ist spät, und was an Maßnahmen debattiert wird, ist eher überschaubar: Schritte gegen Personen, die mit dem Anschlag auf den Regimekritiker in Verbindung stehen könnten. Ob das Moskau wirklich beeindrucken wird? Das ist eher fraglich.

Wer hat Zugang zum Nervengift?

Der Kreml streitet bisher eine Beteiligung am Anschlag strikt ab. Sollte Putin allerdings wirklich unbeteiligt sein, dann stellt sich eine noch bangere Frage: Wer hat denn bitte sonst Zugang zum Nervengift Nowitschok, das als Chemiewaffe gilt?

Putins Regime lässt offenbar Gegner mitten im Berliner Tiergarten ermorden, der Prozess dazu läuft aktuell. Der Kreml scheint Regimekritiker auszuschalten: Wann, wenn nicht bei derartig eindeutigen Grenzüberschreitungen, sind spürbare Sanktionen bitter notwendig?

Gerade Berlin hat sich zudem sehr klar positioniert: Angela Merkel kümmerte sich persönlich um Nawalny, fand sehr deutliche Worte an die Adresse Moskaus. Wenn die EU da nun nur sehr milde reagiert, dann macht auch die Kanzlerin sich unglaubwürdig - zur Freude des Dauerregenten im Kreml.

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