Kommentar: Thüringens Verzicht auf Corona-Vorschriften kommt zu früh

Alexander Jungkunz

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25.5.2020, 12:35 Uhr
Lieber mit Mundschutz: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow will solche Vorschriften aber bald kippen.

© Michael Reichel, dpa Lieber mit Mundschutz: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow will solche Vorschriften aber bald kippen.

Das ist nun in der Tat eine "Lockerungsorgie", um Angela Merkels fast schon legendäre Wortmeldung zu zitieren. Was Thüringen nun vorhat, das sendet ein gefährliches Signal ins ganze Land. Nicht wenige werden Bodo Ramelows Ankündigung nämlich so verstehen: Ist nun nicht mehr so schlimm mit Corona, die Sache ist allmählich ausgestanden - da können wir uns wieder normal verhalten.

Dass Corona aber nicht ausgestanden ist, dass uns die Pandemie noch lange beschäftigen wird, das zeigte sich am Wochenende: Eine Baptisten-Gemeinde in Frankfurt/Main und eine Gaststätte im niedersächsischen Leer wurden zu neuen Hotspots - offenbar, weil die Grundregeln nicht eingehalten wurden, die nach wie vor gelten. Also: Abstand halten, auf Hygiene achten, gegebenenfalls Maske tragen.

Die meisten Menschen respektieren diese Regeln. Das ist auch nicht zu viel verlangt. Wer darin Eingriffe in Grundrechte sieht, der argumentiert doch reichlich egoistisch: Vorsicht kann andere schützen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, mit der sich die Ausbreitung des Virus eindämmen lässt - das haben wie vergangenen Wochen ja bewiesen.

Wer zuletzt unterwegs war in Supermärkten, Biergärten oder Fußgängerzonen, der konnte allerdings registrieren: Manche halten sich nicht mehr an diese Regeln. Abstand? Warum denn noch? Zu sehen sind Umarmungen und Küsschen. Schöne Gesten, die gut tun, gewiss. Aber aktuell sind sie eben leider gefährlich.


"Verheerendes Signal": Kritik an Thüringens Corona-Lockerungen wächst


Und Ramelows Vorhaben ermuntert etliche, auf Vorsicht zu verzichten. Seine Ansage gaukelt eine falsche Sicherheit vor, die es so leider noch nicht gibt. Das steigert die Infektionsgefahr aber wieder. Vor allem Risikopatienten müssen aufpassen. Und geraten womöglich in die schwierige Lage, andere um das Einhalten der Regeln zu bitten - weil ihr Ministerpräsident genau dies seinen Mitbürgern offenbar nicht mehr zuzumuten wagt.

Ramelow riskiert damit einen gefährlichen Wettlauf. Sachsen will schon nachziehen. Andere Länder mahnen mit Recht zu anhaltender Vorsicht. Denn es reicht zwar bei den meisten Menschen, auf Vernunft zu setzen. Bei einigen wenigen aber leider nicht. Daher sind Regeln und auch Vorschriften weiter buchstäblich notwendig, um die schon massiv sinkende Corona-Infektionszahl nicht wieder steigen zu lassen. Ramelows Lockerungs-Orgie gefährdet das, was das Land durch seine gestaffelten Corona-Sanktionen - die ja bereits zurückgefahren werden - bereits erreicht hat.


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