Wahlkampf ohne Inhalt

Kommentar zur Bundestagswahl: Kanzlerkandidaten sind im Schlafwagen unterwegs

Alexander Jungkunz

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7.8.2021, 15:00 Uhr
Die Kanzlerkandidaten von Union und SPD, Armin Laschet und Olaf Scholz neben der Mitbewerberin von den Grünen Annalena Baerbock.

© Oliver Ziebe/WDR/dpa Die Kanzlerkandidaten von Union und SPD, Armin Laschet und Olaf Scholz neben der Mitbewerberin von den Grünen Annalena Baerbock.

Armin Laschet hat doch massiver abgeschrieben in seinem Buch! Annalena Baerbock hat das N-Wort verwendet! Olaf Scholz kocht gern Königsberger Klopse! Und weiter zum nächsten Tweet oder Facebook-Post!

Klein-Klein statt Perspektiven im Blick

In sieben Wochen ist Bundestagswahl. Und das Land scheint sich mehr über tatsächliche oder vermeintliche Skandale und Schlagzeilen aufzuregen als über politische Inhalte. Keine guten Nachrichten aus einer Republik, die sich im Klein-Klein des politischen Tagesgeschäfts zu verlieren droht und darüber Perspektiven und Ziele aus den Augen verliert, um die es doch bei einer Wahl geht. Eigentlich.

Bloß keine Zumutungen: Das scheint das Motto der Kandidaten und Kandidatinnen zu sein. Vor allem Armin Laschet bleibt profillos. Wofür steht der Mann, der mit einiger Wahrscheinlichkeit Nachfolger von Angela Merkel werden könnte? Bisher sind da vor allem Fragezeichen.

Auch die Grünen scheuen sich vor allzu viel Klarheit. Dass ihre Klima-Pläne für Belastungen sorgen, dass sie viele zu spürbaren Veränderungen zwingen müssten - das taucht allenfalls auf Nachfrage auf. Und Olaf Scholz legt in den Umfragen wohl vor allem deshalb zu, weil er bisher im Gegensatz zu den Mitbewerbern weitgehend pannenfrei agiert.

Dabei gäbe es gewichtige Themen. Wie sichert das Land die Rente der Zukunft? Als da kürzlich von der Politik in Auftrag gegebene Reform-Pläne (mit Zumutungen; Stichwort Rente mit 68) publik wurden, winkten alle Parteien ab: Nö, jetzt nicht, keine Sorge.

Bei der Digitalisierung ein Entwicklungsland

Oder: Wie erhält Deutschland eine Infrastruktur, die zukunftstauglich ist? In Sachen Digitalisierung sind wir Entwicklungsland, in Sachen Verkehr, Bildung und Schulen stauen sich längst fällige Investitionen, die dem Fetisch „Schwarze Null“ geopfert wurden.

Zur Infrastruktur gehört auch ein leistungsfähiger Katastrophenschutz - siehe die Folgen der Flut, die nicht nur wegen des möglichen Fehlverhaltens eines Landrats noch dramatischer ausfielen.

Kernthema Klimaschutz

Dazu gehört auch die Anpassung von Infrastruktur an die Folgen des Klimawandels: Regenrückhaltebecken, Polder, weniger Bodenversiegelung, weniger Baugenehmigungen in Lagen, die hochwassergefährdet sind. Und dann natürlich das Kernthema Klimaschutz: Was genau will die Union, was die SPD?

Als kürzlich vorgerechnet wurde, dass die Steuerpläne von Union und FDP die Umverteilung von unten nach oben verschärfen, da löste auch dies wenig Reaktionen aus. Eine Art Politik-Müdigkeit scheint über einem Land zu liegen, das dringend eine ehrgeizigere Politik bräuchte, um nicht noch weiter zurückzufallen.

Im Schlafwagen unterwegs

Aufwachen, bitte! Das gilt für die Wahlkämpfer. Aber auch für etliche Wählerinnen und Wähler, die den Schlafwagen offenbar ganz bequem finden, mit dem Armin Laschet nicht nur laut Markus Söder unterwegs ist.

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