Nebeneinkünfte von Abgeordneten: Wie fließt das Geld zur Politik?

Martin Damerow

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27.3.2021, 05:49 Uhr
Banknoten liegen auf einem großen Haufen: Viele Bundestagsabgeordnete verdienen neben ihren Diäten kräftig dazu.

© David-Wolfgang Ebener, dpa Banknoten liegen auf einem großen Haufen: Viele Bundestagsabgeordnete verdienen neben ihren Diäten kräftig dazu.

Wieviel muss man eigentlich verdienen, um als Spitzenverdiener zu gelten? Das ist in Deutschland klar definiert: Spitzenverdiener ist man ab 15.000 Euro Einkünften pro Monat, also einem Jahreseinkommen von 180.000 Euro. Manche lassen diese Grenze weit hinter sich: Wirtschaftsbosse, Spitzensportler, Rechtsanwälte, Chefärzte, Buchautoren. Oder Politiker.

Sobald letztere ein Mandat innehaben, müssen sie ihre Einkünfte – in gewissem Ausmaß – offenlegen. Da kommt oft Neid auf. Einer, der in diesem Kontext oft genannt wird, ist der Nürnberger CSU-Politiker Sebastian Brehm, seines Zeichens Steuerberater. Neben seinen Bezügen als Abgeordneter (10.083,47 Euro pro Monat) hat er nach eigenen Angaben über seine Unternehmen pro Monat rund 250.000 Euro nebenher erwirtschaftet, insgesamt 3,13 Millionen Euro innerhalb eines Jahres. Das geht aus Recherchen der Organisation Abgeordnetenwatch hervor, die für 2020 die Nebentätigkeiten aller 709 Bundestagsabgeordneten untersucht hat.

Demnach gaben 215 von ihnen an, für mindestens eine Nebentätigkeit bezahlt worden zu sein. Am häufigsten nebenher arbeiten Politikerinnen und Politiker der FDP (53 Prozent), gefolgt von der CSU (50 Prozent) und der CDU (36 Prozent). Bei der AfD gibt jede/r Vierte Nebeneinkünfte an (24 Prozent), minimal weniger sind es bei SPD (23 Prozent) und der Linken (19 Prozent); am Ende der Liste stehen Abgeordnete der Grünen (13 Prozent).


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Geld nebenher zu verdienen, das ist für Abgeordnete nicht verboten. Aber: Die Summen, welche erzielt werden, sind nicht exakt zu beziffern. Laut geltenden Regeln geben Parlamentarier ihre Nebeneinkünfte in gewissen Stufen an und veröffentlichen diese Angaben. Stufe 1 steht für einmalige oder regelmäßige Einkünfte zwischen 1000 und 3500 Euro; Stufe 5 bedeutet Einkünfte zwischen 30.000 und 50.000 Euro, die höchste Stufe 10 beziffert Einkünfte von 250.000 Euro oder mehr. Eine Obergrenze gibt es nicht. Das bedeutet: Je höher die Stufe, desto größer ist die darin genannte Spanne – umso ungenauer ist gleichzeitig die Erkenntnis über die erzielten Einkünfte.

"Auf Euro und Cent genau"

Das hält Léa Briand, Sprecherin von Abgeordnetenwatch, für nicht tragbar: "Abgeordnete sollten ihre Nebeneinkünfte auf Euro und Cent genau angeben müssen", sagt sie. Sie halte es für sinnvoller, wenn Parlamentarier ihren Nettoverdienst auswiesen, nicht ihr Bruttoeinkommen.

Dann würden Sebastians Brehms Nebeneinkünfte in einem anderen Licht dastehen: Wie alle Freiberufler muss er die Bruttoumsätze angeben, nicht den Gewinn – also das, was nach Abzug von Steuern, Miet-, Sach- und Personalkosten bleibt. "Die Summe – nach Abzug der genannten Parameter – wäre dann vergleichbar mit den Nebeneinkünften anderer Abgeordneter", so Brehm, der, wie er sagt, 25 Mitarbeiter beschäftigt, die den genannten Umsatz erwirtschaften.

Tatsächlich äußert er sogar Kritik: "Ich setze mich sehr dafür ein, Abhängigkeiten aufzudecken und absolute Transparenz zu schaffen. Das vorliegende System der Veröffentlichung ungleicher Parameter ist leider dazu nicht geeignet. Derzeit wird Ungleiches gleich behandelt (Einkommen und Bruttoumsatz). Das wird aus meiner Sicht dem zu unterstützenden Ziel der Transparenz nicht gerecht."

Quellen dürfen anonymisiert werden

Ein Ärgernis für jene, die es genau wissen wollen, ist auch die verschleierte Identität der Geldgeber. Für die Öffentlichkeit ist oft nicht erkennbar, von wem Abgeordnete Geld erhalten, da sie ihre Quellen anonymisieren dürfen (z.B. "Mandant 6"). Dazu kommt: Um Geldflüsse nachvollziehen zu können, pflegen viele Staaten ein Lobbyregister. Seit Donnerstag hat auch Deutschland ein solches, doch das taugt laut Transparency International nicht viel.

"Wegen der vielen Ausnahmen und dem Fehlen eines exekutiven Fußabdrucks kann von wirklicher Transparenz nicht gesprochen werden", heißt es von dort. Ferner fehle eine unabhängige Instanz zur Kontrolle der Regelungen. Dafür brauche es einen mit entsprechenden Kompetenzen ausgestatteten Lobbybeauftragten. Dazu konnte sich die politische Kaste bislang aber nicht durchringen.

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