Zwei große Sorgen

Neue Studie zeigt: Davor haben die Menschen in Deutschland am meisten Angst

Christian Urban

Redakteur - nordbayern.de

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20.2.2024, 05:53 Uhr
Besonders zwei Sorgen treiben die Deutschen um. (Symbolbild)

© Foto via www.imago-images.de, imago images/Frank Sorge Besonders zwei Sorgen treiben die Deutschen um. (Symbolbild)

Rechtsextremisten treffen sich geheim, um darüber zu beraten, wie man Menschen mit Migrationshintergrund und Andersdenkende aus Deutschland vertreiben kann und nennen das euphemistisch "Remigration". Politische Debatten werden immer giftiger und führen unter anderem dazu, dass die Grünen ihren politischen Aschermittwoch nicht abhalten können, weil sie von einem wütenden Mob blockiert werden. Gleichzeitig gehen nie gesehene Massen auf den Straßen, um in friedliche Großdemonstrationen für die Demokratie zu kämpfen: Deutschland geht momentan durch turbulente Zeiten.

Vor diesem Hintergrund hat die Studie "Die Ängste der Deutschen" der R+V-Versicherung im Februar 2024 insgesamt 1.000 Bürgerinnen und Bürger online nach ihren politischen Sorgen gefragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ und zeigen, dass besonders zwei Themen die Deutschen derzeit umtreiben.

Eine große Mehrheit der Befragten, nämlich 66 Prozent, "fürchtet, dass die Spaltung der Gesellschaft zunimmt und dies zu Konflikten führt", sagt Studienleiter Grischa Brower-Rabinowitsch. Die Stärke dieser Angst war im Vorjahr zum ersten Mal im Rahmen der Studie erhoben worden - bereits damals teilten 50 Prozent der Befragten sie. Nun sind es noch einmal 16 Prozent mehr als noch 2023.

"Ein gewisses Auseinanderdriften in verschiedene gesellschaftliche Lager beobachten wir in Deutschland schon lange, etwa in links-rechts, arm-reich oder Stadt-Land", erklärt Professorin Dr. Isabelle Borucki, Politikwissenschaftlerin an der Philipps-Universität Marburg, die die R+V-Studie als Beraterin begleitet hat. "Jetzt schüren die Rechtsextremen mit ihren Angriffen auf die Demokratie die Angst vor noch tieferen Gräben."

Eine zweite Sorge ist im Vergleich mit dem vergangenen Jahr sogar noch deutlicher angestiegen: 59 Prozent der Deutschen haben Angst vor politischem Extremismus - das sind 21 Prozent mehr als 2023. Doch was ist mit den Begriff konkret gemeint? Auch das wurde in der Studie abgefragt, wobei Mehrfachnennungen möglich waren.

"Mit Abstand am meisten Sorge bereitet den Menschen rechter Extremismus", sagt Studienleiter Brower-Rabinowitsch. Die konkreten Ergebnisse: 72 Prozent der Befragten haben Angst vor Rechtsextremismus, 61 Prozent vor islamistischem Extremismus und 29 Prozent vor Linksextremismus. "Die Recherchen von Correctiv und die mediale Berichterstattung über das Treffen in Potsdam zeigen, dass es manifeste Bestrebungen gibt, den Staat, die Demokratie und die Gesellschaft in ihrer jetzigen Form zu zerstören", erläutert Professorin Borucki. "Die Zivilgesellschaft sieht im Rechtsextremismus eine konkrete Bedrohung."

Erst zweimal seit 1996 war die Furcht vor politischem Extremismus noch größer als in der aktuellen Sonderbefragung: 2016 äußerten 68 Prozent der Befragten die Sorge, 2017 waren es 62 Prozent. Die Untersuchungsergebnisse beider Jahre standen unter dem Eindruck der Attentate der IS-Terrormiliz und der Flüchtlingswelle in Europa. In den vergangenen Jahren spielte das Thema in der Studie dagegen nur eine untergeordnete Rolle.

Unterschiede zwischen Ost und West

Auch die Unterschiede zwischen den Ängsten in West- und Ostdeutschland wurde im Rahmen der Studie untersucht: In Ostdeutschland haben 69 Prozent der Befragten Angst vor einer Spaltung der Gesellschaft, im Westen 65 Prozent. Die Angst vor politischem Extremismus ist im Westen (60 Prozent) dagegen etwas größer als im Osten (57 Prozent).

Deutliche Unterschiede gibt dann aber doch - nämlich, bei der Art des Extremismus, vor dem die Menschen Angst haben. Im Osten haben die die Menschen an erster Stelle Sorge vor islamistischem Extremismus (70 Prozent), gefolgt von Rechtsextremismus (61 Prozent). Im Westen dagegen haben die Menschen mehr Angst vor Rechtsextremismus (74 Prozent) und weniger vor islamistischem Terror (59 Prozent). Die Bedrohung durch Linksextremismus halten Ost und West für vergleichsweise gering (Ost: 27 Prozent; West 29 Prozent).