Abschied aus Kommunalpolitik
Nürnbergs Kulturbürgermeisterin Lehner: „Ich hänge nicht an diesem Job, aber an der Aufgabe“
17.03.2025, 16:36 Uhr
Der Kopf habe über das Herz besiegt: Mit diesen Worten verkündete Julia Lehner am vergangenen Mittwoch, im Jahr 2026 nicht erneut für den Nürnberger Stadtrat zu kandidieren. Damit steht die 71-Jährige nicht für eine weitere Amtszeit als Bürgermeisterin bereit.
Gründe für Entscheidung
Im Podcast "Bratwurst mit Chili" des Verlags Nürnberger Presse spricht Lehner über ihre Entscheidung. "Es fällt mir durchaus nicht leicht. Ich hänge nicht an diesem Job, ich hänge ganz einfach an der Aufgabe Kulturpolitik", erklärte die Christsoziale und fügte auch an: "Ich fühle mich jetzt weder körperlich noch geistig so, dass ich altersbedingt von meinem Empfinden aufhören müsste."
Ein Faktor für ihre Entscheidung ist ihr Alter – zumindest indirekt – trotzdem. Zwar könne die 71-Jährige abgesehen von der hinzugewonnen Erfahrung "bei mir keinen Unterschied feststellen" zu ihren Anfangsjahren in der Kommunalpolitik, stellte aber klar: "So eitel bin ich, man möchte vermeiden, eine Diskussion zu bekommen, wie alt die Person ist und ob man in diesem Alter noch die Aufgaben erfüllen könnte. Das täte bestimmt weh. Das hielte ich auch für unangemessen."
Und auch aus einem anderen Grund tritt die 71-Jährige nicht wieder an: Nach fast 30 Jahren in der Kommunalpolitik "muss man auch einmal den Platz freigeben für andere", konstatiert Lehner im Gespräch für den Podcast "Bratwurst und Chili".
Ausblick
Wie geht es künftig nach Abschied der gebürtigen Nürnbergerin aus der Kommunalpolitik weiter – für Lehner selbst und auch für die Kulturpolitik in Nürnberg? Tatsächlich hinterlässt Lehner nach Jahrzehnten der Kulturpolitik in ihrer Heimatstadt ein gewaltiges Loch. Entsprechend habe sie, als sie ihren Kollegen ihre Entscheidung mitgeteilt habe, in "erschrockene Gesichter" geblickt.
Aber: Im Podcast-Interview zeigte sich die Kulturbürgermeisterin "ganz optimistisch" und versicherte: "Jede Person, die sich intensiv damit auseinandersetzt, und das Wissen mitbringt, wird sich einfinden. Das kann nicht alleine ich." Dennoch, davon geht die 71-Jährige aus, könnte es "bestimmt an der ein oder anderen Stelle passieren, dass man mich fragt, aus meinem Erfahrungsschatz heraus Empfehlungen zu geben."
Die kommunalpolitische Laufbahn endet damit im kommenden Jahr für die gebürtige Nürnbergerin, die seit 1996 Mitglied des Stadtrates war. Zugleich könnte dies auch der Neubeginn eines neuen politischen Kapitels sein:
Lehner ist Mitglied der CSU-Delegation, die die Koalitionsverhandlungen zur Vorbesprechung des Vertrages im Bereich Kultur und Medien führt. Entsprechend wird über eine mögliche Zukunft der Nürnbergerin im Kulturstaatsministerium spekuliert. Lehner selbst bestätigte im Podcast, dass sie "am Tisch der KoalitionsverhandlerInnen" sitze und dies als "Ehre" begreife: "Ich spüre, dass bei mir ein großes Fass an Erfahrung und Wissen vorhanden ist, das auch Beachtung findet." In den Gesprächen empfinde sie es als interessant zu sehen, wie die anderen Beteiligten denken und welche Schwerpunkte sie setzen.
Zu ihrer persönlichen Zukunft gab Lehner indes nur zu Protokoll, dass sie sich keine Gedanken mache – ohnehin kam in ihrem Leben stets alles auf sie zu. Bezüglich eines möglichen Postens im Kulturstaatsministeriums sagte die 71-Jährige: "Bewerben kann man sich dort eh nicht. Ich habe mich nicht selbst ins Gespräch gebracht."
Spekulationen um gekürzten Podcast
Nicht nur um ihre persönliche Zukunft ranken sich, wohl trotz dieser Aussage, noch diverse Spekulationen, sondern auch um einen verkürzten Podcast: In einer Folge von "KontaktAufnahme" des Bildungszentrum Nürnberg gingen die Moderatorin und Johanna Böhm vom Bayerischen Flüchtlingsrat der Frage "Wie gehen wir mit geflüchteten Menschen um?" nach. Kurz nach dem Upload ist der Podcast aber wieder offline ehe wenige Tage später eine gekürzte Variante der Folge abrufbar ist.
Über die Podcast-Folge häuften sich widersprüchliche Aussagen, die insbesondere die Frage nach politischer Einflussnahme aufwarfen. Gast Böhm habe nach eigener Aussage damals die Redaktion des Podcasts kontaktiert, um zu erfahren, was passiert sei, und dann die Antwort bekommen, "dass die Pressesprecherin von Markus Söder sich wohl bei der Stadt Nürnberg gemeldet habe", berichtete Böhm zunächst BR24. Lehner aber dementierte einen solchen Anruf: "Glauben Sie in der Tat, Markus Söder wacht morgens auf und hört als Erstes in einen Podcast vom Bildungszentrum Nürnberg rein? Dann ist er entsetzt und sagt ‚Uiuiui, so geht es ja gar nicht‘?"
Ein solches Szenario, in dessen Folge der CSU-Chef die Staatskanzlei und die beteiligten Presseverantwortlichen kontaktiere, hielt Lehner schlichtweg für realitätsfern. "Ich nehme das wirklich ernst, was Menschen jetzt vermuten. Es ist zu konstatieren: Ich habe diesen Podcast selbst nicht gehört. Der zuständige Amtsleiter hat einen Hinweis von wem auch immer bekommen und empfand, dass dort Aussagen waren, die die Neutralität der Stadt Nürnberg verletzen." Wer jener Hinweisgeber gegenüber dem BZ war, führte Lehner nicht weiter aus.
Zwar gab die CSU-Politikerin zu, dass man "zu schnell gehandelt" habe, ein Anruf von Markus Söder oder der Staatskanzlei sei aber nicht eingegangen. Man hätte in der Podcastfolge kennzeichnen sollen, dass es zu Kürzungen gekommen ist. Insbesondere Böhms Ausführungen zu Tauschaktionen der Bezahlkarte und Aussagen zu Markus Söder seien gestrichen worden, hieß es damals von Seiten des Flüchtlingsrats. Lehner beschwichtigte: "Das ist blöd gelaufen, aber man muss auch die Kirche im Dorf lassen."
Da Lehner selbst bei der vergangene Kulturausschusssitzung nicht anwesend war und noch immer Fragen zu dem Vorfall offen sind, soll ein erneuter Antrag, unter anderem von den Grünen und der Politbande, beschlossen werden.
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