Tritt die AfD ohne Spitzenkandidat zur Bundestagswahl an?

Harald Baumer

Berlin-Korrespondent der NN

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26.2.2021, 17:00 Uhr
Unter Umständen könnte die AfD ohne Spitzenkandidat in die Bundestagswahl 2021 starten.

© Christian Spicker via www.imago-images.de, imago images/Christian Spicker Unter Umständen könnte die AfD ohne Spitzenkandidat in die Bundestagswahl 2021 starten.

Es gab schon alles mögliche. Oft trat eine Partei nur mit einer Person an der Spitze zur Bundestagswahl an. Das ist gewissermaßen der Klassiker. Immer wieder mal gab es auch ein Duo. Die Grünen boten 2002 sogar ein siebenköpfiges Team auf, in dem allerdings der beliebte Außenminister Joschka Fischer als sogenannter "Leitganter" (benannt nach den Wildgänsen im Formationsflug) bezeichnet wurde. Nur eines gab es höchst selten: dass sich in einer Partei überhaupt niemand als Führungsfigur abzeichnete. Genau das könnte im Herbst bei der AfD, der größten Oppositionspartei im Bundestag, passieren.

Jedenfalls hat der Vorstand der Rechtspopulisten vor einigen Tagen die Tagesordnung für den Wahlparteitag im April beschlossen und auf dieser fehlt der Programmpunkt Spitzenkandidat(in). Wie zuerst das ARD-Hauptstadtstudio berichtete, ist zwar bei der Veranstaltung die Verabschiedung eines Wahlprogramms vorgesehen, nicht aber die Klärung der Führungsfrage für den 26. September.


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Es wäre auch denkbar schwierig, jemanden zu finden, der diese Rolle übernehmen könnte. Bundessprecher Jörg Meuthen ist Europaparlamentarier und kandidiert gar nicht. Sein gleichberechtigter Kollege Tino Chrupalla aus Sachsen gilt im Westen der Republik als nahezu unbekannt. Ein besonderer Aufschwung wäre durch seine Nominierung nicht zu erwarten. Fraktionschef Alexander Gauland ist zwar bundesweit bekannt, wurde aber vor kurzem 80 Jahre alt und hat bereits angekündigt, kürzer treten zu wollen.

Alice Weidel hatte die Position schon mal inne

Bliebe noch Alice Weidel (42), die ebenfalls der Bundestagsfraktion vorsteht. Sie ist halbwegs bekannt und war mit Gauland bereits 2017 die Spitzenkandidatin. Doch Weidel hat zwei Probleme. Zum einen gilt sie als Sympathisantin des (formal aufgelösten) sehr weit rechts stehenden "Flügels" um Björn Höcke. Zum anderen kämpft sie mit einem veritablen Parteispendenskandal.

Weidel hielte es für schädlich, wenn die AfD auf eine offiziell ernannte Vorzeigefigur in den Wahlkampf verzichten sollte. Der Zeitung Tagesspiegel sagte sie: "Es ist den Wählern und Mitgliedern nur schwer vermittelbar, dass die größte Oppositionspartei im Bundestag ohne Spitzenkandidaten in den Wahlkampf geht." Eine Ausrufung erst kurz vor dem Wahltag bringe dann auch nicht mehr viel.

Jörg Meuthen, innerparteilich ein Gegner Weidels, dürfte die ungeklärte Führungsfrage ganz recht sein. Bevor eine Person ernannt wird, die mit dem Flügel sympathisiert, lässt man es in seinen Augen wohl lieber ganz. Aber trotz seines Erfolges in dem von ihm dominierten Bundesvorstand kann es ihm immer noch passieren, dass auf dem Parteitag spontan ein entsprechender Antrag gestellt wird.

Jörg Meuthen könnte sich eine Urwahl vorstellen

Meuthen begründet seine bisherige Ablehnung damit, dass ja bislang noch nicht einmal alle Landesverbände ihre Listen aufgestellt hätten. Nun hat nun die Idee einer Urwahl der Spitze durch die Mitglieder aufgebracht. Er ist offensichtlich davon überzeugt, dass er mit seinem moderateren Kurs dabei eine Mehrheit für jemanden erreichen könnte, der ihm nahe steht. Aber wer das sein könnte, zeichnet sich noch nicht ab.


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Bei der Bundestagswahl 2017 hatte die AfD mit 12,6 Prozent das drittstärkste Ergebnis nach Union und SPD erzielt. Doch davon ist man inzwischen deutlich entfernt. In der Sonntagsfrage ("Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre...") liegt die AfD im Schnitt der Umfragen knapp unter zehn Prozent.

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