"Handwerklich katastrophal"

Bayern setzt einrichtungsbezogene Impfpflicht vorerst nicht um - und greift die Bundesregierung an

8.2.2022, 15:08 Uhr
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern wird vorerst nicht umgesetzt.

© Bernd Weißbrod, NN Die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern wird vorerst nicht umgesetzt.

Eigentlich soll sie ab dem 15. März greifen - eigentlich. Die sogenannte einrichtungsbezogene Impfpflicht entwickelt sich zur Zeit allerdings immer mehr zum Blindgänger: Bayern möchte die Impfpflicht zunächst noch nicht umsetzen, wie Ministerpräsident Markus Söder am Montag nach einer Videoschalte des CSU-Vorstands in München erklärte. "Es wird großzügige Übergangsregelungen geben", stellte Söder klar und verriet damit auch, dass es "de facto" auf ein Aussetzen des Vollzugs hinauslaufe.

Beschäftigte im Gesundheitswesen sollten bis zum 15. März 2022 ihren Arbeitgebern einen Impf- oder Genesenennachweis vorlegen müssen, um ihren Beruf weiter ausüben zu können. Wer sich nicht impfen lassen kann, hätte dies mit einem Attest belegen können. Schon in der vergangenen Woche hatte das Gesundheitsministerium Bayerns darauf hingewiesen, dass eine Umsetzung der Impfpflicht mit einem Betretungs- oder Tätigkeitsverbot seitens des zuständigen Gesundheitsamtes hätte durchgesetzt werden müssen. Die Gesundheitsämter ächzen aber bereits jetzt unter den Folgen der Omikron-Welle - das Aussprechen eines solchen Verbots wäre bürokratisch wohl nicht zu stemmen gewesen.

Angst vor dem "Chaos"

Bei einer Pressekonferenz am Dienstag legte der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Florian Herrmann (CSU), nach. Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht mache nur dann Sinn, wenn auch eine allgemeine Impflicht folgt. "Wir sind für die Impfpflicht, der Bund hat beides versprochen, geliefert hat er aber nur die eine - und das in einer handwerklich katastrophalen Form, die ins Chaos führt", wetterte Herrmann.

"Das Problem ist: Wenn man diese Regelung des Bundes zum 15. März so umsetzt, besteht die große Gefahr, dass wir die Personalsituation in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen aber auch Arztpraxen gefährden - und letztlich auch die Patienten", ließ Herrmann verlauten und sprach von einer "völlig praxisuntauglichen" Rechtsgrundlage vom Bund. Es sei mehr Vorlaufzeit für die Umsetzung der berufsbezogenen Impfpflicht nötig.

Wie lange die einrichtungsbezogene Impfpflicht in Bayern ausgesetzt wird, ließen Söder und Herrmann noch offen: "Für wie viele Monate wird man dann sehen", ergänzte der Bayerische Ministerpräsident. Man wolle sich allerdings einige Zeit lassen, um "das Ganze vernünftig zu gestalten". Die Einführung der Impfpflicht war schon im Vorfeld von Sozialverbänden stark kritisiert worden. Margit Berndl vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Bayern bezeichnete die Pläne gar als "nicht zu Ende gedacht". Auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Hauswirtschaft, der Haustechnik oder sogar von den Fahrdiensten wären von einem etwaigen Verbot betroffen.

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