Verfassungsgericht: Bund muss beim Klimaschutz nachbessern
29.4.2021, 11:45 UhrDie Politik muss beim Klimaschutz nachbessern, um die Freiheitsrechte künftiger Generationen zu schützen. Das Bundes-Klimaschutzgesetz greife zu kurz, urteilte das Bundesverfassungsgericht am Donnerstag. Die Karlsruher Richter verpflichteten den Gesetzgeber, bis Ende kommenden Jahres die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 näher zu regeln. Verfassungsbeschwerden mehrerer Klimaschützer waren damit zum Teil erfolgreich (Az.: u.a. 1 BvR 2656/18).
Die teils noch sehr jungen Beschwerdeführenden seien durch Regelungen in dem Gesetz in ihren Freiheitsrechten verletzt, erklärten die Richter. "Die Vorschriften verschieben hohe Emissionsminderungslasten unumkehrbar auf Zeiträume nach 2030." Wenn das CO2-Budget schon bis zum Jahr 2030 umfangreich verbraucht werde, verschärfe dies das Risiko "schwerwiegender Freiheitseinbußen", weil die Zeitspanne für technische und soziale Entwicklungen knapper werde.
Einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur wie geplant auf deutlich unter 2 Grad und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, sei dann nur mit immer dringenderen und kurzfristigeren Maßnahmen machbar. "Von diesen künftigen Emissionsminderungspflichten ist praktisch jegliche Freiheit potenziell betroffen, weil noch nahezu alle Bereiche menschlichen Lebens mit der Emission von Treibhausgasen verbunden und damit nach 2030 von drastischen Einschränkungen bedroht sind", heißt es in der Erklärung des obersten deutschen Gerichts.
Hohe Lasten
Zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit hätte der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen müssen, "um diese hohen Lasten abzumildern". Von "Vorkehrungen zur Gewährleistung eines freiheitsschonenden Übergangs in die Klimaneutralität" ist die Rede. Daran fehle es bislang.
In Artikel 20a des Grundgesetzes heißt es: "Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung."
Hierauf bezieht sich das Gericht. Es dürfe nicht einer Generation zugestanden werden, "unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen.
Künftig könnten selbst gravierende Freiheitseinbußen zum Schutz des Klimas verhältnismäßig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein, erläuterten die Richter. Zwar müssten die Grundrechte abgewogen werden. Aber: "Dabei nimmt das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu."
Klimaaktivisten demonstrierten
Mit den natürlichen Lebensgrundlagen müsse sorgsam umgegangen werden, mahnten die Richter. Und sie müssten der Nachwelt in einem Zustand hinterlassen werden, "dass nachfolgende Generationen diese nicht nur um den Preis radikaler eigener Enthaltsamkeit weiter bewahren könnten".