Warum die Metall-Tarifrunde uns alle angeht
8.1.2018, 11:20 UhrWenn es doch nur ums Geld ginge! Eine Lösung im Tarifkonflikt in der Metall- und Elektroindustrie ließe sich dann wohl zügig finden: Die IG Metall fordert sechs Prozent mehr Lohn, die Arbeitgeber bieten zwei Prozent und eine Einmalzahlung. Ein wenig Mathematik, ein wenig guter Wille - und eine Einigung stünde wohl recht schnell.
Bloß: Diesmal geht es nicht nur ums Geld. Die Gewerkschaft hat eines der heißesten Eisen überhaupt in die Tarifrunde geworfen: das Thema Arbeitszeitverkürzung und -flexibilisierung.
Arbeit, die sich dem Leben anpasst
Im Kern entwirft die IG Metall mit ihren Forderungen, die im Detail hier nachzulesen sind, das Bild einer Zukunft, in der sich Arbeit dem Leben anpasst - und nicht umgekehrt. Wer seine Kinder aufwachsen sehen will, wer Angehörige pflegt, der soll dafür die nötige Zeit und Flexibilität bekommen - ohne Nachteile für die Karriere fürchten zu müssen. Dem entgegen stehen die Wünsche der Arbeitgeber. Auch sie fordern Flexibilität ein, meinen damit aber etwas anderes: Wenn sich Aufträge stapeln, dann sollen die Mitarbeiter auch mal mehr und länger arbeiten.
Die Arbeitszeit nach eigenem Willen verkürzen und wieder erhöhen: Als Gewerkschaft solche Wünsche aufzustellen, wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Und die Erfüllung solcher Wünsche ist, das sei der Ehrlichkeit halber hinzugefügt, in einigen Branchen - vor allem im Dienstleistungssektor - noch heute undenkbar.
Demographische Veränderungen sind es, die der IG Metall nun so viel Verhandlungsmacht geben: Die Arbeitgeber sehen einen wachsenden Fachkräftemangel, also müssen sie den weniger werdenden jungen Hochqualifzierten mehr bieten als ein gutes Einkommen. Zumal diese Hochqualifizierten einer Generation angehören, die im Leben nicht mehr alles der Arbeit unterordnen will.
Enormes Selbstbewusstsein
Bei allen Differenzen, die derzeit wieder zu Tage treten, eint Metall-Gewerkschaft und Arbeitgeber eines: ein enormes Selbstbewusstsein angesichts der Bedeutung der eigenen Branche. In der Vergangenheit nahmen sie stets für sich in Anspruch, mit ihren Tarifeinigungen Signale zu setzen, die weit über den eigenen Wirtschaftsbereich hinaus strahlen. Es deutet deshalb vieles darauf hin, dass IG Metall und Arbeitgeberverband es sich nicht nehmen lassen werden, auch in der Frage des flexiblen Arbeitens Maßstäbe setzen zu wollen.
In anderen Teilen der deutschen Wirtschaft und in der Arbeitnehmerschaft sollte jedenfalls genau verfolgt werden, ob ein Durchbruch gelingt - und vor allem: wie dieser aussieht. Denn er wird eine Wegmarke sein auf dem Weg zur Arbeit der Zukunft.
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