Beerdigung im Iran

Warum musste Mohammad sterben? Familie hinterfragt Handeln der Polizei nach tödlichem Schuss in Lauf

Azeglio Elia Hupfer

nordbayern-Redaktion

E-Mail zur Autorenseite

17.7.2024, 05:00 Uhr
Freunde und Bekannte trauerten am Busbahnhof in Lauf an der Pegnitz um Mohammad. Blumen wurden niedergelegt und Kerzen angezündet.

© privat / Nina Eichenmüller Freunde und Bekannte trauerten am Busbahnhof in Lauf an der Pegnitz um Mohammad. Blumen wurden niedergelegt und Kerzen angezündet.

"Cops kill! Say his name", steht in pink gesprüht an der Bushaltestelle am Bahnhof Lauf links der Pegnitz. Sein Name war Mohammad. Er wurde am Nachmittag des 30. Juni durch den Schuss einer Bundespolizistin getötet. Zuvor soll es nach Angaben der Polizei zu einem Messerangriff durch Mohammad auf die Streife gekommen sein. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei Schwabach in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth dauern auch Stand Dienstag, 16. Juli, weiter an.

Während die Behörden mit Verweis auf laufende Ermittlungen weiter kaum Informationen zu dem Vorfall herausgeben, ist nach Recherchen des Verlags Nürnberger Presse - federführend der "Nürnberger Nachrichten" und der "Pegnitz Zeitung" - mehr über den getöteten 34-Jährigen bekannt. Demnach flüchtete Mohammad 2015 aus dem Iran nach Deutschland und lebte die letzten neun Jahre in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Röthenbach im Nürnberger Land.

Große Pläne, kein Asyl

"Er ist mit viel Hoffnung und Zielen hier angekommen", sagt Mohammads Schwager gegenüber den "Nürnberger Nachrichten". Mohammad wollte Arzt werden, absolvierte in Erlangen einen Sprachkurs für Fortgeschrittene und sprach letztlich fließend Deutsch. Mohammads Asylantrag wurde aber abgelehnt. Eine Klage dagegen blieb vor drei Jahren erfolglos. Zuletzt war er in Deutschland lediglich geduldet.

Seine Deutschkenntnisse nutzte Mohammad, um anderen Mitbewohnenden der Unterkunft bei Übersetzungen zu helfen, manche nannten ihn "Professor", erzählen Freunde und Sozialarbeiter. Mohammad war in der Unterkunft sehr beliebt, er habe immer ein Lächeln auf den Lippen gehabt, erinnern sich Bewohnende. "Er hatte nie ein Messer dabei, war immer sehr hilfsbereit und war ein ruhiger Typ", sagt ein Bekannter.

Die Frage nach dem Warum

Familie, Freundinnen und Freunde sind noch immer fassungslos und fragen sich, warum Mohammad sterben musste. In Nordrhein-Westfalen leben Schwester und Schwager von Mohammad. Die Familie fragt sich: "Wieso können drei ausgebildete Polizisten die Situation nicht anders kontrollieren? Wieso haben sie Mohammad direkt erschossen?"

Mohammads Schwager vermutet einen möglichen Zusammenhang mit der Messerattacke auf dem Marktplatz in Mannheim Ende Mai: "Die Polizisten hatten vielleicht Angst und haben geschossen." Am 31. Mai hatte ein 25-Jähriger fünf Teilnehmer einer Kundgebung der islamkritischen Bewegung Pax Europa und einen 29-jährigen Polizisten mit einem Messer verletzt. Der Polizist starb zwei Tage später an seinen Verletzungen. Im Fall Mohammad gibt es nach derzeitigem Ermittlungsstand keine Hinweise auf einen extremistischen Hintergrund.

Die iranische Botschaft in Deutschland beschäftigt sich ebenfalls mit dem Tod von Mohammad, auch hier fragt man sich, wie es zum Tod des 34-Jährigen kommen konnte. Der Bayerische Flüchtlingsrat erwartet ebenso eine lückenlose Aufklärung. "Wir fordern daher eine umfassende und kritische Untersuchung des Vorfalls in Lauf an der Pegnitz, um zukünftige Tragödien zu verhindern", sagt Johanna Böhm, Mitarbeiterin des Bayerischen Flüchtlingsrats.

Im Iran beerdigt

Mohammads Leichnam befindet sich mittlerweile im Iran. Dort wurde er vergangene Woche beerdigt. "Hier in Deutschland hatte er nur seine Schwester und mich, seine Familie im Iran wollte die Möglichkeit haben, an seinem Grab zu trauern", sagt der Schwager.