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Fiskalpolitik: Wie steuert der Staat unsere Wirtschaft?

Elias Thiel

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23.8.2024, 07:03 Uhr
Bei der Fiskalpolitik geht es um Geld. Aber was steckt noch dahinter? (Symbolbild)

© IMAGO/Panthermedia Bei der Fiskalpolitik geht es um Geld. Aber was steckt noch dahinter? (Symbolbild)

In diesem Artikel:

Während kleine Konjunkturschwankungen in jeder Volkswirtschaft normal sind, gibt es auch stärkere Abweichungen – in diesen Fällen ist der Staat immer wieder dazu gezwungen, die wirtschaftliche Stabilität eines Landes zu sichern und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. In diesem Sinne wird auch von der Fiskalpolitik gesprochen. Die Fiskalpolitik zielt nämlich darauf ab, die gesamtwirtschaftliche Stabilität zu erhalten und das Wachstum zu fördern.

In diesem Artikel wird nicht nur die Bedeutung der Fiskalpolitik erläutert, sondern es werden auch verschiedene fiskalpolitische Maßnahmen vorgestellt. Für alle, die vorher noch nie etwas von dem Thema gehört haben, gibt es hier also die Fiskalpolitik einfach erklärt.

Nach der Bundeszentrale für politische Bildung beschreibt die Fiskalpolitik sämtliche Maßnahmen des Staates, die die konjunkturelle Entwicklung durch die Steuerung öffentlicher Einnahmen und Ausgaben lenken.

Damit ist die Fiskalpolitik grundsätzlich ein Steuerungsinstrument des Staates, um potenziellen Konjunkturschwankungen entgegenzuwirken und die wirtschaftliche Stabilität des Landes zu gewährleisten. Das Ziel ist es also, starke Konjunkturschwankungen zu vermeiden. Dazu gehören auf der einen Seite starke Einbrüche der Wirtschaftsleistung und zum anderen übermäßig hohe Wachstumsraten.

Die Fiskalpolitik orientiert sich an folgenden stabilitätspolitischen Zielen:

  • Vollbeschäftigung
  • Außenwirtschaftliche Stabilität
  • Preisniveaustabilität
  • Angemessenes Wirtschaftswachstum

Inspiriert von den Ideen des Ökonomen John Maynard Keynes zielt die Fiskalpolitik vor allem darauf ab, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu beeinflussen, um die Beschäftigung in der Wirtschaft zu fördern. Um konjunkturelle Schwankungen zu mildern, kann der Staat eine antizyklische Finanzpolitik verfolgen. Dies bedeutet, dass er entgegengesetzt zum Konjunkturverlauf handelt.

In wirtschaftlichen Abschwüngen sollte der Staat dann seine Ausgaben erhöhen (zum Beispiel Erhöhung der Ausgaben für öffentliche Projekte, Gewährung von Subventionen oder Senkung der Steuern). Dies geschieht alles, um die Nachfrage anzukurbeln. In solchen Phasen kann der Staat auch durchaus mehr ausgeben als er einnimmt. Das nennt sich dann Defizitfinanzierung. So soll die Investitionsbereitschaft der Unternehmen gesteigert und der private Konsum angekurbelt werden.

In Zeiten eines wirtschaftlichen Aufschwungs soll der Staat seine Ausgaben reduzieren und Einnahmen erhöhen, beispielsweise durch Steuererhöhungen und die Bildung von Reserven, um damit das Wirtschaftswachstum zu stabilisieren.

In den 1960er-Jahren und bis Mitte der 1970er-Jahre wurde in der Bundesrepublik Deutschland eine antizyklische Fiskalpolitik mit einigermaßen positiven Ergebnissen verfolgt. Jedoch erwies sich diese Strategie spätestens mit dem Auftreten der "Stagflation" (einem Rückgang des Wirtschaftswachstums bei gleichzeitig steigender Inflation) Mitte der 1970er-Jahre als unzureichend. Die traditionellen Methoden der Wirtschaftslenkung versagten. Dies führte langfristig zu konjunkturellen Schwankungen und einem starken Anstieg der öffentlichen Verschuldung.

Neben dem Wort Fiskalpolitik gibt es auch noch den Begriff Fiskalismus. Beide klingen ähnlich, Fiskalismus hat aber oft einen negativen Beiklang.

Alle Begriffe mit "Fiskal" am Anfang bedeuten, dass es um den Staat als Verwalter des Staatsvermögens geht. Endungen mit "ismus" stehen für eine Geisteshaltung.

Fiskalismus beschreibt laut Duden das Bestreben der staatlichen Finanzwirtschaft, die staatliche Verfügungsgewalt über das Volksvermögen übermäßig auszudehnen.

Der Fiskalismus bezeichnet somit eine wirtschaftspolitische Ausrichtung mit einer starken Kontrolle der öffentlichen Finanzen. Der Fiskalismus versucht dementsprechend, die Staatsverschuldung zu begrenzen oder auch Rücklagen aufzubauen und öffentliche Gelder möglichst effizient zu verwenden.

Die antizyklische Fiskalpolitik zielt darauf ab, konjunkturelle Schwankungen auszugleichen, indem sie die Wirtschaft während eines Abschwungs unterstützt und während einer starken Konjunktur bremst. Im Gegensatz dazu weisen Maßnahmen der prozyklischen Fiskalpolitik in die gleiche Richtung wie der Konjunkturverlauf. Letztere wird auch als klassische Budgetpolitik bezeichnet. Wenn viel Geld hereinkommt, wird auch viel ausgegeben. In Zeiten des Abschwungs werden die Ausgaben heruntergefahren.

Die Ziele der Fiskalpolitik können vielfältig sein. Doch die Maßnahmen zielen grundsätzlich darauf ab, die gesamtwirtschaftliche Stabilität und das Wirtschaftswachstum zu fördern. Demnach ist die Fiskalpolitik ein Teil der Finanz- und Konjunkturpolitik.

Zentrale Ziele der Fiskalpolitik sind:

  • Stabilisierung von Konjunkturschwankungen: Ein bedeutsames Ziel der Fiskalpolitik ist die Stabilisierung von Konjunkturschwankungen. Gewünscht sind eine geringe oder gleichbleibende Inflation sowie ein möglichst hoher Beschäftigungsgrad. Um diese Ziele zu erreichen, passt der Staat seine Ausgaben und Einnahmen antizyklisch an, indem sie entgegengesetzt zur Konjunktur ausgerichtet werden. Dies bedeutet, dass die Nachfrage gesteuert wird, um Überhitzungen oder Rezessionen zu vermeiden.
  • Vollbeschäftigung: Die Fiskalpolitik strebt in der Regel danach, die Beschäftigung in der Wirtschaft zu maximieren und Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Dies geschieht, indem sie die wirtschaftliche Aktivität stimuliert und Investitionen fördert.
  • Preisstabilität: Die Fiskalpolitik kann aber auch dazu beitragen, die Inflation zu kontrollieren. Dadurch wird die Gesamtnachfrage im Wirtschaftssystem gesteuert. Die Wirkungskanäle, über welche die Preisstabilität beeinflusst wird, können direkt oder indirekt verlaufen.
  • Verteilungsgerechtigkeit: Ein weiteres Ziel besteht darin, eine gerechtere Verteilung des Einkommens und des Wohlstands in der Gesellschaft zu erreichen. Zum Beispiel werden soziale Programme finanziert oder Steuern und Ausgaben gezielt anpasst.
  • Langfristige Wachstumsförderung: Langfristig strebt die Fiskalpolitik auch die Förderung des Wirtschaftswachstums an, indem sie Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Forschung unterstützt. Mit gezielten Maßnahmen kann die Fiskalpolitik das langfristige Wachstum fördern und somit den Lebensstandard der Bevölkerung nachhaltig verbessern.

Bei der Fiskalpolitik gibt es zwei zentrale Komplexe an Maßnahmen. Grundsätzlich wird zwischen derexpansiven und restriktiven Fiskalpolitik differenziert. Die Fiskalpolitik kann somit entweder auf expansive (nachfragesteigernde) oder restriktive (nachfragesenkende) Instrumente zurückgreifen.

Um die Nachfrage zu steigern, kann der Staat beispielsweise Steuersenkungen einführen, verstärkt selbst als Nachfrager am Markt auftreten und Sozial- sowie Beschäftigungsprogramme umsetzen. Im Gegensatz dazu bedeuten restriktive fiskalpolitische Maßnahmen oftmals das Gegenteil. Dies umfassen Steuererhöhungen, Kürzungen von Sozialleistungen und die Reduzierung öffentlicher Aufträge.

Im Folgenden werden die Begriffe expansive und restriktive Fiskalpolitik weiter erläutert und einige Maßnahmen vorgestellt.

Expansive Fiskalpolitik

Bei der expansiven Fiskalpolitik werden die Staatsausgaben erhöht, um starken negativen Konjunkturschwankungen entgegenzuwirken. Oftmals ist bei einer Rezession die Nachfrage der Gesamtwirtschaft geringer als das Angebot. Der Staat versucht durch die expansive Fiskalpolitik, die Ausgaben und die Kaufkraft der Bevölkerung zu erhöhen. Ziel ist es dabei, die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen, sodass wiederum mehr Geld für Ausgaben zur Verfügung steht.

Infolgedessen beschreibt die expansive Fiskalpolitik das staatliche Eingreifen in die Wirtschaft, um eine Rezession oder eine signifikante Abschwächung der Konjunktur zu vermeiden. Zu den finanzpolitischen Maßnahmen gehören Steuersenkungen sowie die Steigerung von Staatsausgaben. Beispielsweise werden durch Steuersenkungen auch die Verbraucher finanziell entlastet, sodass sie mehr konsumieren können. Neben den Verbrauchern profitieren auch Unternehmen von einem Rückgang der Steuern.

Der Staat kann auf unterschiedliche expansive Instrumente zurückgreifen. Dabei werden entweder die eigenen Ausgaben oder die Einnahmen der Bürger erhöht.

Instrumente der expansiven Fiskalpolitik sind beispielsweise:

1) Investitionen in die Infrastruktur

Die Investitionen in die Infrastruktur steigern die staatlichen Ausgaben und umfassen Maßnahmen wie zum Beispiel den Bau von Straßen und Brücken oder Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

2) Erhöhung der Sozialleistungen

Die Erhöhung der Sozialleistungen beinhalten zum Beispiel höheres Arbeitslosengeld oder höheres Kindergeld.

3) Kreditaufnahme oder Schulden

Wenn man die Wirtschaft ankurbeln will, steigen folglich auch die Ausgaben. Der Staat nimmt in solchen Zeiten sowieso weniger ein und verwendet Fremdkapital, um expansiv die Wirtschaft zu stützen.

4) Steuersenkung

Die Senkung der Steuern bezieht sich beispielsweise auf Maßnahmen wie zum Beispiel Mehrwertsteuer, Unternehmenssteuer oder Lohnsteuer. Damit steigen die Einnahmen von Unternehmen und Bevölkerung. Die Einnahmen des Staates sinken. Doch Privathaushalte haben mehr Geld für Konsum.

Restriktive Fiskalpolitik

Auf der anderen Seite werden bei der restriktiven Fiskalpolitik die vorherigen Ausgaben durch höhere Einnahmen refinanziert. So werden die zuvor aufgenommenenSchulden abgebaut.

Die restriktive Fiskalpolitik unterscheidet sich insofern von der expansiven Fiskalpolitik, als dass sie das Wachstum mildern und damit Boom-Phasen ausnutzen möchte. Dadurch soll nicht die Wirtschaft geschwächt werden, sondern vielmehr sollen die Staatsschulden reduziert werden. Da eine expansive Fiskalpolitik zu einem Anstieg der Staatsschulden führt, müssen diese im Laufe der Zeit beglichen werden. Dies geschieht typischerweise in Phasen des wirtschaftlichen Aufschwungs, da Unternehmen und die Bevölkerung in wirtschaftlichen Krisenzeiten bereits leiden. Nun kann die restriktive Fiskalpolitik dem Staat ein Mehr an Einnahmen verschaffen.

Das Ziel der restriktiven Fiskalpolitik ist also die Senkung der Staatsausgaben und/oder Erhöhung der Einnahmen. Damit stellt sie das Gegenteil der expansiven Fiskalpolitik dar.

Dem Staat stehen erneut verschiedene Instrumente zur Verfügung.

1) Verminderung der Sozialleistungen

Durch eine Reduzierung der Sozialleistungen sinken die Ausgaben des Staates. Beispiele dafür sind die Kürzung des Kindergeldes oder des Arbeitslosengeldes. Folglich steht dem Staat mehr Kapital zur Verfügung.

2) Reduzierung der öffentlichen Investitionen

Bei der Reduzierung der öffentlichen Investitionen in Infrastrukturprojekte werden Ausgaben des Staates gesenkt und Kosten gespart. Dies bremst die Wirtschaft.

3) Erhöhung der Mehrwertsteuer

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer führt immer auch zu einer Erhöhung der Einnahmen des Staates.

4) Erhöhung der Unternehmenssteuer und/oder der Lohnsteuer

Neben der Mehrwertsteuer sind natürlich auch die Erhöhung der Unternehmenssteuer und/oder der Lohnsteuer einnahmenerhöhend für den Staat. Wenn der Staat Steuern erhöht, erweitert dieser zunächst die Einnahmen des Fiskus und damit den finanziellen Handlungsspielraum.

Auch wenn die Maßnahmen oder Instrumente der Fiskalpolitik in vielen Fällen hilfreich sind, stoßen sie in der Praxis immer wieder an ihre Grenzen. Denn die Einflussfaktoren auf die Konjunktur sind vielfältig.

Für eine erfolgreiche Umsetzung der Fiskalpolitik müssen zwingend folgende Faktoren berücksichtigt werden:

1) Ein Großteil der Staatsausgaben ist für einen langen Zeitraum festgelegt und kann daher nicht einfach immer wieder verändert werden. Häufig ist die Zustimmung des Parlaments zu Änderungen am Staatshaushalt notwendig. Hier spielen politische Argumente eine entscheidende Rolle. Diese können mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten in Konflikt geraten.

2) Auch das Steuersystem ist nur bedingt veränderbar, sodass Kürzungen der Staatsausgaben oder Erhöhungen der Steuer schnell für Unmut bei Interessenverbänden sorgen. Insoweit gibt es hier auch rechtliche Grenzen, wenn beispielsweise ein Mindestmaß an Sozialhilfen gewährleistet werden muss. Auch das Steuerrecht muss verfassungsrechtlich garantierte Prinzipien berücksichtigen.

3) Die Wirkung von fiskalpolitischen Maßnahmen setzt oftmals erst mit Verzögerung ein. Der Erfolg der Maßnahmen zur Beeinflussung von Investitionen und Konsum hängt ferner von den Reaktionen der Betroffenen ab.