Kiffen

Kann sich durch Cannabis die Persönlichkeit verändern?

13.5.2024, 05:00 Uhr
Ein Mann raucht einen Joint (Symbolbild).

© IMAGO/Bihlmayerfotografie Ein Mann raucht einen Joint (Symbolbild).

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Oftmals hört man: "Kiffen verändert die Persönlichkeit". Aber stimmt das wirklich?

Der Cannabiskonsum hat tatsächlich nicht nur kurzfristige Auswirkungen auf die Wahrnehmung und das Bewusstsein, sondern kann auch langfristige Veränderungen der Persönlichkeit hervorrufen. Aber welche Langzeitfolgen kann Cannabiskonsum haben? Kann Cannabis abhängig machen? Und wie kann man das Risiko beim Kiffen minimieren, nachdem Gras in Deutschland mittlerweile legal ist?

Das Bundesgesundheitsministerium hat in einer Broschüre die Wirkung von Cannabis und Cannabinoiden im Gehirn verständlich für Jugendliche und Erwachsene erklärt.

Im menschlichen Gehirn gibt es Botenstoffe, die eine ähnliche Wirkung wie Cannabis haben. Man nennt sie Endocannabinoide. Sie docken an Bindungsstellen an, die sogenannten Cannabisrezeptoren, und halten das Nervensystem im Gleichgewicht. Wenn andere Botenstoffe stark aktiv sind, also quasi Hochbetrieb im Nervensystem herrscht, können die Endocannabinoide das System ausbremsen.

Der am genauesten erforschte Inhaltsstoff von Cannabis heißt Tetrahydrocannabinol (THC). Er kann störende Effekte auf das Nervensystem haben.

Durch das THC werden die Cannabisrezeptoren ohne Grund aktiviert, da das Nervensystem vorher gar nicht aus dem Gleichgewicht geraten ist. Infolgedessen kann es zu Verwirrung im Nervensystem kommen, die sich auf das Gedächtnis sowie auf Faktoren wie den Blutdruck auswirken kann. Wenn über eine längere Zeit Cannabis konsumiert wird, passen sich die Cannabisrezeptoren an das Vorhandensein von THC an, sodass es zu länger andauernden Störungen im Nervensystem kommen kann.

Laut "mdr" deuten mehreren Studien darauf hin, dass regelmäßiger Cannabis-Konsum langfristig das Langzeitgedächtnis beeinträchtigen kann. Eine Studie aus dem Jahr 2020 hat zudem Cannabis mit der Entstehung von falschen Erinnerungen in Verbindung gebracht. Durch drei Experimente wurde festgestellt, dass Marihuana die Anfälligkeit für "Fake-Erinnerungen" erhöht - also Erinnerungen an Ereignisse, die nie stattgefunden haben.

Das Gehirn von Jugendlichen ist beim Cannabis-Konsum besonders gefährdet, berichtet das Bundesgesundheitsministerium. Bis zum Erwachsenenalter entwickelt sich dieses noch, sodass es im Teenageralternoch längst nicht vollständig ausgereift ist. Insbesondere im jugendlichen Gehirn wird viel umgebaut. Dazu kommen hormonelle Veränderungen, die sich ebenfalls auf die Gehirnentwicklung auswirken. Die Cannabisrezeptoren sind im jugendlichen Gehirn nicht nur größer, sondern auch leichter beweglich. Somit haben äußere Einflüsse wie THC auf das Nervensystem deutlich stärkere Effekte, was das Risiko für längerfristige Störungen weiter erhöht.

Eine internationale Forschergruppe belegte 2021 in einer Langzeitstudie mit 800 Teilnehmern, dass sich das Gehirn von jugendlichen Cannabis-Konsumenten deutlich verändert. Den Ergebnissen zufolge waren Cannabis-konsumierende Jugendliche unkonzentrierter und impulsiver. Die MRT-Aufnahmen der Cannabis-Konsumenten zeigten eine deutlich dünnere Hirnrinde im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Besonders betroffen war ein wichtiger Bereich des präfrontalen Kortex, der viele Rezeptoren für Cannabis-Komponenten enthält. Diese Region ist für die Impulskontrolle, Problemlösung und Planung von Handlungen entscheidend.

Die Auswirkungen waren eindeutig von der konsumierten Menge abhängig: Je mehr Cannabis die jungen Teilnehmer konsumierten, desto stärker waren die Folgen. Jedoch zeigen andere Studien, dass bereits gelegentlicher Cannabiskonsum bei Jugendlichen mit Anfälligkeit für Psychosen psychische Krisen auslösen kann.

Einer australischen Studie aus dem Jahr 2008 nach zufolge schrumpfen Hippocampus und Amygdala durch einen regelmäßigen und häufigen Missbrauch von Cannabis. Der Hippocampus ist für die Überführung von Informationen aus dem Kurz- in das Langzeitgedächtnis wichtig. Die Amygdala bezeichnet das Zentrum im Gehirn zur Gefühlsregulation von Angst und Aggression.

Cannabis und Persönlichkeitsveränderungen werden häufig in einem Atemzug genannt. Aber stimmt das? Kann sich die Persönlichkeit durch den Konsum durch Cannabis wirklich verändern?

Laut einem Artikel von "Focus" gibt es verschiedene Studien, die darauf hinweisen, dass Cannabisabhängigkeit in Zusammenhang mit Depressionen und Angststörungen steht. Zudem können erhöhte Impulsivität, Apathie und in schweren Fällen sogar Schizophrenie durch den Konsum des Rauschmittels auftreten. Angststörungen können sich auch als soziale Phobie manifestieren, sodass Betroffene soziale Situationen meiden und sich isolieren.

Einige Konsumenten zeigen auch eine erhöhte Bereitschaft zu riskantem Verhalten und unüberlegten Handlungen, was auf eine Beeinträchtigung der Impulskontrolle hinweist.

Psychose durch Cannabiskonsum

Neben der persönlichkeitsverändernden Wirkung von Cannabis wird auch der Zusammenhang von Cannabis und Psychosen immer wieder diskutiert. Aber führt Kiffen zur Psychose? Gibt es wirklich eine "Cannabispsychose"?

Die sogenannte "Cannabis-Psychose" bezeichnet eine spezifische Form der Psychose, die durch Drogenkonsum ausgelöst werden soll. Bislang ist unklar, ob der Konsum von Cannabis allein zu einer Psychose führen kann oder ob dabei auch andere Faktoren (zum Beispiel genetische Veranlagung oder soziale Umstände) vorhanden sein müssen.

Klar ist: Bei intensivem Konsum ist das Risiko, eine Psychose entwickeln, deutlich erhöht. In Hinblick auf Gelegenheitskiffer ist die Studienlage allerdings nicht eindeutig, berichtet das Wissenschaftsmagazin "Quarks".

Wie äußert sich eine Psychose?

Bei einer Psychose leidet man unter psychischen Störungen, sodass man die Realität nicht richtig wahrnehmen kann. Es kommt zu in der Regel zu Halluzinationen oder Wahnvorstellungen. Mögliche Symptome sind aber auch Denkstörungen (Gedanken springen von Thema zu Thema), Antriebslosigkeit und die Unfähigkeit, Freude zu empfinden.

Schizophrenie durch Cannabiskonsum

Laut der "Zeit" haben verschiedene Studien an jungen Menschen mit Schizophrenie belegt, dass eine hohe tägliche Menge an konsumierten Cannabis und ein längerer Missbrauch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, im Laufe des Lebens eine Schizophrenie zu entwickeln. Bei jungen Menschen mit einer starken Veranlagung zur Schizophrenie kann diese durch den Missbrauch der Droge deutlich früher ausgelöst werden.

Neben den potenziellen kurzfristigen Folgen (zum Beispiel Angst- und Panikgefühle, verminderte Reaktionsfähigkeit, Orientierungslosigkeit, Erinnerungslücken, verstärkte Empfindlichkeit, depressive Verstimmung, Übelkeit, Schwindel oder Herzrasen) gibt es auch noch zahlreiche Langzeitfolgen.

Psychische Folgen

Wenn Menschen regelmäßig und intensiv Cannabis konsumieren, steigt das Risiko für die Entwicklung von Depressionen, bipolaren Störungen und Angststörungen, berichtet die Techniker-Krankenkasse. Außerdem erhöht Cannabis die Anfälligkeit für Psychosen.

Die Wahrscheinlichkeit steigt laut AOK um 40 bis 100 Prozent im Vergleich zu Menschen, die gar kein Cannabis konsumieren. Wer bereits psychisch vorbelastet ist, bei dem können diese Erkrankungen deutlich früher ausgelöst werden.

Der Konsum von Cannabis im Jugendalter kann größere Folgen haben als im Erwachsenenalter, da sich das Gehirn noch entwickelt. Es können verschiedene kognitive Funktionen beeinträchtigt werden (zum Beispiel Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Lernleistung und Problemlösungsfähigkeiten).

Körperliche Folgen

Neben den psychischen Folgen hat der regelmäßige Konsum aber auch körperliche Auswirkungen und organische Folgen. Cannabis kann zum einen den Atemwegen schaden, wenn man es raucht oder inhaliert. Unter anderem ist das Risiko einer chronischen Bronchitis erhöht, ähnlich wie beim Rauchen von Tabak. Zudem steigt das Risiko für chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) mit Atemnot.

Zudem kann es zu Frühgeburten und Entwicklungsstörungen bei Kindern durch Cannabiskonsum in der Schwangerschaft kommen.

Cannabis kann Menschen abhängig machen, jedoch werden nicht alle Menschen, die es ausprobieren oder gelegentlich konsumieren, auch zwangsläufig abhängig, berichtet die Barmer-Krankenkasse. Die Entwicklung einer Abhängigkeit von Cannabis hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab.

Das Suchtpotenzial von Cannabis ist im Vergleich zu anderen Drogen eher niedrig. Die Angaben variieren jedoch je nach Studie und liegen zwischen 2 und 9 Prozent der regelmäßigen Konsumenten. Wenn der Cannabiskonsum bereits im Jugendalter beginnt, steigt das Risiko auf etwa 17 Prozent. Für täglich kiffende Personen steigt das Risiko auf 25 bis 50 Prozent.

Neben der Häufigkeit entscheiden auch andere Faktoren darüber, ob es zu einer Abhängigkeit kommt (zum Beispiel Persönlichkeit, genetische Faktoren, Gründe für den Konsum sowie Funktion oder Bedeutung des Konsums).

Achtung: Problematisch wird es, wenn der Substanzkonsum kein Genuss ist, sondern andere Funktionen übernimmt (zum Beispiel Einschlafen, Bewältigung von Ängsten oder Problemlösung im Alltag).

Grundsätzlich gilt: Bei Drogen gibt es keinen absolut sicheren Weg, diese zu konsumieren. Der Missbrauch von Drogen kann immer mit gravierenden, lebenslangen Folgen für die psychische und körperliche Gesundheit einhergehen.

Dennoch gibt es einige Tipps, um den Cannabiskonsum etwas sicherer zu gestalten.

Wer gesundheitliche Risiken reduzieren möchte, sollte mit dem Konsum von Cannabis nicht im Jugendalter beginnen, sondern (wenn überhaupt) erst im Erwachsenenalter. Etwa mit 25 Jahren ist das Gehirn voll ausgereift und der Konsum geht mit geringeren Risiken für die Gesundheit einher. Beim Konsum sollte man Cannabis mit niedrigem THC-Gehalt wählen, um das Risiko einer Abhängigkeit oder Entwicklung von Psychosen zu verringern.

Vor allem das Rauchen in Kombination mit Tabak geht mit gesundheitlichen Risiken für die Atemwege einher. Alternativ kann man weniger schädliche Konsummethoden wie Verdampfen oder Vaporisieren ausprobieren oder Cannabis in Backwaren verarbeiten.

Vorsicht: TCH in Lebensmitteln wirkt deutlich langsamer, sodass man hier vorsichtig sein muss, um nicht zu viel einzunehmen

Um negative Auswirkungen auf die psychische und körperliche Gesundheit zu reduzieren, sollte der Cannabiskonsum nicht regelmäßig erfolgen. Menschen mit spezifischen Gesundheitsproblemen (zum Beispiel psychische Erkrankungen oder Herz-Kreislauf-Problemen) sind besonders gefährdet und sollten daher besonders vorsichtig sein und lieber ganz auf den Konsum verzichten.