Freiheit und Überkonsum

All-You-Can-Fly auch von Nürnberg aus: Klimaschützer kritisieren „dreistes“ Angebot

Minh Anh Nguyen

Online-Redaktion

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22.8.2024, 18:16 Uhr
Ein WizzAir Flugzeug kurz vor Abflug.

© IMAGO/Jakub Porzycki/IMAGO/NurPhoto Ein WizzAir Flugzeug kurz vor Abflug.

Wenige Tage nach Ankündigung ist die Flugflatrate der Fluggesellschaft WizzAir nach eigenen Angaben ausverkauft. Zuvor hatte die Airline erklärt, dass sie zunächst 10.000 Mitgliedschaften bereitstellt. Nachdem diese alle vergeben wurden, können Kundinnen und Kunden der Gesellschaft nun so oft fliegen, wann und wo hin sie wollen. Ein von WizzAir bedienter Start- und Ankunftsflughafen: Nürnberg. Doch was bedeutet das Mehrfliegerprogramm für die Umwelt?

2023 verkehrten 3,93 Millionen Fluggäste über den Airport Nürnberg. Über 1,8 Millionen dieser Fluggäste nutzten für ihre Reise eine Billigfluggesellschaft. Ungewöhnlich ist dies nicht, da zahlreiche sogenannte Low-Cost-Verkehre in Nürnberg abgewickelt werden. Airlines wie Ryanair, Vueling oder auch WizzAir steuern rund ums Jahr die Metropolregion an. Der Anteil dieses Low-Cost-Verkehrs war in den vergangenen Jahren extrem gestiegen. Während 2015 etwa zehn Prozent des Verkehrs aus diesem Sektor stammt, stieg der Anteil 2024 in weniger als 10 Jahre auf rund 40 Prozent, erklärt der Flughafen auf Anfrage.

Obszön und dreist: WizzAirs Angebot ist ein "Schlag ins Gesicht".

Wie der Flughafen zuvor in einer Pressemitteilung erklärt, war das Passagieraufkommen im Linienverkehr 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 28,3 Prozent höher. Grund dafür sei vor allem der wachsende Low-Cost-Verkehr und ein stabiles, ganzjähriges Angebot. Ein solches Niveau oder gar ein steigender ist nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe aber "völlig inkompatibel mit der Einhaltung der Klimaziele und der planetaren Grenzen", erklärt Johanna Büchler, Expertin für Luftreinhaltung und Verkehr, im Gespräch mit der Redaktion.

Büchler verweist weiter auf einen Bericht der ICCT, nach dem die Flugindustrie selbst gesteckte Klimaziele nicht einhalten wird. Fliegen sei mit großem Abstand das klimaschädlichste Verkehrsmittel, so die Expertin. Aus diesem Grund hat sie für Abonnements wie das der Billigfluggesellschaft WizzAir nur wenig Worte übrig: "Ein All-You-Can-Fly-Angebot ist ein obszöner und dreister Marketing-Move und ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen und Lebewesen, die schon heute massiv unter der Klimakrise leiden."

Nicht mal Mehrflieger könnten von einem solchen Programm profitieren, da die aktuellen Rahmenbedingungen keine gezielte Flugplanung erlauben, erklärt Büchler. Das Abo sei folglich ein reiner Anreiz, Privatreisende zu Vielfliegern zu machen. "Damit tritt das klimaschädlichste Fortbewegungsmittel in Konkurrenz mit allen anderen, weniger belastenden Reiseformen, die vermeintlich teurer sind, selbst wenn es sich nur um ein Bahnticket für einen Kurzurlaub in Deutschland handelt".

Billigflugtickets reflektieren in keiner Weise die Klima- und Umweltschäden, resümiert die Expertin. Dafür fördern sie den Flugverkehr. "Es gibt ein Menschenrecht auf Leben und eine gesunde Umwelt, aber kein Menschenrecht auf Flüge oder gar Billigflüge."

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