Gadgets mit Fail-Potenzial

Gebaut, um kaputtzugehen oder Anwenderfehler? Diese Produkte versagen häufig in der Garantiezeit

Georgios Tsakiridis

Online-Redakteur

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28.03.2025, 17:23 Uhr
Eine Platine in der Nahaufnahme. (Symbolbild)

© Claudia Weinig/NN Eine Platine in der Nahaufnahme. (Symbolbild)

Wer kennt es nicht? Egal ob Handy, Fernseher oder Waschmaschine - kaum ist die Garantie abgelaufen, gehen beliebte Technik-Gadgets kaputt. Wie kommt das? Fakt ist: Der frühe Tod der Geräte ist von Herstellern oft gewollt. „Geplante Obsoleszenz“ nennt man das fragwürdige Vorgehen, wenn (minderwertige) Verschleißteile schnell kaputtgehen und sich schlecht bis gar nicht reparieren oder austauschen lassen. Lange war diese Praktik namhaften Unternehmen kaum nachzuweisen, doch auch wegen Menschen wie dem Berliner Blogger und BWLer Stefan Schridde, der einst das Webportal „Murks? Nein danke“ gegründet hat, kommen Verbraucher der Masche auf die Schliche. Die häufigsten Auffälligkeiten: Bei der Konstruktion werden Teile oft dort platziert, wo klar ist, dass sie schnell kaputtgehen - zum Beispiel wärmeempfindliche Bauteile an Stellen, die bei Gebrauch heiß werden. Es werden absichtlich minderwertige Bauteile verbaut, die schneller versagen. Zudem lassen sich Geräte häufig nicht öffnen und Einzelteile nicht einfach tauschen.

All diese Faktoren führen dazu, dass Kunden schnell das ganze Gerät wegwerfen und Ersatz anschaffen, wenn eigentlich nur ein Kleinteil kaputt ist. Allerdings sind nicht nur die Hersteller schuld an dem Dilemma: Auch bewussteres Kaufverhalten kann Abhilfe schaffen und die Industrie zwingen, wieder mehr auf Qualität zu achten. Konsumenten suchen oft nach der billigsten Lösung oder ersetzen Geräte, die gut funktionieren, mit neueren Modellen. Das Ergebnis: die Wertstoffhöfe quellen über. Laut Umweltbundesamt ist der deutsche IT-, Handy- und Unterhaltungselektronik-Schrottberg allein zwischen 2006 und 2008 von 215.000 auf 300.000 Tonnen pro Jahr gewachsen. In der Zwischenzeit dürfte er um ein Vielfaches größer geworden sein. Manchmal sind aber auch Verbraucher schuld am übermäßigen Verschleiß von Produkten. Die Online-Shops Galaxus und Digitec legen seit Anfang 2023 die Quoten für Gewährleistungs- bzw. Garantiefälle ihres Sortiments offen. Ein Blick in die Bilanz lohnt sich.

„Digitec Galaxus AG“ ist ein Onlinehändler mit Sitz in Zürich. Das Unternehmen betreibt die Online-Shops Digitec und Galaxus. Eine unternehmensinterne Auswertung der Daten von Februar 2023 bis März 2025 zeigt, dass im Schnitt knapp 1 von 200 gekauften Produkten innerhalb der zweijährigen Frist zum Garantiefall werden. Das entspricht 0,48 Prozent. Doch der Eindruck kann täuschen, denn nicht alle Produktgattungen sind gleicherweise betroffen. Die unrühmlichen Defekt-Könige sind E-Scooter. Die Auswertung zeigt: etwa sieben von 100 Rollern werden innerhalb von zwei Jahren zum Garantiefall, auch Smart Rings und Hoverboards streiken häufig. Weit oben auf der Flop-Liste befinden sich zudem Kaffeemaschinen (Vollautomaten und Siebträger), Whirlpools und 3D-Drucker. Besonders oft machen zudem Haushaltsgeräte Ärger – hier ist laut Pressemeldung jedes hundertste Gerät betroffen. Es folgen Handys und sonstige mobile Geräte wie Smart Watches oder Tablets, sowie Unterhaltungselektronik und IT-Produkte.

Probleme mit E-Scootern, Kaffeemaschinen und Co.

Das einfache Muster: Je mehr Technik in ein Produkt verbaut ist, desto fehleranfälliger ist es. Besonders betroffen sind Geräte mit vielen beweglichen Teilen, Elektronik und Flüssigkeiten. Doch nicht immer liegt es an der Qualität der Produkte selbst. Oft seien es falsche Nutzung oder mangelnde Wartung, die die Lebensdauer entscheidend verkürzen. Die hohen Garantiefallquoten von E-Scootern und Hoverboards erklären sich die Experten vor allem dadurch, dass sie auf Wegen zum Einsatz kommen, für die sie nicht entwickelt wurden: Schotterstraßen, Pflastersteine, Schlamm, Wiesen oder Sand seien für E-Scooter und Hoverboards „tödlich“. Auch wüssten nur wenige, wie man die Geräte ordentlich wartet. „Und obendrein fahren viele damit so, als wären sie bei Mario Kart mit dem Sternchen unterwegs.“ Zudem würden E-Scooter häufig auch zu zweit genutzt würden, obwohl das maximale Fahrergewicht in der Regel bei 100 bis 120 Kilogramm liege. Darunter leiden Motor, Rahmen und Federung.

Bei Kaffeemaschinen sei vor allem der Kalk der Bösewicht: „Ohne Entkalken und Rückspülen kommt bei Vollautomaten und Siebträgermaschinen über die Zeit immer weniger Kaffee raus.“ Auch hier sind also oft Anwenderfehler der Grund für die hohe Garantiefallquote. Die Hersteller drückten zwar oft ein Auge zu, doch wer eine verkalkte Maschine als Garantiefall einschickt, müsse damit rechnen, dass die Reparatur etwas kostet. Die Geräte sind zudem häufig mehrmals täglich im Einsatz. Das führt zu einem hohen Verschleiß von Pumpen, Ventilen und Mahlwerken. In günstigeren Modellen seien oft Teile mit geringerer Lebensdauer verbaut. Whirlpools haben unter anderem aufgrund der starken Belastung eine hohe Garantiefallquote: So laufen Wasser- und Luftdüsenpumpen mit viel Druck und oft über längere Zeit. Die vielen Verbindungsstellen (Schläuche, Rohre, Düsen) können durch Wasser, Hitze und Chemikalien schnell porös oder undicht werden. In elektronischen Steuerungen und Displays käme es durch ständige Feuchtigkeit zudem ab und an zu Kurzschlüssen oder Fehlfunktionen.

Fehler Nummer eins bei den Roboter-Staubsaugern ist laut Mitteilung die fehlende Reinigung der Geräte. Demnach machen Haare, die sich um Bürste oder Räder wickeln, sowie schlecht gereinigte Kontakte am Roboter oder an der Ladestation den größten Anteil der Garantiefälle aus. Ist ein Kontakt verschmutzt, lädt der Roboter nicht. Sind Bürsten oder Räder blockiert, kann zudem der Motor Schaden nehmen. Apps und Handbücher weisen zwar auf diese Schwachstellen hin, das werde von der Kundschaft aber oft ignoriert, heißt es. Für Konsumentinnen und Konsumenten bedeutet das: Ein bewusster Umgang mit Technik kann viele Probleme verhindern. Und für Hersteller und Händler bleibt die wünschenswerte Prämisse, Produkte robuster zu machen, denn letztlich ist jeder Garantiefall „nicht nur ärgerlich für die Kundschaft, sondern auch ein ökologischer und wirtschaftlicher Verlust.“

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