Ausnahmezustand wegen Corona: Verband sieht Gefahr für Schüler
11.3.2021, 16:47 UhrGinge es nach dem Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV), die Schulen blieben kommende Woche weiter geschlossen. „Der Gesundheitsschutz geht vor das Öffnen“, sagt BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann. Solange der Staat aber nicht allen Lehrkräften das Impfen und alle Schüler testen könne, „können wir nicht weiter öffnen.“ Der Staat aber mache das umgekehrt, öffne die Schulen und impfe danach. „Das muss aber doch vorher kommen!“
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Nach Ansicht Fleischmanns kann der Staat nicht zwischen Lehrkräften unterscheiden und eine Gruppe, aktuell Lehrkräfte an Grund-, Förder- und Sonderschulen, beim Impfen bevorzugen. Wenn Bayerns Ministerpräsident Markus Söder twittere, es gebe ausreichend Tests und alle würden geimpft, „dann hilft uns das nicht weiter.“ Die Wirklichkeit sei anders. „Wir lassen uns nicht blenden“, sagt die BLLV-Präsidentin. „Und wir lassen uns auch nicht von einer Show-Politik kaufen.“
Fleischmann warnt, Lehrkräfte und Personal an den Schulen seien nach einem Jahr Unterricht unter Corona-Bedingungen erschöpft. „Alle gehen weit über ihre Belastungsgrenzen hinaus.“ Das liege nicht nur an der Pandemie selbst. „Das Bildungssystem krankt nicht erst seit Corona“, sagt sie. Die Pandemie zeige die Defizite aber wie ein Brennglas auf. „Es herrscht eklatanter Lehrermangel, die digitale Ausstattung ist schlecht, die Lehrpläne sind überfrachtet der Notendruck ist hoch.“ Das alles sei aber nicht die Ausnahme, „das ist der Normalzustand.“
"Machen uns echte Sorgen"
Lehrkräfte aus verschiedenen Schulsparten und Regionen Bayerns berichten, dass sie zusehends die ihnen anvertrauten Kinder verlieren. Almut Wahl etwa leitet in München eine Mittelschule. „Es gibt einige Schüler, um die wir uns echte Sorgen machen“, sagt sie. Die könnten sich zu nichts mehr aufraffen, blieben im Bett liegen. Oft erreichten die Lehrer die Eltern nicht. „Wir fahren dann zuhause vorbei.“ Etliche ihrer Schüler beklagten, es sei zu eng in den Wohnungen, zu laut. Sie könnten sich zum Lernen und Arbeiten nicht zurückziehen.
Gleichzeitig fühlen sich die Lehrkräfte vom Staat im Stich gelassen. „Die Verantwortung wird auf uns abgewälzt“, sagt Wahl. Die Schulen sollten die Hygieneregeln überwachen. Wer aber wisse, wie junge Menschen ticken, der wisse, dass das kaum möglich sei. „Wenn es dann nicht gelingt, sind wir schuld“, beklagt die Schulleiterin. Monika Faltermeier bestätigt das.
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Sie unterrichtet an einer Mittelschule und warnt, dass „zu viele Kinder durchs Netz fallen, egal, wie eng wir das stricken.“ Das treffe vor allem jene, „die schon vorher Schwierigkeiten hatten. Unsere Fördermöglichkeiten brechen aber im Distanzunterricht weg. Das bereitet uns unglaubliche Sorgen, wie wir sie wieder auffangen sollen“.
Thomas Beschorner, Konrektor an einer Sonderschule, warnt, dass seine Schüler weder mit den digitalen Medien umgehen können, noch die Nähe bekommen, die sie benötigen. „Viele von ihnen erreichen wir gar nicht mehr.“ Es werde lange dauern, „bis sie sich wieder öffnen“. An anderen Schulen müssen Förderlehrer im Unterricht einspringen oder die Notbetreuung übernehmen. „Was wir leisten sollen“, sagt etwa Jochen Fischer, „ist in der Pandemie gänzlich hinten runtergefallen. Und das wird durch den Lehrermangel auch nach der Pandemie nicht besser werden.“
Lehrermangel nochmal verschärft
Die Lehrkräfte und ihr Verband fordern von der Politik, dass sie endlich angemessen reagieren müsse. Beim Übertritt von der Grund- auf die weiterführende Schule etwa müsse der Elternwille ausschlaggebend sein, kombiniert mit umfassender Beratung durch die Lehrkräfte. Die Ausbildung der Lehrer gehöre angepasst und das Einstellungsmanagement überarbeitet. Schon jetzt zeichne sich ab, warnt Simone Fleischmann, dass „sich ab September der Lehrermangel noch einmal verschärft“.
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