Westumfahrung Neunkirchen: Wo Interessen kollidieren
7.9.2019, 06:00 UhrLaut Erläuterung zum Planfeststellungsentwurf haben schon zu Beginn der 1990-er Jahre Voruntersuchungen zu einer Westumgehung des Ortes stattgefunden. Ausgangslage war, dass die Staatsstraße durch den Ortskern und dabei unter zwei engen und nur 3,20 Meter hohen Toren hindurchführt. Das schränkt den Lkw-Verkehr ein.
Deshalb hat die Gemeinde, unterstützt durch Fördermittel, mit dem Ausbau der Henkerstegstraße und der Erleinhofer Straße die innerörtliche Umgehung geschaffen. Das hat in den vergangenen Jahren zu einer starken Belastung der Anwohner dieser Straßenzüge sowie der engen Friedhofstraße geführt. Zu den Stoßverkehrszeiten entstehen hier Staus, die Anwohner klagen über erhöhte Lärm- und Abgasbelastungen. Viele von ihnen wünschen sich nichts mehr als die Verlagerung des Verkehrs auf eine Umgehungsstraße.
Schon 1994 hat die Gemeinde eine Trasse für die Westumgehung in ihren Flächennutzungsplan aufgenommen. Die bauliche Entwicklung westlich vom Innerort hat allerdings dazu geführt, dass die vorgesehene Trasse immer näher an die Wohnbebauung heranrückte. Daher wurden ab 1997 neue Überlegungen angestellt, wie man eine Westumfahrung führen könnte. Fünf bis sechs Varianten wurden seinerzeit überprüft.
Im Jahr 2000 hieß der Gemeinderat Neunkirchen die sogenannte „Wahllinie 9922“ gut, die als die beste aus der Überprüfung der Varianten hervorgegangen war, und speiste sie in den Flächennutzungsplan ein. Ein Jahr darauf wurde die „Westumgehung Neunkirchen am Brand“ in den 6. Ausbauplan für die Staatsstraßen in Bayern mit der Stufe „Dringlichkeits-Reserve (1R) aufgenommen.
In den Folgejahren gab es eine Raumempfindlichkeitsprüfung so- wie 2007 bis 2009 eine Umweltverträglichkeitsstudie. 2008 begann das Straßenbauamt mit den Planungen für einen Vorentwurf. Die Regierung von Oberfranken hat den Vorentwurf für die Westumgehung im Jahr 2010 gebilligt.
Als das Projekt Ortsumfahrung 2011 im 7. Ausbauplan erneut mit der Dringlichkeitsstufe „1 R“ bewertet war, wurde nach Intervention von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in Aussicht gestellt, dass Neunkirchen mit der Umgehung schneller Berücksichtigung finden könnte, wenn sich die Gemeinde an den Kosten der Planung mit einer Vorfinanzierung beteiligen würde. Darüber kam es zu einer ersten großen Auseinandersetzung in der Gemeinde, erst im Ratsgremium, dann in Form eines Bürgerentscheids. Die Gegner der Umfahrung scheiterten, auf sie entfielen nur 41 Prozent der Stimmen im Bürgerentscheid.
Also konnte man weiter planen. Vereinbart zwischen Freistaat und Markt Neunkirchen wurde, dass das Anschlusstellenkonzept umgesetzt wird, das der Gemeinderat beschlossen hat. Weiter sollte die Trasse in Höhe des Trinkwasserschutzbrunnens aus naturschutzfachlichen Gründen nach Westen verschoben werden. Drittens sollten Verkehrswege an der Gemeindeverbindungsstraße nach Ebersbach gebündelt werden. Dadurch könne man ein Bauwerk im Waldgebiet einsparen, hieß es. Schließlich entsprang der naturschutzfachlichen Prüfung die Notwendigkeit, die Trassenführung in einem Teilbereich zu ändern, um einen Eingriff in alte Waldbestände zu verhindern.
Zu Beginn des Jahres 2017 begann das Planfeststellungsverfahren. Im Februar stellte das Staatliche Bauamt in einer Bürgerversammlung, an der 350 Bürgerinnen und Bürger teilnahmen, die geplante Westumfahrung durchs Ebersbacher Tal vor. Nicht nur in Worten. Er hatte auch eine Visualisierung dabei und versetzte damit die Versammlung — wenigstens teilweise — in Schrecken. Bis zu neun Meter über dem derzeitigen Geländeniveau des Ebersbacher Tals soll die Westumfahrung führen. Selbst Befürworter der Umfahrung äußerten Zweifel, ob eine solch monströse Trasse sein müsse.
Bearbeitung dauert an
Das führte am Ende dazu, dass bis März 2017 fristgerecht über 1400 Einwendungen gegen die Trasse der Westumgehung schriftlich beim Staatlichen Bauamt eingingen. Daran arbeitet die Behörde noch heute. Wie der Abteilungsleiter für Planung, Stefan Arneth, auf Anfrage der Erlanger Nachrichten mitteilte, mussten die vielen Einwendungen „zunächst gesichtet und katalogisiert werden, bevor eine dezidierte Stellungnahme zu jeder einzelnen Einwendung erstellt werden kann“.
Inhaltlich, so Arneth, würden sich die Einwände unter anderem gegen die Notwendigkeit der Maßnahme, gegen den hohen Flächenverbrauch, gegen die Massenbewegungen infolge der topographischen Verhältnisse, Beeinträchtigung des Wasserschutzgebietes und der Frischluftschneise, gegen die Eingriffe in Natur und Landschaft, Verschlechterung des Hochwasserschutzes, zusätzliche Lärm- und Abgasbelastungen durch angelockten Mehrverkehr richten.
Stattdessen fordern die Gegner der Umgehung alternative Verkehrskonzepte wie verkehrsberuhigende Maßnahmen in der bestehenden Ortsdurchfahrt, verkehrsrechtliche Maßnahmen wie Tempobeschränkungen, und Maßnahmen zu mehr Klimaschutz. Vor allem setzen die Gegner auf eine Stärkung des ÖPNV ins Mittelzentrum Forchheim und in das Oberzentrum Erlangen.
„Aus den Einwendungen resultierende, mögliche Planungsänderungen werden in der Regel erst im Erörterungstermin besprochen und nach planerischer Prüfung eines berechtigten Einwands bzw. der durch die Planänderung bedingten neuen Betroffenheiten in Aussicht gestellt“, betont Arneth. Ob eine Tektur der ursprünglich ausgelegten Unterlagen und eine erneute Auslegung erfolgt, liege in der Entscheidung der Planfeststellungsbehörde bei der Regierung von Oberfranken.
Ursprünglich sollten die Einwendungen gegen die ausgelegten Pläne bis zum Sommer 2019 abgearbeitet sein und der Erörterungstermin noch vor der Sommerpause stattfinden. Doch sieht sich das Staatliche Bauamt wegen der vielen Einwendungen nicht imstande, eine Aussage „über den weiteren zeitlichen Ablauf des Verfahrens“ zu treffen.
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