Landeswettbewerb Alte Sprachen
Das Rätsel ist gelöst: Einer der besten Altsprachler Bayerns kommt aus Franken
26.04.2022, 14:55 Uhr
Daniel, warum ausgerechnet Latein?
Als ich vor der sechsten Klasse zwischen Französisch und Latein wählen musste, stand meine Entscheidung schnell fest. Meine Eltern haben in der Schulzeit auch Latein gewählt – jedoch nur für zwei Jahre. Der Hang für die Sprache wurde mir also nicht in die Wiege gelegt (lacht).
Latein gehört nicht unbedingt zu den Lieblingsfächern vieler Schülerinnen und Schüler. Musst Du ihnen oft unter die Arme greifen?
Als wir in die Qualifikationsphase gekommen sind, waren wir im Latein-Kurs zu neunt. In der zwölften Klasse waren wir dann nur noch zu siebt. Es gibt Einige, die sich nicht von dem Fach begeistern lassen können. Wenn sie dann Fragen haben, helfe ich gerne.
Was ist das Faszinierende an einer „toten Sprache“?
Latein ist deutlich angenehmer als moderne Fremdsprachen. Hörverstehensaufgaben gibt es überhaupt nicht. Man muss nur übersetzen und wer gut übersetzt, versteht auch, um was es in den Texten geht. Ein lateinischer Text ist wie ein Rätsel. Der Aufbau, die Endungen und die Grammatik – alles muss richtig geordnet werden. Die wichtigste Frage dabei: Was hat es für einen Sinn? Wer die Antwort auf diese Frage findet, hat das Rätsel gelöst.
Ist es nur die Sprache, die Dich so interessiert?
Nein, es ist viel mehr. Ich interessiere mich sehr für Geschichtliches. Alles, was in den Jahrhunderten um Christi Geburt passiert ist, finde ich spannend. Meine Lateinkenntnisse sind dabei eine wichtige Stütze. Zudem kann ich mich in historische Werke vertiefen. Mir fehlen noch Altgriechisch-Kenntnisse, die möchte ich mir aneignen. Altgriechisch soll schwerer sein als Latein, aber die Sprache würde mir ein größeres Verständnis bieten.
Corona in lateinischen Schriften
Der Schülerwettbewerb Alte Sprache ist wie für Dich gemacht. Wie lief der Wettbewerb ab?
Es gab insgesamt drei Runden. An der ersten Runde haben wir als gesamter Lateinkurs in der Jahrgangsstufe 11 teilgenommen. Wir hatten drei Stunden Zeit, um eine Seite vom Lateinischen ins Deutsche zu übersetzen. Dann gab es noch Zusatzaufgaben. Eine davon basierte auf einem Artikel aus dem Vatikan. Es ging um Corona und dementsprechend waren Wörter inbegriffen, die erst in den vergangenen Jahren in den Wortschatz integriert wurden. Zum Beispiel Abstandsregeln, Pandemie, Mund-Nasen-Schutz. Neu-Latein beweist, dass die Sprache noch nicht ausgestorben ist. In der letzten Aufgabe ging es um medizinische Begriffe. Ein Mitschüler wurde davor zum Sanitäter ausgebildet, der hatte wahrscheinlich einen Vorteil (lacht).
Und nach der ersten Runde?
Wir haben monatelang nichts gehört. Ich war mir sicher, dass niemand von uns weitergekommen ist. Unser Lehrer hat uns auch schon vertröstet, indem er meinte, dass es noch niemand aus dem GFS in die nächste Runde geschafft hat. Dann wurde ich aber während einer Deutschstunde aus dem Unterricht gerufen und der Direktor meinte, dass ich zu den 50 besten Altsprachlern aus ganz Bayern gehöre. Kurz darauf stand schon die zweite Runde an und ich sollte einen Auszug aus Vergils „Äneis“ interpretieren. In einer kreativen Schreibaufgabe habe ich dann einen Kommentar zu den Massenmedien und Fake News verfasst und dabei Vergils Darstellung des „Gerüchts“ eingebunden.
Der Bezug zur Gegenwart ist also durchaus gegeben. Wie hast Du erfahren, dass Du es in die letzte Runde geschafft hast?
Auch da habe ich gefühlt ein Vierteljahr gewartet. Anfang 2022 hatte ich wieder einen Termin im Direktorat. Dort habe ich erfahren, dass ich jetzt zu den besten zehn gehöre. Das hätte ich nie gedacht. Wären wir nicht mitten in einer Pandemie, wäre ich zur mündlichen Prüfung nach München gefahren. Die dritte Runde musste in Form einer Video-Konferenz stattfinden. Ich hatte 20 Minuten Zeit, um einen unbekannten lateinischen Text zu übersetzten. Das war der unangenehmste Teil am gesamten Wettbewerb. Ich musste schnell sein – deswegen habe ich mich auf die unbekannten Wörter konzentriert und nur diese übersetzt. Auch in dieser Runde gab es einen Bezug zur Gegenwart. Ich sollte den Text mit dem Russland-Krieg in Verbindung setzen.
Gemeinsamkeiten zwischen Mathe und Latein
Und dann wurdest Du zum Landessieger gekürt!
Genau (lacht). Als ich dann zum dritten Mal aus dem Unterricht gerufen wurde, wusste ich, dass es nur um den Wettbewerb gehen kann. Und so war es dann auch: Der zweite Direktor hat bestätigt, dass ich zu den drei Landessiegern gehöre.
Wirst Du Deine Latein-Kenntnisse auch noch in Zukunft nutzen?
Also für das schriftliche Latein-Abitur auf jeden Fall (lacht). Und auch nach der Schule kann ich Latein gut gebrauchen. Ich überlege nämlich Geschichte zu studieren. Oder vielleicht Mathe, auch da gibt es genug zu rätseln.
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