Fränkische Hofläden profitieren von Coronakrise

4.5.2020, 05:45 Uhr
Das regionale Angebot und die persönliche Beratung in den Hofläden schätzen viele Menschen momentan besonders.

© Archivfoto: Edgar Pfrogner Das regionale Angebot und die persönliche Beratung in den Hofläden schätzen viele Menschen momentan besonders.

Umsatzeinbußen oder gar Kurzarbeit wegen Corona? Für Stefan Winkler und seine Mitarbeiter war in den vergangenen Wochen eher das Gegenteil der Fall. "Vom 9. März an haben wir vier Wochen lang praktisch durchgearbeitet", berichtet der Betreiber der Winkler-Mühle in Gustenfelden. 24 Stunden am Tag lief seine Mühle im Landkreis Roth durch und verarbeitete Getreide aus der Region zu Mehl, weil auch viele von Winklers Kunden hamsterten.

"Die haben gekauft wie die Geisteskranken. Das war noch nicht mal mit dem Weihnachtsgeschäft vergleichbar", erinnert sich der fränkische Müller, der auch einen Hofladen und ein Café betreibt. Sieben Tage die Woche von sechs Uhr früh bis ein Uhr nachts habe man geschuftet, um die Nachfrage befriedigen zu können. "Zwischenzeitlich mussten wir sogar unseren Online-Laden schließen, weil wir mit dem Verpacken und dem Versenden nicht mehr hinterher gekommen sind."

Gehamstert haben auch manche Kunden des Alterlanger Hofladens. "Dreimal sind mir schon unsere selbstgemachten Nudeln ausgegangen, und bei den Kartoffeln wusste ich zeitweise gar nicht mehr, wo ich noch Nachschub herbekommen sollte", sagt Pächterin Corinna Yeddes. Doch auch nach dieser extremen Phase im März und Anfang April profitiert das kleine Geschäft in Alterlangen vom stärkeren Wunsch nach regionalen Produkten. "Ich kann mich wirklich nicht beschweren", sagt Yeddes.

Viele neue Kunden kommen

Auch viele andere Hofläden in der Region bekamen das veränderte Einkaufsverhalten der Menschen in der Coronakrise zu spüren. "In den vergangenen Wochen sind viele neue Kunden im Laden aufgetaucht", erzählt Corinna Wolf, die in Fürth zusammen mit ihrer Familie regionale Erzeugnisse wie Nudeln, Milchprodukte, Marmelade oder Gemüse und Obst aus dem Knoblauchsland verkauft.

Auf 20 bis 30 Prozent schätzt die Betreiberin von "Frankie’s Hofladen" die Umsatzsteigerung, "und man merkt, dass die Leute auch mehr Zeit zum Einkaufen haben". Ihr Verkaufsschlager sind die 16 verschiedenen Sorten Tomaten aus eigenem Anbau. Viele Stammkunden seien richtig ausgehungert danach gewesen, berichtet Corinna Wolf. Sie hofft nun darauf, dass mancher neue Kunde in der jetzigen Krise auch realisiert, dass viele regionale Produkte bessere Qualität und mehr Geschmack als Importware aus dem Supermarkt oder dem Discounter bieten.

Stefan und Andrea Schaffer, die den Schafferhof im Landkreis Forchheim betreiben, registrierten ebenfalls "eine deutliche Steigerung" an Kunden. Kunden, die aus Nürnberg, Fürth, Erlangen und dem Großraum Bayreuth den Weg bis nach Görbitz auf sich nehmen, um in Hofladen und Metzgerei der Schaffers einzukaufen. Neben Stammkunden und Einheimischen gebe es "viel neue Kundschaft", die aus einem Umkreis von bis zu 40 Kilometern kommt.

Auch wenn "uns eine Zeit ohne Corona lieber wäre", so könne die Pandemie auch eine Chance sein, ein Umdenken bei den Konsumenten zu erreichen. "Die Menschen achten noch mehr aufs Regionale", sagt Stefan Schaffer, der erst vor zwei Jahren einen neuen Hofladen gebaut hat. Auch Gespräche zwischen den Bauern und Konsumenten seien wichtig, viele suchen ganz bewusst das Gespräch: "Die Menschen kommunizieren viel mehr und wollen wissen wo’s herkommt", sagt Schaffer.

Christine Galster aus dem etwa 20 Kilometer entfernten Gosberg kann einen Boom bei heimischen Produkten bestätigen. Seit fünf Jahren betreibt ihre Familie in der Ortsmitte eine Milchtankstelle. In den Automaten gibt es Milch "frisch von der Kuh, heruntergekühlt auf vier Grad". "Seit Corona läuft’s noch besser", sagt Galster, "es ist schön, dass die Leute wieder auf die Bauern zurückkommen".

Manche Anbieter dagegen haben derzeit mit Umsatzeinbußen zu kämpfen. "Die Leute kommen in erster Linie wegen unserer Kürbiskerne. Andere Produkte wie Eier oder Nudeln nehmen sie mit, wenn sie ohnehin schon da sind", erzählt Martin Schnell, der in Neppersreuth (Kreis Roth) ein kleines Geschäft betreibt.


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Viel Geschäft macht der "Kürbishof Schnell" vor allem mit Busgruppen oder mit Tagesausflüglern, die sich auf ihrem Weg ins Fränkische Seenland mit gerösteten Kürbiskernen und mit Kürbiskernöl aus eigener Produktion eindecken. Die fehlten in den vergangenen Wochen natürlich, doch seit der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen läuft das Geschäft wieder besser. "Die Leute wollen wieder raus", hat Martin Schnell beobachtet.

"Das wird wieder abflachen"

Das kann Ralph Beck, Chef des gleichnamigen Gemüsehofs in Nürnberg-Gaismannshof, bestätigen. "Zurzeit sind viele Spaziergänger unterwegs, und die registrieren dann, dass in dieser Gegend auch ein Hofladen steht", sagt der Geschäftsmann, der sich deshalb über eine ganze Reihe von neuen Kunden freuen kann.

Ob die dem Gemüsehof Beck auch nach dem Ende der derzeitigen Ausnahmesituation die Treue halten, daran hat der Betreiber allerdings seine Zweifel. "Das wird wieder abflachen, das war noch nach jeder Krise so", ist Ralph Beck überzeugt. Unter anderem während der Ehec-Epidemie vor neun Jahren, als Gemüse und Sprossen mit gefährlichen Darmkeimen belastet waren, hat er diese Beobachtung gemacht. Ebenso beim Fipronil-Skandal 2017, als die Verbraucher von mit Insektiziden belasteten Hühnereiern aufgeschreckt wurden.


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"Wenn das alles vergessen ist, verfahren die meisten beim Einkaufen wieder nach Schema F", glaubt Beck, und auch Stefan Winkler ist skeptisch, ob der Run auf sein Mehl und seine Backmischungen aus regionaler Produktion anhalten wird. Viele Kunden hätten nun ja Vorräte für viele Monate gebunkert. "Ich frage mich nur, wann sie das alles tatsächlich auch verarbeiten wollen."


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