Auszeichnung

33 Nester: Cadolzburger Familie hat ein Herz für Schwalben

24.8.2021, 16:00 Uhr
33 Nester: Cadolzburger Familie hat ein Herz für Schwalben

© picture alliance/dpa/Christian Charisius

Eine Schwalbe macht bekanntlich noch keinen Sommer. So gesehen hat Familie Meyer überhaupt keine Sorgen. Denn auf ihrem Aussiedlerhof am Rande des Cadolzburger Ortsteil Steinbach sind die eleganten Segler nicht zu übersehen.Ihre Nester kleben an den Balken unter dem Dach des großen Stalls. Während unten die Kühe gemütlich fressen oder sich nach draußen auf die Wiese trollen, herrscht oben emsiger Flugbetrieb: Die Schwalben sind los.

Christa Meyer und ihr Mann Helmut führen den Betrieb in der neunten Generation. Und die Schwalben waren schon immer da. Während andernorts Hausbesitzer versuchen, die Vögel mit rot-weißen Flatterbändern zu vertreiben, weil sie den aus den Nestern fallenden Kot fürchten, freuen sich die Meyers über ihre gefiederten Untermieter und unterstützen sie sogar. Vor zwei Jahren haben sie die ersten künstlichen Behausungen im Stall angebracht, sechs geschlossene Varianten für die Mehlschwalben, vier offene für die Rauchschwalben mit ihrem braunroten Gesicht.

Futter für den Nachwuchs

"Die Landwirtschaft will sie, wegen der Mücken", sagt Christa Meyer. Die Vögel fangen die Plagegeister weg und verfüttern sie an ihren Nachwuchs.Doch auch auf den Höfen haben sie es zunehmend schwerer. Oft sind die Ställe mit Schutznetzen abgedichtet, um die Spatzen fernzuhalten. Denn die machen – wie die Schwalben übrigens auch – Dreck, aber das ohne jegliche Gegenleistung, denn sie betätigen sich nicht als Insektenvertilger.

33 Nester: Cadolzburger Familie hat ein Herz für Schwalben

© Foto: Harald Ehm

Bei den Meyers finden die Schwalben gute Bedingungen. Von allen Seiten lässt sich der Laufstall der Kühe anfliegen und gleich nebenan hat die Familie vor einer Zeit einen künstlichen Teich angelegt, in dem sich der Niederschlag von den Dächern sammelt. Über der Wasserfläche schwirrt und brummt es, der Tisch ist also reichlich gedeckt.

Auch das Wetter hilft den Schwalben in diesem Jahr. Auf den Feldwegen waren endlich wieder Pfützen zu sehen, und sobald die langsam austrocknen, holen sich die Vögel den Lehm, um die Nestkugeln in luftiger Höhe an die Wand zu pappen. Manchmal wird der Baustoff sogar frei Haus geliefert. Wenn sich nämlich die Kühe auf der Weide am feuchten Boden wälzen, bringen sie den Lehm mit in den Stall. Die Schwalben bedienen sich dann einfach aus ihrem Fell.

Nester aus Mist

In den letzten trockenen Sommern hätten die Vögel, mangels Masse, die Nester auch schon einmal aus Mist gebaut, erzählt Christa Meyer. Aber als der austrocknete, stürzten die Bauwerke ab. Doch heuer ist alles anders: "Wir haben 33 Nester", sagt Tochter Judith und lacht. In 13 davon leben Rauchschwalben, in den 20 anderen Mehlschwalben.

Und dafür gab es jetzt eine Plakette des Landesbundes für Vogelschutz (LBV), sie zeigt jedem: Familie Meyer lebt in einem "schwalbenfreundlichen Haus". Es ist die erste Auszeichnung dieser Art im Landkreis Fürth. Christa Meyer hatte die Ausschreibung dafür vor einiger Zeit im Landwirtschaftlichen Wochenblatt entdeckt und sich beworben.

Dann kam gleich Hans-Georg Müller vorbei. Der stellvertretende Vorsitzende beim LBV Fürth betreut dort das sogenannte Gebäudebrüterprojekt. Bayernweit wird hier bereits seit einiger Zeit für das Landesamt für Umweltschutz in einer Datenbank erfasst, wo wie viele Schwalben, Mauersegler oder Haus- und Feldsperlinge nisten. Der Impuls dazu sei aus München gekommen, berichtet Müller, weil man sich in der Stadt die Frage gestellt habe: Wo sind unsere Spatzen?

Und wie steht es um die Schwalben? Auf der Roten Liste für gefährdete Arten wird die Rauchschwalbe in der Vorwarnliste in der Kategorie 5 geführt. Je kleiner die Zahl, desto schlechter. Die Mehlschwalbe findet sich in der Kategorie 3 wieder, das bedeutet: Sie ist gefährdet.

Der LBV zeichnet deshalb Menschen aus, die sich für die Vögel engagieren. Auch im Stadtgebiet, genauer in Stadeln, wurde die Plakette bereits einmal verliehen. Der Hof der Familie Lohbauer beherbergt dort, genau wie die Meyers, 33 Nester und darf ebenfalls für sich in Anspruch nehmen, schwalbenfreundlich zu sein.

Aus der Fürther Altstadt verschwunden

In der Fürther Altstadt am Grünen Markt, aber auch am Waagplatz, fanden sich früher Bauernhöfe mit Ställen oder Kutscherstationen – und damit auch die Schwalben, erzählt Hans-Georg Müller. Alles vorbei, mit der Landwirtschaft verschwanden auch die Vögel weitgehend aus dem Stadtbild. In der Gustavstraße aber kennt der LBV-Mann ein Haus, bei dem die Tür immer offensteht – damit die im Flur brütenden Rauchschwalben ein- und ausfliegen können. Wo, will er natürlich nicht verraten. Nicht, dass jemand noch auf krumme Ideen kommt. Auf die Plakette muss der Besitzer deswegen wohl ebenfalls verzichten. Für ihn sicher zu verschmerzen, ein Schwalbenfreund ist er schließlich allemal.

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