8000 Euro
Fürther Kulturpreisträgerin spendet Preisgeld ans Stadtarchiv
15.10.2021, 11:00 UhrFür den Leiter des Archivs, Martin Schramm, ist das "eine große Freude", er macht aber gleichzeitig deutlich, dass Blume sowohl Auszeichnung als auch Preisgeld aufgrund ihres jahrzehntelangen Wirkens mehr als verdient hat. Ihrer Auflage, "etwas Sinnvolles damit zu machen", komme das Stadtarchiv natürlich nach. Konkret werden mit dem Geld zwei Bände mit Gemeindeprotokollen aus den Jahren zwischen 1664 und 1774 aufwendig restauriert.
Den ersten Band konnte Restaurateurin Sonja Hassold nach etwa neun Monaten Arbeit nun an das Stadtarchiv zurückgeben. "Die meiste Zeit nimmt das Trocknen in Anspruch", erläuterte die Expertin mit Blick auf die Wiederherstellung durch den Einsatz organischen Kleisters und dünnem Japanpapier. Die jahrhundertealten, handschriftlichen Unterlagen waren durch Wasserschäden stark in Mitleidenschaft gezogen worden, was die wissenschaftliche Arbeit mit den Texten praktisch unmöglich gemacht hatte. Nun können Historiker wieder auf diese Quellen zurückgreifen, der zweite Band ist bereits in Hassolds Nürnberger Werkstatt.
Als Historikerin wollte sich Gisela Naomi Blume beim Übergabetermin im Stadtmuseum übrigens ausdrücklich nicht bezeichnen: "Ich habe nicht studiert, also ist das für mich eine Frage des Respekts." Schramms Einwand, die Berufsbezeichnung Historiker sei ja nicht geschützt, ließ sie nicht gelten. Einzig der Titel "Historikerin ehrenhalber" – spontan vom Stadtarchivar verliehen – war für die Kulturpreisträgerin annehmbar.
War die Preisübergabe im vergangenen November noch der Pandemie zum Opfer gefallen, konnte Gisela Blume aus privaten Gründen auch am Nachholtermin am Montagabend nicht dabei sein. So nutzte sie den Termin im Stadtmuseum, um sich in Gegenwart von Kulturreferent Benedikt Döhla für die Auszeichnung zu bedanken. Ihre ehrenamtliche Arbeit betrachtet Blume "in erster Linie als Dienst für die in alle Welt verstreuten Nachfahren jüdischer Fürther" und als Beitrag zur Stadtgeschichte.
Dabei wollte sie kurz an das Schicksal von Leonhard und Ida Wolf erinnern, nach denen der seit 1995 vergebenen Gedächtnispreis für herausragende Leistungen im Bereich Bildende Kunst, Musik oder einem anderen kulturellen Bezug benannt ist. Während Ida (Jahrgang 1892) und Leonhard (Jahrgang 1897) als Kinder von Eltern in sogenannter "privilegierter Mischehe" die Verfolgungen der Nazizeit in Fürth überstanden, sollte ihr Vater Siegfried Wolf – obgleich bereits seit 50 Jahren aus der jüdischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten – im September 1942 mit rund 150 weiteren Fürthern nach Theresienstadt verschleppt werden. Der damals 75-jährige zog den Freitod diesem Schicksal vor. "Ich bin sicher, dass man diesen Preis künftig aus neuer Perspektive sieht, wenn man die Geschichte der Familie Wolf kennt", so Gisela Blume.
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