Hier können Hebammen in Nürnberg künftig studieren
25.10.2020, 05:26 UhrHebammen sind gleich für zwei Leben verantwortlich. „Das ist ein unglaublich wichtiger Beruf“, sagt Mirjam Schmidt. „Das rechtfertigt ein hohes Qualifikationsniveau.“ In allen anderen Ländern Europas haben Hebammen studiert. Deutschland setzt diese Richtlinie nun als letztes um.
Ab kommendem Herbst bietet die Technische Hochschule Nürnberg den Studiengang Hebammenwissenschaft an. 25 Plätze wird es geben. Neu dazu kommt auch der Studiengang Digitales Gesundheitsmanagement mit 25 bis 30 Plätzen.
Forschung und Weiterbildung unter einem Dach
Schmidt hat die Angebote konzipiert. „Im Hebammengesetz gibt es klare Vorgaben, aber ich habe auch mit vielen Praktikerinnen gesprochen, was sie sich selbst für die Weiterentwicklung ihres Berufs wünschen“, erzählt sie. Der Bayerische Hebammenlandesverband hat mitgeplant genauso wie die leitenden Hebammen des Klinikums Nürnberg – dem größten städtischen Krankenhaus in Bayern.
Zusammen mit dem Klinikum hat die TH dafür nun die „Nürnberg School of Health“ gegründet, ein Institut für Gesundheit. Dort siedeln sie die beiden neuen Studiengänge an, außerdem gemeinsame Forschungsprojekte und Weiterbildungsangebote für medizinisches Personal.
„Wir sind eine Hochschule für angewandte Wissenschaften, es ist unsere Pflicht, qualifizierte Fachkräfte für den Bedarf in der Region auszubilden“, sagt TH-Präsident Niels Oberbeck. „In den Gesundheitsberufen gibt es da noch einen weißen Fleck auf der Landkarte.“
Seit sechs Jahren arbeiten Hochschule und Klinikum in der Medizinerausbildung zusammen, nun sollen weitere Gesundheitsberufe folgen. „Wir wollen die Schnittstelle sein zwischen den technischen Disziplinen und der Medizin und so die Patientenversorgung verbessern“, sagt Oberbeck. Die Gründung der „School of Health“ sei die wichtigste Weiterentwicklung der Hochschule in den kommenden Jahren.
Studiengänge in München, Regensburg und Landshut
Das sieht auch Bayerns Wissenschaftsminister so und ist zum Auftakt nach Nürnberg gekommen. „Die Menschen stehen im Mittelpunkt“, sagt Bernd Sibler. „Es geht hier nicht nur um eine Hochschule und ein Krankenhaus, sondern um die Personen in und am Bett.“ Die Hebammenausbildung wird komplett akademisiert.
In diesem Herbst starten bereits Studiengänge an der Katholischen Stiftungshochschule München, an der Technischen Hochschule Regensburg und der Hochschule Landshut. Im nächsten Jahr kommt neben Nürnberg auch die Uni in Erlangen dazu. „Wir wollen den Gesundheitsstandort Bayern weiter entwickeln“, sagt Sibler. „Das wird die Versorgung in der Region spürbar stärken.“
Hebammen in der Corona-Krise: Der persönliche Kontakt fehlt.
Bis zum Jahr 2022 dürfen Hebammenfachschulen Bewerberinnen aufnehmen und drei Jahre ausbilden. Danach sollen die ersten studierten Hebammen ihren Abschluss haben. „Der Bedarf steigt, die Lücke ist jetzt schon da“, sagt Klinikumsvorstand Achim Jockwig. 30 Vollzeitstellen hat das Klinikum derzeit mit Hebammen besetzt. Rund 3300 Kinder kommen dort jedes Jahr zur Welt. „Eine Hebamme darf eine Geburt ohne Arzt durchführen, umgekehrt geht das nicht – wir brauchen Hebammen“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Das Studium soll dazu beitragen, den Beruf attraktiver zu machen.
Forschen, wie der Knochen bricht
Außerdem erhofft sich das Klinikum von der Kooperation „Forschungsprojekte, die den Patienten direkt nutzen“, erklärt Jockwig. Wie das von Areti Papastavrou. Die Professorin und ihr Team von der Fakultät Maschinenbau und Versorgungstechnik analysieren, wie sich Knochen verändern. Am Computer können sie simulieren, wie die Dichte bei Osteoporose abnimmt und an welcher Stelle der Knochen dann bricht. Sie sehen, welche Kräfte auf Hüftimplantate wirken und wie der Ersatz mit dem Körper verwächst.
„Der technische Fortschritt und die Digitalisierung treiben das Gesundheitswesen seit Jahren voran“, sagt Jockwig. Themen wie die digitale Krankenakte, Videosprechstunden und Smartphone-Apps, die Zuckerwerte übermitteln, beschäftigen das Klinikum. Dadurch entstehen neue Möglichkeiten und Herausforderungen. „Bestehende Berufe verändern sich, neue werden geschaffen“, sagt Oberbeck.
Beim Studium des Digitalen Gesundheitsmanagements stehen deshalb Informatik und Mathematik auf dem Stundenplan, aber auch Betriebswirtschaft und „kreative Problemlösung“. Die Absolventen sollen am Ende nicht programmieren, sondern verstehen, welche Technik dem Patienten nutzt und welche Maschinen der Mensch lieber nicht an sich heranlässt.
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