Kahler Acker statt Blühwiese: LBV fordert Mähkonzepte
27.11.2019, 13:15 Uhr"Da, schauen Sie her", sagt Klaus Müller vom LBV und präsentiert zwei Fotos, die er in diesem Jahr im Süden von Katzwang gemacht hat. Sie zeigen einen Acker, bunt blühend, eine Augenweide für den Betrachter und ein Refugium für unzählige Insekten und Vögel. Derselbe Acker, Anfang November: eine kahle Fläche – abgemäht und gemulcht, ein trauriges Gegenstück zur sommerlichen Blühwiese. Damit verkehre man die guten Ansätze aus dem Volksbegehren "Rettet die Bienen" geradezu ins Gegenteil, findet er. Viele Insekten überwintern nämlich in und an den Halmen der Gräser, Vögel finden hier auch in der Winterzeit Nahrung. Gleiches gilt für Straßenränder, Feld- und Waldwege sowie Ackerraine.
Deshalb sei es "gerade jetzt im Herbst wichtig ist, dass auch ungestörte Brachflächen erhalten bleiben", ergänzt LBV-Vorsitzender Norbert Schäffer aus Hilpoltstein. Kommunen und Landwirte seien umso stärker gefordert, den Trend des Mähens und Mulchens einzudämmen. Der LBV fordert deshalb, detaillierte Mähkonzepte in den Kommunen zu entwickeln und umzusetzen, um so dem Verlust der Artenvielfalt zu begegnen. Dabei habe man durchaus Verständnis dafür, dass bestimmte Bereiche an Straßen und Wegrändern aus Gründen der Verkehrssicherung intensiv gepflegt werden müssen. "Es gilt daher, die Abschnitte an den Straßen zu identifizieren, die extensiv gepflegt werden können. So könnten zum Beispiel viele Böschungen nur einmal pro Jahr gemäht werden, was ausreicht, um den Gehölzaufwuchs zu verhindern", so Schäffer.
LBV sieht Gemeinderäte in der Pflicht
Auch durch wechselseitiges Mähen der Straßenseiten kann laut LBV sichergestellt werden, dass nicht schlagartig die kompletten Blütenpflanzen – und damit das Nahrungsangebot für viele Insekten – wegfallen. Der LBV appelliert an die Kommunen, ihre Mähkonzepte zu überarbeiten. "Wir sehen Bürgermeister und Gemeinderäte in der Pflicht, die Bauhöfe entsprechend zu informieren", sagt der LBV-Vorsitzende. "Jede Gemeinde sollte abgestufte Pflegekonzepte für ihre Flächen erstellen. Diese sollten auf der turnusmäßigen Mahd aufbauen. Das bedeutet, dass Randstreifen oder Flächen abwechselnd gemäht werden, so dass immer etwas für Insekten und Vögel stehen bleibt – auch im Winter", so Schäffer. Nürnbergs Bürgermeister und Sör-Chef Christian Vogel sieht hier noch viel Aufklärungsarbeit. Pflegekonzepte müssten ständig überarbeitet werden.
Kontroverser wird das Mähen und Mulchen auf Äckern diskutiert. Dass Landwirte im Herbst immer noch mit ihren Maschinen die sommerlichen Blühwiesen "plattmachen", liegt laut Ralf Hotzy, Referatsleiter Landschaftspflege des LBV, an einer "unsinnigen EU-Richtlinie". Danach werden sogenannte Direktzahlungen für solche Flächen nur dann gewährt, wenn ein Mindestmaß an landwirtschaftlicher Bewirtschaftung dort stattfindet.
Hotzy: "Das Mindeste, was ein Landwirt also machen muss, um die Agrarförderung zu erhalten, ist es, die Fläche zu mulchen – und das einmal pro Jahr bis zum 15. November. Auf Antrag, so heißt es im entsprechenden Passus, könne der Landwirt aus Natur- und Umweltschutzgründen im zweijährigen Rhythmus mähen und das Mähgut großflächig auf der Ackerfläche verteilen. Dem widerspricht der Bauernverband vehement. Eine solche EU-Regelung gebe es nicht, erklärt Markus Drexler, Pressesprecher des Bayerischen Bauernverbandes.
Man müsse grundsätzlich zwischen Blühflächen und blühenden Zwischenfruchtmischungen (wie Senf oder Phacelia, eine Gründüngungspflanze, die aber auch als Bienenweide angesät wird) unterscheiden. Drexler: "Es kommt also durchaus vor, dass diese Saat im Herbst vor der Saat einer neuen Kultur eingearbeitet wird." Der Termin 15. November komme nur für extensive Grünlandnutzung im Bereich von Gewässern vor. Hier sei vorgeschrieben, dass mindestens eine Nutzung bis zum 15. November erfolgen muss. Dies könne durch Mahd und Mulchen geschehen.
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