Millionen in Sand gesetzt: Autobahn-Lärmschutz in Franken abgerissen
8.4.2021, 19:17 UhrEigentlich hatten sich die Planer alles so schön ausgedacht. Der fünf Kilometer lange Abschnitt der A3 bei Geiselwind wurde extra vor dem Rest der 76 Kilometer langen Strecke zwischen den Kreuzen Biebelried bei Würzburg und Fürth/Erlangen sechsstreifig ausgebaut, um dort nun in der bis Ende 2025 währenden Bauzeit eine "Erholungsstrecke" anbieten zu können. Schließlich richtet die "A3 Nordbayern GmbH & Co. KG", bis April 2050 der private Betreiber der Strecke (dahinter stecken die Bauunternehmen Eiffage und Johann Bunte), in diesem Jahr bereits vier Großbaustellen auf dem Abschnitt ein.
Wall und Gabionen müssen weg
Doch aus der Erholungsstrecke wird in diesem Jahr nichts. Der 2018 und 2019 aufgeschüttete Lärmschutzwall mit sechs Meter hohen Gabionenwänden davor muss wieder abgetragen werden. Er ist zu instabil, um eine noch fehlende, vier Meter hohe Lärmschutzwand aus Acrylglas zu tragen. Bis Ende des Jahres muss deshalb eine Fahrspur in Richtung Würzburg gesperrt werden.
"Hier wurden Millionen von Euro verdummt. Das ist ein unglaublicher Betrug am Steuerzahler", empört sich Geiselwinds Bürgermeister Ernst Nickel. Bereits seit 1964 führt die Autobahn an Geiselwind vorbei, vor allem in den 1990ern explodierten die Verkehrszahlen, die Lärmbelastung für die Anwohner nahm gewaltig zu. Einen Lärmschutz an der Autobahn aber gab es nicht.
Dieser wurde erst mit dem 2017 begonnenen, sechsstreifigen Ausbau der A3 an dieser Stelle möglich. Eigentlich sollte der Lärmschutz schon bei der Übergabe der Strecke durch die Autobahndirektion Nordbayern an den neuen Betreiber im vergangenen Jahr fertig sein. Doch es gab Probleme.
Privater Betreiber: Plötzlich zuständig für 76 Kilometer Autobahn
"Die Steilwälle wiesen umfangreiche Mängel auf, insbesondere kam es nach Fertigstellung zu unplanmäßigen Verformungen der Steilwälle. Nachdem die ausführende Firma trotz Aufforderung die Mängel nicht beseitigte, wurde ihr der Bauvertrag gekündigt", teilt die Autobahn GmbH, in der die Autobahndirektion mittlerweile aufgegangen ist, mit. Die Arbeiten für die vier Meter hohe Lärmschutzwand, die darauf platziert werden sollte, wurden deshalb gar nicht mehr vergeben.
Dimension der Probleme vorher nicht bekannt
Der Lärmschutz wurde also unfertig an den privaten Betreiber übergeben mit dem (natürlich mit Geld hinterlegten) Auftrag, das Bauwerk fertigzustellen. "Wir wussten schon, dass es da Probleme gibt, aber noch nicht, welche Dimension diese haben", verdeutlicht Christof Schmidt, einer der Geschäftsführer von "A3 Nordbayern".
Diese Dimensionen wurden erst durch Schürfen, Rammsondierungen und zusätzliche Bohrungen deutlich. "Der eingebaute Boden erfüllt nicht die Anforderungen in Hinblick auf Lagerungsdichte und Verdichtung", betont Schmidt. Nicht auf der gesamten Länge zwar, aber an so vielen Stellen, dass letztlich nur die Lösung blieb, den einen knappen Kilometer langen Wall in Fahrtrichtung Würzburg wieder komplett abzutragen.
"Im Altort hat man zuvor schon etwas weniger Lärm gehört", sagt Nickel. Wenn die Lücken an drei Unterführungen noch geschlossen werden und die vier Meter hohe Lärmschutzwand auf dem Wall installiert ist, sollte es noch einmal deutlich leiser werden. Doch erst einmal wird es wieder sehr viel lauter, der Lärmschutz ist schon fast wieder verschwunden.
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Der Damm wird bis auf Autobahn-Niveau abgetragen, das Material seitlich gelagert und mit Bindemitteln und Material aus den Gabionen so verbessert, dass es wieder eingebaut werden kann. Die Steine aus den Gabionenkörben müssen ausgeleert und später wieder von Hand einsortiert werden.
Millionen von Euro an Schadenersatz
Bis Ende Oktober soll nun der Wall wieder stehen, bis Ende des Jahres auch die Lärmschutzwand darauf sitzen. Im kommenden Jahr soll dann der etwa 600 Meter lange Wall auf der Gegenseite an die Reihe kommen. Dort sind aber noch weitere Bodenanalysen nötig, um über das endgültige Vorgehen zu entscheiden.
Das Sanierungskonzept der "A3 Nordbayern" für den Lärmschutz hat die Autobahn GmbH bereits genehmigt. Letztere macht sich nun daran, Schadenersatzansprüche gegen die Baufirma einzufordern. Der erforderliche Betrag für Abriss, Neubau und Verzögerungen steht noch nicht abschließend fest. Er wird aber sicher etliche Millionen Euro betragen.
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