Mitterteich macht's vor: So geht eine Corona-Ausgangssperre

Hans-Peter Kastenhuber

Nürnberger Nachrichten

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20.3.2020, 09:13 Uhr
Mitterteich macht's vor: So geht eine Corona-Ausgangssperre

© Foto: Nicolas Armer, dpa

Der Bürgermeister ist im Homeoffice. Roland Grillmeier säße lieber an seinem Schreibtisch im Mitterteicher Rathaus, aber seit dort ein Coronafall festgestellt wurde, stehen 20 Mitarbeiter unter Quarantäne. Also arbeitet Grillmeier jetzt vor allem von zu Hause aus. Aber auch dort steht das Telefon kaum still. Medienleute aus der ganzen Republik wollen wissen, wie eine Corona-Ausgangssperre funktioniert. Das Oberpfälzer Städtchen Mitterteich ist traurige Modellstadt.

"Zum Glück sind wir jetzt nicht mehr die Einzigen", sagt der Bürgermeister. Noch bevor er auf die ihm seit Mittwoch so oft gestellte Frage, warum ausgerechnet Mitterteich die erste Kommune mit Ausgangssperre sein musste, eine vernünftige Antwort gefunden hatte, wurde die schärfste Maßnahme gegen die Ausbreitung des Virus auch in zwei kleinen Orten im oberfränkischen Landkreis Wunsiedel (Hohenberg und Fischern) verhängt.

Benachrichtigung lag im Briefkasten

Mitterteich traf es zuvor, weil das Städtchen mit seinen knapp 7000 Einwohnern plötzlich mit der relativ hohen Zahl von 27 Infizierten aufgefallen war. Neun von ihnen sind im Krankenhaus, fünf müssen beatmet werden.

Nachdem sie zuvor mit Lautsprecherdurchsagen darauf aufmerksam gemacht worden waren, fanden am Donnerstagmorgen alle Mitterteicher eine Benachrichtigung in ihren Briefkästen, die sie über die Ausgangssperre informierte. Nur auf den Weg zur Arbeit, zum Einkaufen von Lebensmitteln, zum Arzt oder in die Apotheke dürfen sie sich ab sofort machen. Ansonsten: zu Hause bleiben.


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"Das sorgt natürlich für Verunsicherung", sagt Grillmeier. Den meisten Leuten im Ort sei so etwas wie Schockstarre anzumerken. Und auch der Bürgermeister selbst hat sich noch nicht so recht damit abfinden können, dass ausgerechnet seine Stadt vormachen muss, wie es sich mit einer Ausgangssperre lebt. "Vielleicht hätte man ja irgendeine Zwischenstufe machen können", meint er. Wie die hätte aussehen können, weiß er aber auch nicht.