Weinturm-Organisator Beigel zum Ausfall: "Da ist die eine oder andere Träne geflossen"
1.8.2020, 15:36 UhrVon Folk’s Worst Nightmare bis Fanfare Ciocarlia 2019, ob The Boss Hoss, Deichkind, oder Culcha Candela, Swing Original Monks oder Brotmüller – Michael Beigel hat sie alle auf der Weinturm-Hauptbühne angesagt. Seit vielen Jahren ist der Chef-Band-Bucher auch als Moderator im Einsatz. Wenn die Musiker loslegen, zieht es den 50-Jährigen meist ins Publikum, wo er zwischendurch auch einfach das genießt, was er und seine Mitstreiter an buntem Gruppen-Mix aufs Plateau gelockt haben. Mehr als 30 Mal sei Michael Beigel auf jeden Fall schon auf dem Festival gewesen, sagt er. Für 2020 hatte Beigel schon "rund die Hälfte der Bands zusammen", ehe es keinen Sinn gemacht habe, weiterzubuchen. "Vielleicht sehen wir ein paar davon 2021 auf dem Weinturm", macht er Hoffnung, sie kommen unter anderem aus Frankreich, Belgien, Ghana und Jamaika. Im Video, das zur im Internet veröffentlichten Playlist gedreht wurde, ist "Michel" übrigens ausnahmsweise selbst als Musiker zu hören.
Welcher Weinturm-Moment war für Sie ganz besonders?
Beigel: Ich erinnere mich mit großer Freude an den Jubiläums-Weinturm 2017 zurück, als es mir gelang, die Überraschungsband Meute bis zuletzt auch vor dem Team geheim zu halten. Als es doch durchsickerte, waren ganz viele vom Helferteam vor der Bühne. Da feierten nicht nur die Gäste die Band ab, sondern auch die, die mit ihrem Einsatz den Weinturm möglich machen. Ansonsten fallen mir ganz viele besondere Momente ein, auch wenn Gäste dir und damit dem ganzen Team ganz arg danken und sagen, wie wichtig ihnen das Open Air ist. Das sind dann keine Floskeln, das kommt von Herzen. Und was mir noch einfällt: Wir waren vor ein paar Tagen oben auf dem Plateau und haben das Video für die Playlist gedreht, da hat man gesehen, wie viele am Anblick des Geländes zusammen mit der Gewissheit, dass es heuer kein Open Air gibt, zu knabbern hatten. Da ist die eine oder andere Träne geflossen.
Welche Band werden Sie nie vergessen?
Beigel: Das ist ganz schwierig. Vielleicht der Auftritt von Wallis Bird, einer irischen Singer-Songwriterin, die ich überredet habe, die Zugabe im Publikum zu geben. Das war vielleicht der größte Gänsehautmoment. Oder Deichkind, auch wenn das mit gemischten Gefühlen war, denn da sind wir organisatorisch an unsere Grenzen gestoßen, da waren wir auch ein bisschen froh, als die Show vorbei war. Und stellvertretend für die Diversität in unseren Programmen die israelische Folkband The Angelcy. Da war vorher eine Gruppe, die so richtig Partystimmung gemacht hat. Da hatte ich ein bisschen Bammel, ob die dann ankommen. Auch um mich selbst zu beruhigen, habe ich mit einem von denen geredet und gesagt, sie sollen sich keine Sorgen machen. Unsere Gäste wissen, was gute Musik ist. Die werden Euch genauso abfeiern und genau so war es dann auch. Weintürme schenken jedem Künstler unheimlich Aufmerksamkeit, das finde ich überragend.
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Was werden Sie dieses Jahr vermissen?
Beigel: Erstens, mit den ganzen Leuten Zeit zu verbringen, die das Festival von Montag an aufbauen. Menschen, die sieht man nur einmal im Jahr, aufm Weinturm. Es wird leider ein Sommer und ein Weinturm sein, der uns verloren geht. Zweitens fehlen mir die Kultur und die Bands. Ich war schon so lange nicht mehr auf einem Livekonzert. Die Begegnungen mit den Künstlern aus unterschiedlichen Ländern und Kontinenten, dieses vielfältige Gewusel. In diesem Bereich sind wir alle grad sehr arm dran. Das ist für mich ebenso systemrelevant. Und drittens: unsere Besucher. Die vielen Gesichter, die man seit 20 oder 30 Jahren auf dem Weinturm sieht. Und die glücklichen Gesichter.
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