1. Mai 1969: Begehrte Silberrose in der Meistersingerhalle
1.5.2019, 05:56 UhrDie Floristin, wie sich heute Blumenbinderinnen nennen, hat schon am Samstagabend Edelmetall gesammelt. Beim Wettbewerb auf Landesebene, dem Höhepunkt der Festlichkeiten zum 50jährigen Bestehen der Bezirksstelle Mittelfranken im Fachverband Blumenbindereien, holte sie sich mit ihren Gebinden die „Silberne Rose“. Gertraud Weißflog, eine gebürtige Erzgebirglerin, die seit 18 Jahren in Nürnberg zu Hause ist und schon einmal die Anstecknadel gewonnen hatte, mußte sich diesesmal mit einem Punkt Rückstand (279 von 300 möglichen) mit dem zweiten Platz begnügen.
Großes Lob hatte am Vormittag der Schirmherr des Jubiläums, Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter, den Blumenbindern gezollt. „Wir sind dankbar, daß Sie unseren Weg beim Wiederaufbau der Stadt begleitet haben. Wenn heute das menschliche Leben wieder im Vordergrund steht, dann ist das mit Ihr Verdienst“, stellte das Stadtoberhaupt fest.
Die Bezirksstelle Mittelfranken der Blumenbinder stützt sich auf 130 Mitglieder, von denen allein über 80 in Nürnberg zu Hause sind. Die Nürnberger haben auch auf zwei Gebieten Pionierarbeit geleistet: sie griffen den Valentinsgedanken von England und Amerika auf und starteten von der nordbayerischen Metropole aus einen Siegeszug durch die ganze Bundesrepublik und dank ihrer Initiative ist der Muttertag in Deutschland populär geworden.
So fußten die bei Festveranstaltungen üblichen Lobreden auf einem realen Hintergrund. Arthur Kuhn, Aufsichtsratsmitglied der Fleurop, betonte in seiner Festrede, daß der Verband von Frauen und Männern geführt werde, die neben ihrem beruflichen Wirken auch Idealisten sind.
Der Sprecher führte die Festgäste zurück in die dreißiger Jahre, als das Blumenbindergewerbe sich zur vollsten Blüte aufschwang, und erinnerte an die schwierigen ersten Nachkriegsjahre, in denen es galt, der Flora in Nürnberg wieder einen festen Platz zu verschaffen. „Was wäre die schönste, aus Trüm-mern wiedererstandene Stadt ohne Blumenschmuck?“ stellte er die rhetorische Frage.
Arthur Kuhn bekannte auch offen, daß die zunehmende Versachlichung nach der Währungsreform für die Blumenbinder ihre Vorteile hatte und hat. „Je mehr unser Land industrialisiert wird, desto mehr erinnern sich die Menschen an die Natur und ihre Blumen.“ Schirmherr Dr. Urschlechter flocht in seine Glückwünsche zum Jubiläum den Wunsch ein: „Möge es Ihnen gelingen, viele, viele Menschen miteinander zu verbinden“ – nach dem Motto: Laßt Blumen sprechen!“
Dramatisch spitzte sich das Rennen um den ersten Platz zwischen Elisabeth Anders und Gertraut Weißflog zu. Obwohl die Nürnbergerin für iher Wahlarbeit „Eis“ mit 97 Punkten die beste Tageswertung erhielt, konnte sie den beim Einzelwettbewerb "Steckschalen" erlittenen Rückstand nur noch auf einen Punkt verringern.
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