17. Februar 1965: Drei junge Tigerlein, die haben großen Spaß

17.02.2015, 07:00 Uhr
17. Februar 1965: Drei junge Tigerlein, die haben großen Spaß

© Gerardi

Suleika pflegt ihren Nachwuchs stets durch ein kleines Gitterfenster zu betrachten, während Vater Akbar, eine Hausnummer weiter beheimatet, ungerührt im Käfig liegt. Er erholt sich von einer Galleoperation. Männe ist inzwischen der neugierigste, gescheiteste, übermütigste und frechste des gelb-schwarz-weiß gestreiften Kleeblatts geworden.

Er hört auf seinen Namen, registriert aufmerksam alle Vorgänge rings umher und präsentiert sich den Besuchern in voller Lebensgröße. „Früher warst du ein zurückgebliebenes Kind, jetzt bist du das frechste“, sagt Margarete Storch ihrem Schützling, der sich wegen des hohen Lobes erst einmal auf den Rücken wirft und dann kräftig in die Schuhe der Pflegerin beißt. Denn eine Balgerei schätzt Männe über alles. Das kräftigt Knochen und Muskeln. Die scheue Schwester Lotte und der mit der gleichen Charaktereigenschaft behaftete Ali ziehen sich tagsüber meist in eine dunkle Ecke des Käfigs zurück. Nur ab und zu riskieren sie einen Blick auf das Publikum.

17. Februar 1965: Drei junge Tigerlein, die haben großen Spaß

© Gerardi

Ali verfügt darüber hinaus über eine gehörige Portion Grantigkeit. Ließ er sich noch bis vor kurzem von Margarete Storch anfassen, so schätzt er jetzt menschliche Berührung überhaupt nicht mehr. Er hat die Spritze noch nicht vergessen, die er vor einigen Tagen bekam. „Das ist ein Sauhaufen hier!“ schimpft Margarete Storch, weil Ali und Lotte keinerlei Lust verspüren, für den Photographen zu posieren. Lotte mimt Müdigkeit, läßt alle viere gerade sein und guckt ergeben und teilnahmslos zur Decke. Ali faucht und zeigt seine Zähne. Männe aber nutzt derweil seine Chance und springt spielerisch die Pflegerin an, die mit seinen Geschwistern alle Hände voll zu tun hat. Erst am Abend, wenn der letzte Besucher das Raubtierhaus verlassen hat, werden auch Ali und Lotte munter und spielen in ihren Gehegen.

Mit dem „Räuber“ Männe kommen die prächtigen, aber kleineren und weniger schlauen Gesellen nicht mit. Die Sorge von Margarete Storch gilt jetzt der weiteren Entwicklung der Drillinge. Ihnen steht noch der Zahnwechsel bevor. In einem Jahr – so erklärt die erfahrene Pflegerin – werden alle Schwierigkeiten überwunden sein. Bis dahin müssen die Jungen freilich noch tüchtig futtern. Einstweilen verzehren sie ein feines Gericht aus Herz, Leber und Kalbfleisch, das durch den Wolf gedreht wird. Außerdem gehört zum Magenfahrplan ein Süppchen aus Haferschleim, Butter und Traubenzucker. Die Knabberei an Kalbsknochen dient der Entwicklung ihrer Zähne. Vitamine ergänzen ihre Nahrung, die jener in freier Wildbahn möglichst nahe kommen soll.

Die Jungen mußten allerdings schon schlechte Erfahrungen mit den Besuchern sammeln. Margarete Storch beobachtete, daß sie schon mit Spazierstücken gereizt wurden. Obwohl an den Gitterstäben ihres Käfigs ein rotes Schild „Bitte, nicht stören!“ prangt.

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