17. Juni 1969: Umschau an ergiebigen Quellen
17.6.2019, 07:00 UhrAm Gestade der Donau – das bei Pumpversuchen geförderte Wasser wird in den Fluß geleitet – schöpften die Nürnberger klares Naß und fanden es trefflich und ganz ohne Chlor. Wenn es 1972 auch hierzulande aus den Hähnen fließt, wird die Bevölkerung sicherlich finden, daß am richtigen Ort gezapft worden ist.
Ein Fahrschul-Omnibus der VAG hatte die Besucher an Ort und Stelle gebracht, wo Dr. Urschlechter als Zweckverbandsvorsitzender bekräftigte: die zu schützenden Interessen der im Donau-Lech-Gebiet lebenden Menschen und die Interessen der an Trinkwassermangel leidenden Nordbayern würden bei dem in Kürze beginnenden wasserrechtlichen Verfahren unter einen Hut gebracht.
Professor Dr. Ipfelkofer erläuterte die Pläne, nach denen in der ersten Ausbaustufe aus der „Fassung Schönenfelder Hof“ 2.000 Liter je Sekunde gefördert, von einer Pumpstation bei Lechsend in einen Scheitelbehälter befördert und durch die Fernleitung bei natürlichem Gefälle ins fränkische Zentrum rings um Nürnberg fließen sollen. Die Kosten dafür betragen rund 210 Millionen Mark.
Bei der zweiten Ausbaustufe (bis 1985) wird als weiteres Erschließungsgebiet die „Fassung Marxheim“ dazukommen, so daß – auch mit Hilfe drucksteigernder Pumpen – Fördermenge auf 3.300 Liter in der Sekunde hinaufgeschraubt werden kann. Die Kosten dafür hat der Zweckverband mit weiteren 75 Millionen Mark veranschlagt. Kurz vor der Jahrtausendwende – um das Jahr 1993 – sollen die Fassungen „Bertoldsheim“ und „Oberndorf-Süd“ angegliedert werden, so daß am Ende 5.000 Liter in der Sekunde nach Franken gepumpt werden können – freilich nur über eine zweite Fernleitung.
Solchermaßen mit Zahlen und Terminen versehen, pilgerten die Nürnberger durch die „Fassung Schönenfelder Hof“, in der sechs Vertikalbrunnen entstehen und drei Horizontalbrunnen bereits errichtet worden sind – nichts weiter als 15 Meter tiefe, kreisrunde Stahlbetonschächte mit einem Durchmesser von fünf Metern, von denen aus sechs Rohrstränge ins Erdinnere eindringen, durchlöchert wie ein Sieb. In diesen Filterrohren läuft das Wasser aus der umliegenden Kies-Schicht zusammen und sammelt sich im Schacht.
Respektvoll blickten Oberbürgermeister und EWAG-Fachleute in die Tiefe des ersten, noch trockenen Brunnens. Mehr gab es am zweiten Brunnen zu sehen, bei dem zur Zeit der Leitungs-Pumpversuch läuft, um festzustellen, welche Wassermenge er liefern kann. Außerdem wird mit einer Höchstleistung zwischen 800 und 1.000 Liter in der Sekunde so lange gepumpt, bis im Brunnen und in der Umgebung der abgesenkte Grundwasserspiegel einen Beharrungszustand einnimmt. Diesen Leistungsproben schließt sich ein mehrmonatiger Sammel-Pumpversuch an allen Brunnen an, um schließlich festzustellen, welche Menge aus der gesamten Fassung gewonnen werden kann.
Hatten es die hohen Besucher bislang nur beim zweiten Brunnen tief drunten rauschen hören und sprudeln sehen, so konnten sie sich nach einem kurzen Fußmarsch – auch Albert Graf von Fugger schloß sich der Gruppe an – am Donau-Ufer gegenüber der Ortschaft Leitenfeld das Naß kosten. Hier mündet das Rohr, über das das Wasser aus den Pumpversuchen abgeleitet wird.
Direktor Kurt Müller betätigte sich als „Mundschenk“ und fing mit dem Maßkrug Proben aus dem meterdicken Strahl – es waren teure Schlückchen, wenn man bedenkt, daß bisher – der bevorstehende Sammelpumpversuch eingerechnet – rund 10,5 Millionen Mark in dieses Vorhaben gesteckt worden sind.
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