25. März 1971: Beim Stadionausbau noch am Ball

25.3.2021, 07:00 Uhr
25. März 1971: Beim Stadionausbau noch am Ball

© Hans Kammler

Kurz vor dem Ablauf der Meldefrist wollen die Kommunalpolitiker am 21. April sehen, ob sie den Stadtanteil in noch unbekannter Höhe in der mittelfristigen Investitionsplanung unterbringen. Oder besser gesagt: ob sie dafür andere Vorhaben hintanstellen können.

Oberbürgermeister Dr. Andreas Urschlechter hatte die Stadion-Runde im Plenum mit der Erklärung eröffnet, daß Nürnberg nicht geschlafen, sondern intensiv mit Bund, Land und Fußballbund (DFB) verhandelt habe. Später meinte das Stadtoberhaupt gar: „Erst im Januar hat der DFB seine Ansprüche zurückgeschraubt. Und jetzt haben wir schon Pläne. Das ist reine Hexerei.“ Um welche Pläne es sich handelt, erläuterte Baureferent Otto Görl. Das Düsseldorfer „Zuschauerhaus“ besteht aus einem Versorgungsturm in der Mitte und zwei 125-Meter-Flügeln übereinander gestapelte, sechs Meter breite Geschosse dienen zugleich als Zugangsrampen. Jede Loge bildet das Dach für den darunterliegenden Bereich. 17 000 Zuschauer könnten hier einen trockenen Sitzplatz finden.

Sportbetrieb wenig beeinträchtigt

Die Offenbacher Planer gehen davon aus, daß an den bestehenden Zuschauertribünen nichts verändert und die Überdachung zusammen mit einem neuen Tribünendach an der Südwestseite erfolgt. Auf diese Weise würden 18 115 überdachte Sitzplätze geschaffen werden.

Beiden Vorhaben gemeinsam ist der Vorteil, daß die Bauarbeiten den Sportbetrieb nur wenig beeinträchtigen. Außerdem wollen die beiden Planungsfirmen die Einhaltung der Baukosten garantieren. Einer Abdeckung des ganzen Stadions mit Kunststoffolie redete dagegen der Baureferent nicht das Wort. „Den Mut hätte ich nicht“, gestand Görl wegen der technischen Schwierigkeiten, die eine solche Lösung bereiten würde. Stadtrat Hans Wagner, Sportfachmann der SPD-Fraktion, erklärte als erster Sprecher die Zustimmung. „Für heute und insoweit, daß die Planungsmittel bewilligt werden“, formulierte er vorsichtig.

Es gibt zahlreiche wichtigere Projekte Verlegung des Messegeländes und zweites Krankenhaus – Prügel für den Stadtrat

Auch die CSU stimmte dem Planungsauftrag zu. Fraktionsvorsitzender Georg Holzbauer ließ jedoch keinen Zweifel daran, daß der Schulhausbau, neue Kindergärten, die Messeverlegung und das Südkrankenhaus eindeutig den Vorrang erhalten werden. Das versicherte auch Willy Prölß für die SPD und Leo Flach für die Freien Demokraten, in deren Reihen Robert Römhildt sitzt, der als einziger gegen den Planungsauftrag stimmte: Die ganze Fraktion wird am 21. April ablehnen, wenn sich an der mittelfristigen Finanz- und Investitionsplanung nichts ändert.

Das Fazit der Erklärungen: Im Rat herrscht Skepsis. Die nächsten Wochen werden die Kommunalpolitiker zwar dazu benutzen, in der Investitionsliste mit Argusaugen nach Objekten zu forschen, auf die möglicherweise verzichtet werden kann. Aussichtsreich ist dieses Unterfangen jedoch nicht. Die Entscheidung wird nicht risikoloser, zumal am 21. April der Stadtrat zwar auf Heller und Pfennig weiß, wieviel der Ausbau kostet, aber wegen der Höhe der zu erwartenden Finanzhilfe weiterhin im Dunkeln tappt. Wie den Stadtvätern im Augenblick zu Mute ist, gestanden zwei ihrer führenden Köpfe. „Wenn wir nicht beweisen können, daß wir alles Erdenkliche unternommen haben, um die Weltmeisterschaftsspiele nach Nürnberg zu bekommen, reicht auch Oropax nicht hin, um die Vorwürfe – ob gerecht oder ungerecht – zu überhören“, prophezeite Georg Holzbauer, während Willy Prölß verkündete: „Wir sind uns darüber im klaren, daß die Stadträte – wie immer sie entscheiden – Prügel bekommen.“

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