Attraktive Verkehrsräume: So steigen die Nürnberger aufs Rad um

27.2.2021, 06:00 Uhr
Nürnberger Forscher überprüfen mit Virtual Reality, unter welchen Bedingungen Menschen gerne zu Fuß gehen oder das Fahrrad nutzen. Zu sehen ist hier eine alternative Gestaltung des Frankenschnellwegs, die von Studenten der TH Nürnberg entworfen wurde. 

© TH Nürnberg, NNZ Nürnberger Forscher überprüfen mit Virtual Reality, unter welchen Bedingungen Menschen gerne zu Fuß gehen oder das Fahrrad nutzen. Zu sehen ist hier eine alternative Gestaltung des Frankenschnellwegs, die von Studenten der TH Nürnberg entworfen wurde. 

Mehr Nürnbergerinnen und Nürnberger sollen vom Auto auf umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel umsteigen. Das ist nicht nur gesünder und umweltfreundlicher, es ist auch das erklärte Ziel im kürzlich vom Stadtrat festgeschriebenen Mobilitätspakt.

Doch: der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und er ändert eingefahrene Verhaltensweisen nur, wenn die Alternative einigermaßen komfortabel und sicher ist - sowie im besten Fall das Wohlbefinden verbessert. „Es macht einen Unterschied, ob ich an einer stark befahrenen Straße oder durch ein verkehrsberuhigtes Gründerzeitviertel laufe“, sagt Harald Kipke, promovierter Ingenieur und Professor für Verkehrs- und Stadtplanung an der TH Nürnberg.

Schon seit Jahren beschäftigt er sich immer wieder mit seinen Studenten mit diesem Thema. Aber es ist schwierig, oft waren die Ergebnisse nicht eindeutig, berichtet er. Mit einer interdisziplinären Herangehensweise will die TH nun in einer eigenen Studie, bei der virtuelle Realität zum Einsatz kommt, Fragen rund um das Zufußgehen und Radfahren intensiver bearbeiten. Mit von der Partie ist Ingrid Burgstaller, Professorin für Architektur. Zudem wird das Projekt von der Fakultät Informatik unterstützt.


Alternativen für den Frankenschnellweg


Wie so etwas funktioniert? Bei der „Langen Nacht der Wissenschaft“ im Jahr 2019 sorgte eine Simulation der TH für großes Interesse. Damals konnten die Besucher mittels VR-Brillen und eines Fußgängersimulators zwei Versionen eines umgebauten Frankenschnellwegs virtuell begehen und erleben: Einmal wurde die Situation nach Plänen der Stadt simuliert, einmal Alternativlösungen der Studenten von Ingrid Burgstaller.

Die Forscher der TH Nürnberg setzen unter anderem einen Fußgängersimulator ein. 

Die Forscher der TH Nürnberg setzen unter anderem einen Fußgängersimulator ein.  © TH Nürnberg, NNZ

Jetzt setzen die Forscher erneut auf virtuelle Welten: Ein Fahrradsimulator und neuer Fußgängersimulator stehen bereits am NCT in der Fürther Straße bereit. Sie werden derzeit für die Versuche kalibriert berichtet Daniela Ullmann, Master-Ingenieurin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Intelligente Verkehrsplanung. Spätestens im Herbst sollen dann Benutzerstudien beginnen: Freiwillige durchlaufen oder durchradeln einen virtuell erzeugten Straßenzug unter verschiedenen Bedingungen. Im Anschluss halten die Versuchsteilnehmer ihre Wahrnehmungen und Empfindungen auf Fragebögen fest.

Zum Einsatz kommen soll auch Eye-Tracking. Damit kann überprüft werden, welche Punkte fixiert werden und somit ausschlaggebend bei der Orientierung und Wahrnehmung im urbanen Raum sind. Außerdem wollen die Forscher mittels Gehirn-Computer-Schnittstellen Gehirnströme und Stress messen. Gefragt wird etwa, wie sicher man sich gefühlt hat und wie attraktiv das städtebauliche Umfeld bewertet wird. Die Ergebnisse können unter anderem für Stadt- und Verkehrsplaner von Kommunen wichtig sein, berichten die Forscher. „Mit ihnen können sie schon vor einem Umbau verschiedene Szenarien durchspielen und relativ einfach die Bürgerschaft beteiligen“, sagt Harald Kipke.

Vorteile des Laborversuchs im Gegensatz zu einer Nutzerbefragung vor Ort liegen laut Daniela Ullman auf der Hand: „Man hat immer gleiche Bedingungen: Auf ein und demselben Straßenabschnitt können gezielt einzelne Parameter variiert werden: So wird beispielsweise überprüft, welchen Einfluss die Infrastruktur hat, wie sich Vegetation, Verkehrsstärke, Beleuchtung oder Fassadengestaltung auf das subjektive Sicherheitsempfinden und die Attraktivität im Stadtraum auswirken“, erklärt Ullmann.

Bei einer Befragung vor Ort wirken zu viele bauliche und verkehrliche Gegebenheiten sowie Umwelteinflüsse auf die Untersuchungsergebnisse ein, die nicht beeinflusst werden können und zufällig sind wie etwa ein Regenschauer oder ein abgestellter Lieferwagen auf dem Radweg. Damit sind Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nur schwer möglich.

Ergebnisse gibt es Ende des Jahres

Das Projekt „Mit Virtual Reality zur Fußgänger- und Radverkehrsförderung“ ist auf ein Jahr angelegt. „Wenn es durch Corona keine größeren Verzögerungen gibt, wollen wir Ende des Jahres Ergebnisse vorlegen, sagt Daniela Ullmann.

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