Wer holt das Direktmandat?

Bundestagswahl: Darum blickt ganz Deutschland auf den Nürnberger Norden

Elke Graßer-Reitzner und Marco Puschner

Politikredaktion und Rechercheteam

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26.8.2021, 19:08 Uhr
Söders Männer für Nürnberg: Michael Frieser (links) und Sebastian Brehm (Mitte) wollen ihre Direktmandate für die CSU in den Wahlkreisen Süd und Nord verteidigen. Doch wird das gelingen?

© Sven Heublein/CSU Söders Männer für Nürnberg: Michael Frieser (links) und Sebastian Brehm (Mitte) wollen ihre Direktmandate für die CSU in den Wahlkreisen Süd und Nord verteidigen. Doch wird das gelingen?

Nachrichtenagenturen interessieren sich plötzlich stark für die Stadt, Fernsehteams sind unterwegs, jetzt befragten Reporter der ARD-Tagesthemen den Chefredakteur unseres Medienhauses: Alle wollen wissen, ob in Nürnberg die Sensation denkbar ist und das Direktmandat bei der Bundestagswahl an die Kandidatin von den Grünen gehen könnte.

Es wackelt bedenklich

Seit der Bundestagswahl im Jahr 2002 hat die CSU beständig beide Nürnberger Wahlkreise Nord und Süd gewonnen. Doch nun wackelt der Norden bedenklich. Das Portal election.de, das im Juli noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Mandatsverteidiger Sebastian Brehm von den Christsozialen und der Herausforderin Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen) prognostiziert hatte, sieht derzeit Ganserer mit 52 zu 35 Prozentpunkten vor dem CSU-Bewerber.

Gabriela Heinrich von der SPD macht Wahlkampf in Nürnbergs Norden.

Gabriela Heinrich von der SPD macht Wahlkampf in Nürnbergs Norden. © Stefan Hippel, NNZ

Die Grünen-Kandidatin sitzt bislang im bayerischen Landtag und will nun nach Berlin wechseln. Ihr Outing im November 2018 als Transgender-Frau hat sie bundesweit publik gemacht. Gelingt ihr der Coup, könnte sie das erste Direktmandat für die Grünen in Bayern erobern.

Wobei die genannten Werte bei election.de nicht für Stimmenanteile stehen, sondern für die Wahrscheinlichkeit, dass die jeweilige Partei den Wahlkreis gewinnt. Die SPD liegt hier nur 13 Prozent.

Tessa Ganserer will vom Landtag in den Bundestag. Gelingt ihr in Nürnberg der große Wurf und wird sie das Direktmandat der CSU abnehmen? 

Tessa Ganserer will vom Landtag in den Bundestag. Gelingt ihr in Nürnberg der große Wurf und wird sie das Direktmandat der CSU abnehmen?  © Christian Hilgert, NN

Chancenlos scheint Gabriela Heinrich von den Sozialdemokraten aber dennoch nicht zu sein, denn sonst würde election.de die Kandidatin der Genossen gar nicht mehr aufführen.

In vielen anderen bayerischen Wahlkreisen taucht auf dieser Plattform zum Beispiel oft nur eine Partei auf, nämlich die CSU, die mit 100 Prozent Zustimmung gelistet wird. Das heißt, der Wahlkreis würde zum jetzigen Zeitpunkt ganz klar an die CSU-Kandidaten gehen.

Glaubt man den Forschern von election.de, hat der Wähler übrigens auch keinerlei Interesse, den 73-jährigen Gregor Gysi in den politischen Ruhestand zu schicken: Die Ikone der Linken steht derzeit in Berlin-Treptow ebenfalls konkurrenzlos bei 100 Prozent...

Doch zurück nach Franken: Im Wahlkreis Nürnberg-Süd/Schwabach können die Konservativen ruhiger schlafen als ihre Kollegen im Norden. Michael Frieser (CSU) liegt mit 83 Prozent klar vor den Bewerbern von SPD (16) und Grünen (1).

Karten rot eingefärbt

Das Markt- und Sozialforschungsinstitut Insa-Consulere, dem eine konservative Ausrichtung und eine Nähe zur AfD nachgesagt wird, nachdem sein Geschäftsführer die Thüringer AfD-Landtagsfraktion um Björn Höcke länger beraten hatte, hat nach seiner jüngsten Erhebung am 23. August beide Wahlkreise rot eingefärbt.

Viele Bürgerinnen und Bürger werden schon in den nächsten Tagen ihre Briefwahlunterlagen abschicken. Lässt sich ein Trend ausmachen, wie sich Briefwähler schon ein paar Wochen vor dem Wahltag entscheiden?

Viele Bürgerinnen und Bürger werden schon in den nächsten Tagen ihre Briefwahlunterlagen abschicken. Lässt sich ein Trend ausmachen, wie sich Briefwähler schon ein paar Wochen vor dem Wahltag entscheiden? © Fotostand / K. Schmitt via www.imago-images.de, imago images/Fotostand

Dabei wurde das Ergebnis der "Sonntagsfrage" (Wen würden Sie wählen, wenn am kommenden Sonntag Wahl wäre?") auf die Wahlkreise umgerechnet. Zu diesem Zeitpunkt lagen nach der Insa-Umfrage CDU/CSU und SPD mit 23 Prozent gleichauf, die Grünen kamen auf 17 Prozent.

Pfiffige Wahlwerbung, wie hier in Berlin, soll die Menschen mobilisieren.

Pfiffige Wahlwerbung, wie hier in Berlin, soll die Menschen mobilisieren. © imago images/Stefan Zeitz

Mit mehr als drei Prozentpunkten an Vorsprung hätte zu diesem Zeitpunkt SPD-Kandidatin Gabriela Heinrich den Nürnberger Norden erobert, ihr Parteigenosse Thomas Grämmer den Süden der Stadt.

Die Berliner Internet-Plattform wahlkreisprognose.de, deren Macher bundesweite Analysen fertigen, aber auch kleinste Räume untersuchen, legen sich dagegen im Nürnberger Norden nicht fest. "To close to call", zu eng ist das Rennen, um eine gesicherte Aussage zu treffen, heißt es da.

Jedoch werden hier Sebastian Brehm die größeren Chancen auf einen Sieg eingeräumt, die SPD liegt vor den Grünen. Auch im Süden ist nach Angaben von wahlkreisprognose.de das Rennen für den CSU-Bundestagsabgeordneten Frieser noch nicht gelaufen, doch auch hier sehen die Trendforscher ihn deutlich vorne. Der Rechtsanwalt konnte den Wahlkreis seit 2009 dreimal für die Konservativen gewinnen.

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