Gefährliche Stoffe: Nürnberg hat ein Sperrmüll-Problem
9.8.2020, 05:51 UhrDie Bilder aus dem Mai gleichen Autobahnen am ersten Ferienwochenende. Stoßstange an Stoßstange stehen die Autos Mitte Mai. Aber nicht um in den Urlaub zu fahren, sondern um ihren Müll wegzubringen. Die Schlangen vor den Wertstoffhöfen in Nürnberg sind im Frühsommer lang — und auch im August sind sie es ab und zu noch, je nach Wochentag. Etliche entrümpeln auch infolge der Corona-Krise ihre Keller und Dachböden, zu Hause aber soll sich der Müll nicht stapeln.
Das Problem: Lange Zeit musste die Stadt sämtliche Anfragen für Sperrmüll ablehnen. Dabei darf jeder Nürnberger einmal pro Jahr Bettgestelle, Kisten, Schreibtische, Sessel, alte Fernseher und mehr abholen lassen. Kostenlos. Wie berichtet, ist das inzwischen wieder möglich. Trotzdem gilt auch hier: warten. "Aktuell muss mit einer Wartezeit bis zur Abholung von vier bis sechs Wochen gerechnet werden", weiß Michael Rösch vom Abfallwirtschaftsbetrieb der Stadt (ASN). Eine Flut an Anfragen gebe es aber nicht.
"Neue Dimension": Müllproblem in Nürnberg nimmt deutlich zu
Leider auch, weil manche die Geduld nicht aufbringen wollen, weiß Christian Vogel. Denn immer öfter wird der Abfall — vom Sperr- bis zum Restmüll — wild abgelegt. "Jeden Tag fährt ein Team des ASN Standorte ab, wo es solche wilden Ablagerungen gibt", sagt der Dritte Bürgermeister. "Und in den Grünflächen und im Wald macht das der Servicebetrieb Öffentlicher Raum."
Kein Kavaliersdelikt
Vogel, Erster Werkleiter von Sör, ist entsetzt, welche Ausmaße dieses Problem inzwischen annimmt: 724 Tonnen wild entsorgten Müll hat die Stadt 2019 eingesammelt. Und seit kurzem hat sich ein neuer Anlaufpunkt gebildet. In einer Grünfläche am Waldrand in der Alten Wallensteinstraße in Großreuth bei Schweinau wird ständig Abfall abgelegt, Haus- und auch Sperrmüll. So weit, so schlimm. "Jetzt aber wurden dort große Mengen Bauschutt und auch Ölkanister abgelegt", ärgert sich Vogel. "Das ist ein erheblicher Verstoß gegen das Umweltrecht."
Die Stadt hat inzwischen Anzeige erstattet. Sie hofft auch auf Hilfe aus der Bevölkerung, ob Anwohner oder Passanten dort jemanden gesehen haben, der dort die Schadstoffe abgelegt hat. "Vielleicht erkennt auch jemand die Kannister", spekuliert Vogel. Denn die Verantwortlichen "müssen gefunden und bestraft werden", findet er. "Hier will sich einer nicht nur die Kosten der Entsorgung sparen, sondern nimmt dafür auch noch eine Umweltschädigung billigend in Kauf." Zum Beispiel eine Verschmutzung des Grundwassers. Solche Ausmaße seien kein Kavaliersdelikt mehr, sondern eine Straftat.
Mit dem Beispiel will Christian Vogel das Abstellen von nicht so gefährlichen Sperrmüll aber nicht verharmlosen. Der sammelt sich häufig rund um Glas- und Altkleidercontainer. Leider fehle den Menschen dabei oft das Unrechtsbewusstsein. "Da wird regelmäßig geglaubt, dass das regelrechte Sammelstellen sind — was natürlich völlig falsch ist." Das Ablegen von Sperrmüll an Glascontainern ist untersagt und verboten.
Ermitteln bald Detektive?
Da sich die Situation in den Wertstoffhöfen, wie Vogel noch einmal betont, "in jedem Fall entspannt" hat, hofft er auf weniger wilde Ablagerungen. Denn die seien nicht nur nicht schön und mitunter gefährlich, "sondern sie erzeugen nicht unerheblich Kosten". Anfang des Jahres hat die SPD um Christian Vogel deshalb die Idee der Mülldetektive aufgegriffen, wie sie in anderen Bundesländern, zum Beispiel Nordrhein-Westfalen, bereits unterwegs sind. Diese haben die Aufgabe, bei wildem Müll nach Hinweisen auf mögliche Übeltäter zu suchen. "Unser Wunsch an der Freistaat ist aber noch völlig offen."
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