Mitarbeiter in Nürnberg ausgespäht: Bußgeldverfahren gegen H&M

26.1.2020, 14:17 Uhr
Von den Mitarbeitern einer Nürnberger H&M-Filiale wurden detaillierte und systematische Aufzeichnungen angefertigt - von ihren Vorgesetzten.

© Marijan Murat, dpa Von den Mitarbeitern einer Nürnberger H&M-Filiale wurden detaillierte und systematische Aufzeichnungen angefertigt - von ihren Vorgesetzten.

Wie die FAZ berichtet, habe sich der Ausforschungsverdacht gegen das schwedische Unternehmen erhärtet. Die Behörde hatte zuvor Festplatten mit rund 60 Gigabyte Datenmaterial ausgewertet, was "umfassende Aufzeichnungen über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" zutage gefördert habe. Laut dem am deutschen Firmensitz des Unternehmens ansässigen Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Johannes Casper, enthalten die Daten "detaillierte und systematische Aufzeichnungen von Vorgesetzten über ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer". Es handelt sich dabei auch um Gesundheitsdaten der Betroffenen, von der Blasenschwäche bis zur Krebserkrankung, sowie um Daten von Personen aus deren sozialen Umfeld wie etwa familiäre Streitigkeiten, Todesfälle oder Urlaubserlebnisse." Einen derartig gravierenden Verstoß habe man lange nicht mehr gesehen, so Casper. Der Umfang der Ausforschungen sei "in den letzten Jahren ohne vergleichbares Beispiel".

Betroffene können sich melden

Aufgeflogen war die Spitzel-Affäre, nachdem Mitarbeiter des Kundencenters in der Beuthener Straße, die für Betellungen und Reklamationen von deutschen und österreichischen Kunden zuständig sind, im internen IT-System offen zugängliche Ordner mit dem besagtem vertraulichen Material entdeckt hatten. Wie eine Betroffene unserer Redaktion gegenüber kurz nach dem Auffliegen des Skandals im Dezember sagte, hätten die meisten das Klima bei dem schwedischen Modekonzern stets als familiär empfunden. So sei es normal gewesen, dass es nach wenigen Tagen Urlaub oder Krankheit mit dem Vorgesetzten ein "Welcome-back-Gespräch" gegeben hätte. Als nun herauskam, dass Details daraus gespeichert worden sind, habe sie sich "verarscht gefühlt". Die Aufzeichnungen hätten gezeigt, dass man buchstäblich auf Schritt und Tritt überwacht worden sei. Jede Verspätung, vermeintlich zu lange Toilettengänge, privat Gesprochenes: Vieles finde sich in den seit Jahren geführten Protokollen.


Nach Bespitzelung bei H&M: Jetzt sprechen Mitarbeiter


Auch die Gewerkschaft Verdi empören die Vorgänge: "In der Massivität, dass wohl die ganze Belegschaft des Callcenters ausgehorcht worden ist, ist der Fall ungewöhnlich. Gleichwohl zeigt sich darin auch ein Trend, wie zum Teil mit Beschäftigten in der Textilbranche umgegangen wird."

H&M teilte mit, den Vorfall sehr ernst zu nehmen, außerdem bedaure man ihn aufrichtig. Zur Höhe einer etwaigen Strafe äußerte sich die zuständige Behörde nicht. Theoretisch, so die FAZ, könne die Behörde eine Buße von bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes verhängen. Allerdings werde berücksichtigt, ob es sich um einen konzernweiten oder örtlich begrenzten Verstoß handle.


HINWEIS: Betroffene können sich – auch vertraulich - an die zuständige Hamburger Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit (mailbox@datenschutz.hamburg.de) und/oder unsere Redaktion wenden (nn-politik-wirtschaft@pressenetz.de)

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