Afrika-Hilfe aus Nürnberg
Rettungswagen und Schulneubau: So engagiert sich "Fi Bassar" in Togo
29.9.2021, 12:40 UhrAls in Nürnberg die ersten Menschen an Covid-19 starben, kam in Rali Guemedji Panik auf. Sie dachte an ihr Heimatland. Die Krankenschwester, die auf einer Intensivstation des Nordklinikums arbeitet, stammt aus Togo. Seit 2012 unterstützt sie mit ihrem Verein Fi Bassar ("Rettet Bassar") von Nürnberg aus dort vor allem das Krankenhaus der Stadt Bassar.
Eine Klinik mit nur einem einzigen studierten Arzt. Wasserversorgung gibt es dort erst seit drei Jahren. An Beatmungsgeräte ist nicht einmal zu denken. Doch dann: Erleichterung. Bis jetzt ist Togo von Corona wenig betroffen. Das Krankenhaus von Bassar verzeichnet nur vereinzelt Fälle, erzählt Rali Guemedji.
"Die Bevölkerung ist jung, hält sich viel im Freien auf. Und unser Immunsystem hat wahrscheinlich einfach mehr Erfahrung mit Infektionskrankheiten." Die Leute verhielten sich diszipliniert, trügen in der Öffentlichkeit Alltagsmasken. Und mit Hilfe wiederkehrender Schulungsmaßnahmen der Nürnberger habe das Krankenhaus einen Hygienesprung geschafft. "Sie wissen dort, wie streng ich bei der Hygiene bin", sagt die Pflegekraft mit dem gewinnenden Lachen.
Dosierungsfragen per "Zoom"
Mit sieben Mitstreitern – Ärzte, Schwestern und ein Apotheker, überwiegend aus dem Klinikum – ist sie zuletzt Ende 2019 nach Bassar gereist. Bei ihren Besuchen operieren die deutschen Experten immer kostenlos Patienten und trainieren die Klinik-Belegschaft. Besonders in der Geburtshilfe herrscht riesiger Bedarf; mangels Ausstattung, durch Fehldiagnosen und weil viele Bürger die Krankenhausbehandlung nicht bezahlen können, verlaufen immer noch zu viele Entbindungen tödlich.
Damals war gerade der von der Deutschen Botschaft finanzierte Gästetrakt für Angehörige fertig geworden – bis dahin hatten diese auf dem Gelände kampiert, ohne Sanitäranlagen und Kochgelegenheit.
Rettungswagen aus Bayern rollt durch Togo
Trotz der kontrollierten Lage vor Ort hat der Nürnberger Verein auf die Pandemie reagiert. Er ließ vor Ort Lebensmittelpakete für Bedürftige packen, verschickte Tausende Atemschutzmasken, Corona-Schnelltests und Handschuhe im vergangenen Herbst und in diesem Frühjahr an das Partnerkrankenhaus. Dazu zehn Sauerstoff-Konzentratoren für die Atemunterstützung, die eine Nürnberger Medizintechnikfirma zum symbolischen Preis gestiftet hatte.
Neueste Lieferung: Ein ausgemusterter Krankenwagen aus der Oberpfalz hat gerade seine Reise im Container nach Bassar angetreten. Mitarbeiter des Klinikums haben privat dafür gespendet. Es klinge seltsam, sagt Rali Guemedji, aber in Westafrika sei ein modernes Krankenfahrzeug nirgends aufzutreiben, und wenn, dann überteuert.
Das Nürnberger Klinikum arbeitet seit 2017 im Klinikpartnerschaften-Programm des Bundesentwicklungsministeriums mit dem togolesischen Krankenhaus zusammen. Es erhält Fördergelder dafür, steuert Arbeitszeit und Sachspenden bei.
Ob Hilfsprojekte die Brüche der Corona-Zeit überstehen, hängt also nicht primär von der geografischen Entfernung ab. "Bei uns ist seitdem sehr viel gelaufen, das macht mich so glücklich", freut sich Rali Guemedji. Das gelinge freilich nur, weil sie als Togoerin ein Netzwerk ehrenamtlicher Vertrauter vor Ort nutzen könne, sagt sie. "Auch der Präfekt von Bassar steht voll hinter uns."
Nürnberger bauen Berufsschule
Das Nürnberger Institut für Nachhaltigkeit und befreundete Vereine wie "Apotheker helfen" aus München helfen mit, ob mit Spenden, Wissen oder Kontakten. An ihrem wöchentlichen Bassar-Arbeitstag in ihrem Büro im Nordklinikum steht Guemedjis Handy nicht still. Nach dem Interview sieht sie am Abend einer Videokonferenz entgegen: Mit dem Klinikpartnerschafts-Leiter und Anästhesisten Franz Köhler sowie Klinikums-Apotheker Matthias Horner will sie Mitarbeitern des "Hôpital de Bassar" Wissen über Medikamentendosierung bei Kindern vermitteln. In Deutschland hat man Software wie "Zoom" während der Lockdowns zur digitalen Begegnung entdeckt – warum sie nicht öfter zwischen Kontinenten nutzen?