Vom Quelle-Areal ins Heizhaus: Ein langer Weg für die Künstler
13.7.2016, 06:00 UhrEinen Lappen in der Hand statt der Gitarre: Bevor die Band "Code Canary" endlich mit der Musik loslegen kann, müssen ihre Mitglieder in ihrem künftigen Proberaum erst einmal die Arbeitsfähigkeit herstellen. "An den Wänden hier ist uralter Staub. Das muss alles weg", erläutert Alex Schalja.
Er und seine Bandkollegen haben hier schon viele Stunden verbracht. Wenn der Schmutz dann endlich weg ist, wollen sie den Raum noch streichen und entsprechend ausstatten, um darin proben zu können. So wie ihnen geht es allerdings allen im ehemaligen Heizhaus der Quelle: Künstler, Musiker, Designer, Handwerker wollen das Gebäude mit seinen 2000 Quadratmetern in ein kreatives Biotop verwandeln.
Hinter ihnen steht das Quellkollektiv. Lange kämpfte der Verein für den Verbleib im Quelle-Gebäude, dann für eine Alternative dazu. Die wurde mit dem Heizhaus gefunden: Der Verein hat im Februar dieses Jahres den Mietvertrag für das zweistöckige Haus mit dem portugiesischen Investor Sonae Sierra unterzeichnet, dem das Quelle-Areal gehört.
Doch so richtig loslegen können die Mieter immer noch nicht. Wie die Band "Code Canary" müssen nun alle erst einmal Ausdauer und handwerkliches Geschick beweisen. Außerdem: Im Gebäude muss noch einiges getan werden, um die Brandschutz-Auflagen zu erfüllen. "Wir haben im Mai die Pläne bei der Stadt eingereicht", sagt Hannes Hümmer.
Er ist Vorsitzender des Quellkollektivs und blickt zusammen mit anderen Gleichgesinnten auf eine sehr arbeitsintensive Zeit zurück: "Seit Oktober 2015 waren wir ununterbrochen damit beschäftigt, Raumpläne zu machen und Anträge zu stellen." Dies kostete viel Zeit und Kraft, so Hümmer. "Die Beziehung zur Stadt ist gut. Aber wir kämpfen immer wieder mit der Frage: Wer ist dort verantwortlich für uns?"
Dem Verein läuft die Zeit davon
Sobald die Stadt grünes Licht gibt, macht sich der Verein daran, alle notwendigen Umbaumaßnahmen umzusetzen. Hümmer rechnet mit etwa 20 000 Euro, die dafür aufzubringen sind. Der kleine Puffer in der Vereinskasse wird nicht reichen, um alle Kosten zu decken. Das Quellkollektiv hofft, durch Förderungen die Summe aufzubringen, will aber auch selbst Hand anlegen.
"Was geht, machen wir in Eigenleistung", sagt Hümmer. Ihm bereitet etwas anderes mehr Sorgen: "Unser Hauptproblem ist die Zeit. Unsere Leute stehen in der Warteschlange und können nicht arbeiten." Für die Zwischenzeit müssen sich viele etwas einfallen lassen oder vom Ersparten leben. Hümmer: "Wir wollen im Sommer mit den Baumaßnahmen beginnen und im Herbst eröffnen."
Was Sonae Sierra mit dem Quelle-Komplex macht, ist noch nicht ganz klar. Der Verein kann also erst einmal nur für die kommenden zwei Jahre planen und hat sich für diese Zeit einiges vorgenommen. In einem großen Raum im Erdgeschoss, den gelbe Quelle-Spinde als Theke zieren und in dem sich das Quellkollektiv trifft, sollen Ausstellungen stattfinden. Die großen Rolltore öffnen, daraus ein Café auf Rädern herausrollen und die Bewohner des Stadtteils Muggenhof willkommen heißen – auch für so etwas würde das Quellkollektiv den Raum, die ehemalige Garage, gerne nutzen. "Wir wollen uns nach außen öffnen", betont Hümmer.
Möglichkeiten für interessierte Bürger
Diesem Ziel soll ebenso die große Werkstatt dienen, die gerade im Entstehen ist. Hier werden Handwerker und Künstler allein oder auch zusammen arbeiten. Aber auch Kinder und Jugendliche sowie interessierte Bürger sollen die Möglichkeit bekommen, in Workshops oder eben auch allein zu werkeln, erzählt Hümmer. Die Vereinsmitglieder sollen dabei den Bürgern bei ihren Aktivitäten in der Werkstatt als Ansprechpartner zur Seite stehen. Das Quellkollektiv, so erklärt es Hümmer, lege Wert auf das Engagement der Kreativen für und im Heizhaus: "Jeder soll sich einbringen. Es ist ein gemeinschaftliches Projekt."
Unterstützung für ihre Vorhaben erwarten die Kulturschaffenden auch von der Stadt Nürnberg. Schließlich würde die Stadt von einem Projekt wie dem Heizhaus profitieren, ist Hümmer überzeugt: "Wenn es keine Räume für Kreative gibt, dann ziehen Künstler in andere Städte. Nürnberg verliert dadurch an seiner Attraktivität." Dabei ist für das Quellkollektiv auch klar: "Wir wollen nicht am Tropf der Stadt hängen, sondern autark bleiben."
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