Kasten für fünf Euro: Warsteiner-Aktion verärgert fränkische Brauer

7.10.2020, 14:29 Uhr
Die Privatbrauerei Warsteiner aus dem Sauerland sorgt mit einer Verkaufsaktionen in Supermärkten von fünf Euro für den Kasten Bier für Unmut in der heimischen Branche.

© Foto: Ralf Münch Die Privatbrauerei Warsteiner aus dem Sauerland sorgt mit einer Verkaufsaktionen in Supermärkten von fünf Euro für den Kasten Bier für Unmut in der heimischen Branche.

Ein heftiger Preiskampf ist um die sogenannten Fernsehbiere in den Supermärkten entbrannt. In den Verkaufsprospekten wird der Kasten Beck‘s mit 43 Prozent Rabatt für neun Euro angeboten. Warsteiner legt noch eine Schippe drauf: Wer zwei Kästen Premium Pils für jeweils zehn Euro kauft, bekommt einen Kasten geschenkt. Damit kostet die Kiste Markenbier nur noch fünf Euro – ein absoluter Tiefstpreis. Die heimischen Brauer schäumen.

Dieses Sonderangebot gilt allerdings nur an einem bestimmten Montag und Dienstag. Der Käufer zahlt zunächst für zwei Kästen 20 Euro und kann dann auf der Warsteiner-Homepage den Kassenbon hochladen. Daraufhin bekommt er das Geld für einen Kasten ohne Pfand erstattet.

Rückläufiger Absatz

Die neuen Tiefstpreise setzen die heimischen Brauer weiter unter Druck. Viele Volksfeste sind ohnehin abgesagt, Biergärten zu: Vor allem die kleinen Brauereien klagten im Frühjahr 2020 aufgrund der Corona-Maßnahmen über Absatzeinbrüche und den Preisdruck durch die Industrie.

Zudem ist der Bierabsatz in Deutschland im ersten Halbjahr 2020 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 6,6 Prozent beziehungsweise 302,5 Millionen Liter gesunken. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, haben die in Deutschland ansässigen Brauereien und Bierlager im ersten Halbjahr 2020 rund 4,3 Milliarden Liter Bier abgesetzt.


Bier selbst brauen: Ein Haufen Arbeit und eine Menge Spaß


Gisela Meinel-Hansen von der Meinel-Bräu in Hof ist Geschäftsführender Vorstand von Bierland Oberfranken. Dem Verein gehören mehr als 180 Brauereien und 120 Fördermitglieder an. Ziel des Vereins ist es, die weltweit einmalige Bierkultur und Biervielfalt Oberfrankens zu bewahren und bekannt zu machen. "Die Situation auf dem Biermarkt hat sich im Sommer wieder etwas beruhigt", berichtet die 33-jährige Braumeisterin.

Warsteiner sei nicht die einzige große Brauerei, die die Preise drückt. Sonderangebote würden häufig vom Lebensmitteleinzelhandel kalkuliert. Die Mitgliedsbrauereien des Vereins Bierland Oberfranken hätten durch die Corona-Krise durchschnittlich zweistellige Absatzeinbußen erlitten. "Der aktuelle Niedrigpreis von fünf Euro für den Kasten Markenbier wirkt sich auf die gesamte Branche aus", fürchtet Meinel-Hansen. Der Trend zu Billigbieren könnte sich verstärken.

Große Brauereien seien durch Corona extrem unter Druck geraten, "sie brauchen Ausstoß und Umsatz, um ihre Kostenstruktur zu halten". Die Großen könnten viel günstiger produzieren als der Mittelstand. "Das Bier wird verramscht", sagt die Expertin zum Sonderpreis. "Das ist ganz schlimm für uns", fügt sie hinzu. Die Bierpreise in Oberfranken seien ohnehin "traumhaft".

Meinel verkauft den Kasten Pilsner für 13,99 Euro ab Brauerei. Die regionalen Brauereien würden heimische Rohstoffe verwenden, seien Handwerksbetriebe. Der Preis müsste eigentlich bei 16 Euro für den Kasten liegen, bekräftigt sie. Die Oberbayern verlangten bereits bis zu 18 Euro. "Man muss von seiner Arbeit auch leben können", fasst die Braumeisterin zusammen. Der aktuelle Billigpreis sei in der Branche ein Thema, "die Leute fragen schon". Als Privatbrauerin versuche sie, die Kunden aufzuklären, warum das heimische Bier mehr kostet.

"Ich würde mein Bier lieber selber trinken, bevor es für fünf Euro pro Kasten verkauft wird", meint Johannes Hacker von der Becher-Bräu in Bayreuth augenzwinkernd. Jeder wolle doch einen angemessenen Lohn für seine Arbeit. Dabei seien die Bierpreise in Franken doch noch "relativ human". Er verstehe nicht, dass der Preis so stark gedrückt werde. Fünf Euro pro Kasten sei nicht kostendeckend. Hacker verlangt für den Kasten Kräußen-Pils 13,50 Euro.

"Massive Wertvernichtung"

Von einer "massiven Wertvernichtung" spricht Georg Rittmayer, der Präsident der Privaten Brauereien in Bayern. Für fünf Euro werde der Kasten Bier quasi verschenkt. Das Bier werde im Sauerland gebraut und dann quer durch Deutschland gefahren. Rechne man dann noch die Mehrwertsteuer und die Biersteuer ein, dann liege der Kastenpreis unter dem Herstellungspreis, vermutet Rittmayer. Er ist Inhaber der gleichnamigen Brauerei in Hallerndorf im Landkreis Forchheim.

Natürlich wirke sich das auf die Branche aus. Die Leute dächten, dass sich die Handwerksbrauereien mit Preisen von 15 bis 16 Euro für den Kasten eine goldene Nase verdienten. Rittmayer sieht in dem Tiefstpreis einen massiven Angriff auf den Mittelstand und die kleinen Brauereien. Dies bedeute einen weiteren Verdrängungswettbewerb. "Das sind böse Machenschaften", klagt er.


Tausende Liter Bier werden schlecht: Krise bei fränkischen Brauern


Unsere Zeitung hat auch die Brauerei Maisel in Bayreuth und die Kulmbacher Brauerei um eine Stellungnahme zum Kastenpreis von fünf Euro gebeten. Maisel möchte sich nicht zur Preisstellung ihrer Marktbegleiter äußern, eine Antwort der Kulmbacher Brauerei blieb bislang aus.

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