"Teilweise erbärmlich": Im Rother Stadtrat fliegen die Fetzen
19.2.2020, 15:08 UhrEr hatte es schon angekündigt: Sanft oder auch rabiat werde er den Finger in Wunde legen, hatte Bartholl seinem Bericht vorangestellt. Was folgte, war zunächst eine umfangreiche Liste von Themen und Projekten, die direkt oder indirekt mit dem Stadtmarketing zu tun haben und die bereits laufen oder in Gang gesetzt werden. Außerdem ging er darauf ein, an welcher Stelle noch mehr zu tun sei.
Mit dem Finger zeigte er dann auf mehrere "Wunden": Die externe Kommunikation müsse optimiert werden. Dabei sei zu überlegen, ob man mit "Voll auf Draht" wirklich noch richtig liege. Freilich hätten die Bürger auch eine Holschuld, trotzdem müsse die Stadt überlegen: "Wie können wir dafür sorgen, dass die Bürger gut informiert werden?" Das Image und die Außenwahrnehmung von Stadtverwaltung und Stadtrat seien aufgrund der verbesserungswürdigen Kommunikation nicht optimal.
Wunsch: Schneller entscheiden
In Richtung Stadtrat beklagte er: "Ich finde es traurig, dass persönliche Grabenkämpfe stattfinden." Viele meinten: "Roth fängt viel an, bringt aber nix zu Ende." Dieser Meinung schloss er sich anscheinend an mit dem Satz: "Wenn über ein Hallenbad 20 Jahre diskutiert wird, ist das für mich nicht nachvollziehbar." Statt dessen wünsche er sich, dass weniger diskutiert und schneller entschieden werde.
Die Einstellung der Bürger gegenüber ihrer Stadt sei verbesserungswürdig, Bartholl nannte sie "teilweise erbärmlich". Ergo: "An die Imagearbeit der Stadt müssen wir definitiv ran." "Bedauerlich" finde er auch die Beteiligung ortsansässiger Firmen und Unternehmen als Sponsoren. Der größte Betrag für die Bluestage liege bei 5000 Euro. Die Frequenz in der Innenstadt fehle immer noch, Aufrufe seien leider ungehört verhallt.
Wie können Kennzahlen messbar gemacht werden? Dafür fehle die Steuerung. Er kritisierte Uneinigkeit im Einzelhandel, die fehlende Verbindung zwischen Marktplatz und Kugelbühl, Leerstandsmanagement und Problemimmobilien. Unzureichend seien die Kapazitäten der Verwaltung für die Pressearbeit und Social Media. Und dass der Stadtrat um eine 16-Stunden-Pressestelle noch feilsche, "das sorgt bei mir für Unverständnis".
Erst bei seinem Fazit wurde der Stadtmarketingbeauftragte wieder versöhnlicher: Man habe einiges bewegt, der Kontakt zum Gewerbe sei intensiv und positiv, eine Aufbruchstimmung sei spürbar. "Hopfen und Malz sind noch nicht verloren." Aber die negative Einstellung der Bürger zu ihrer Stadt sei eine offene Baustelle, und die Umsetzungsgeschwindigkeit solle erhöht werden.
"Wir können nicht alles machen"
Sven Ehrhardt (SPD) wartete nicht lange mit seiner Antwort: Dass er sich um das Image der Stadträte sorge, "das ehrt Sie", aber Bartholl solle sich doch bitte mehr auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Kritik in dieser Form "steht Ihnen nicht zu", und es sei zu fragen, "ob das in öffentlicher Sitzung sein muss". "Anmaßend" nannte auch Daniel Matulla (CSU) die Art des Vortrags. "Was legitimiert einen städtischen Mitarbeiter, dem Stadtrat zu erklären, wofür er sich einsetzen soll?"
Die Rollenverteilung sei, so Matulla, "eigentlich andersrum". Und zu dem Strauß an Wünschen, den Bartholl präsentiert habe, sei anzumerken: "Wir können nicht alles machen." Wenn die Stadt ein Hallenbad baue, "muss an anderer Stelle gestrichen werden". Dass das Stadtmarketing doch als Stabsstelle direkt unter dem Bürgermeister rangiere, daran erinnerte Siegfried Schwab (Wählergemeinschaft). Also müsste von dort doch auch die genaue Aufgabenstellung kommen. Die Allzuständigkeit Bartholls jedenfalls von Inklusion über Social Media bis zum Klima sei schon überraschend. Vielleicht solle er sich auf einige Themen konzentrieren. Außerdem sei in Roth nicht alles so schlecht, "bloß weil die Franken nicht dauernd hurra und helau schreien".
Richard Radle (Grüne) fand es sogar "richtig ärgerlich", dass Bartholl schnellere Entscheidungen gefordert hatte. "Wir sind nun mal nicht in China, wo die Partei die Linie vorgibt." Zur Demokratie gehöre, "dass wir ausführlich diskutieren. Das sollten Sie uns auch überlassen." Sonja Möller (Freie Wähler) dagegen fand den Vortrag des Marketing-Mannes "gar nicht so tragisch". "Wenn er nur sagen würde, was gut und schön ist, nützt es ja nix." Und ihre Fraktionskollegin Elisabeth Bieber hat "auch viel Gutes" gehört. Schützenhilfe erhielt Bartholl auch von Petra Hoefer (SPD): "Das Geeiere um das Hallenbad nervt mich doch auch."
Auch Bürgermeister Ralph Edelhäußer nahm seinen Marketingbeauftragten in Schutz: Was Bartholl schildere, sei ein Spiegel aus der Bevölkerung. Er danke ihm für seine Arbeit, auch wenn er selbst "vielleicht das eine oder andere anders formuliert hätte".
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