Jubiläum
Zuverlässig und gemütlich: 20 Jahre S-Bahn Roth-Schwabach-Nürnberg
29.7.2021, 14:45 UhrSie ist 25,66 Kilometer lang, mit zwölf Stationen bestückt und war bei Baukosten von über 700 Millionen D-Mark (etwa 358 Millionen Euro) nicht gerade ein Schnäppchen: Die S-Bahn-Linie 2 von Roth über Schwabach nach Nürnberg. Vor Kurzem hat sich der Eröffnungstag der S2 zum 20. Mal gejährt. Dass der Aufwand, entlang der seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestehenden Bahnstrecke Roth-Nürnberg einen dritten Schienenstrang zu installieren sowie neue Bahnhöfe zu bauen und bestehende Anlagen aufwändig umzugestalten, zur erhofften Entlastung geführt hat, steht wohl außer Frage. Die in aller Regel pünktliche S-Bahn hat den öffentlichen Nahverkehr in der Region erheblich aufgewertet.
Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer spricht, sicherlich stellvertretend für die heimische Politik, von einer „wunderbaren Geschichte“. Die S-Bahn bringe nicht nur Arbeitspendler, Schüler und Stadtbummler an ihr Ziel, sondern sorge zudem in Sachen Freizeitgestaltung beziehungsweise Naherholung für zusätzliche Impulse. Mit Blick auf die in Hilpoltstein seit Jahren geforderte Verlängerung der S2 auf der Gredl-Trasse von Roth in die Burgstadt, stellt sich der Kreisstadt-Bürgermeister grundsätzlich auf die Seite der Befürworter. „Jede Entscheidung für eine bessere Infrastruktur des öffentlichen Personennahverkehrs im Landkreis Roth ist eine gute Entscheidung.“
Wobei man sich aber auch über Nachteile im Klaren sein müsse, fügt Edelhäußer an: So führe beispielsweise eine höhere Frequenz auf der dann elektrifizierten S-Bahn-Strecke an den zahlreichen Bahnübergängen zu einem erhöhten Stauaufkommen, insbesondere an der vielbefahrenen Münchener Straße in Roth selbst.
Ein Bahnhof in Eckersmühlen?
Mit Blick in die fernere Zukunft malt Edelhäußer für Eckersmühlen, dem größten Rother Ortsteil, dennoch ein schönes Bild. Ein selbstfahrender Minibus sammelt die zukünftigen S-Bahn-Fahrer an mehreren Haltestellen im Ortsgebiet ein und bringt sie zum umgebauten S-Bahn-Bahnhof in Eckersmühlen. Eine Zukunfts-Variante, die sich natürlich auch auf Hilpoltstein übertragen lässt.
Zurück von der Zukunft in die Vergangenheit: Vor 20 Jahren war die Euphorie allenthalben groß, als nach einer gefühlt endlos langen Bauzeit (der erste Spatenstich erfolgte im Juni 1994) die Jungfernfahrt einer neuen S-Bahn-Linie auf dem Programm stand. Einen Tag lang verkehrten die knallroten Züge zum Nulltarif. Inzwischen muss Otto-Normalverbraucher den Ticketautomaten für die einfache Fahrt von Roth nach Nürnberg mit 6,20 Euro füttern. 28 Minuten dauert die Fahrt von Roth nach Nürnberg. In den Hauptverkehrszeiten verkehren die Züge im Halbstundentakt. Da das sogenannte dritte Gleis nur den S-Bahnen vorbehalten ist, kann der Fahrplan in der Regel exakt eingehalten werden.
Zehn Stopps zwischen Roth und Nürnberg sorgen einerseits für eine hohe Effizienz der S-Bahn, kosten andererseits aber auch Zeit. Den Pendlern aus den Städten Roth und Schwabach bietet sich mit Blick auf die Uhr immerhin die Möglichkeit, auf die Regionalzüge auszuweichen. Diese halten aus Rother Sicht nur einmal (Schwabach) und sind deshalb laut Fahrplan zehn Minuten früher am Ziel.
Gesteuert in Eibach
Aufgewertet wurde das S-Bahn-Netz des Verkehrsbundes Nürnberg (VGN) im vergangenen Jahr durch den Einsatz von komfortableren und umweltfreundlicheren Zuggarnituren. Diese sind mit einem Fahrgastinformationssystem ausgestattet, verfügen über ein barrierefreies WC sowie Steckdosen an den Sitzen. Die Höchstgeschwindigkeit der neuen Züge von 160 Kilometern pro Stunde allerdings kommt zwischen Roth und Nürnberg nicht zum Tragen. Die S2-Strecke ist auf Tempo 120 ausgelegt. Gesteuert wird der Verkehr zwischen Roth und Nürnberg im neuen Stellwerk Nürnberg-Eibach.
Den wohl größten finanziellen Aufwand bildete der Bau der 145 Meter langen, knapp einen Meter über dem Schienenstrang liegenden Bahnsteigen. Vor allem in Roth und Schwabach wurde kräftig gebuddelt. So erhielt Schwabach eine zusätzliche Bahnunterführung als Eingang zur City, einen schicken Busbahnhof und obendrauf eine Haltestelle in Limbach, die von der Gartenzaun-Station zum echten Bahnhof mutierte.
In Roth leitet ebenfalls eine großzügige Bahnunterführung (die auf kurzem Weg den Osten der Stadt mit dem Westen verbindet) zusammen mit einem neuen Busbahnhof und zusätzlichen P+R-Plätzen das neue Bahnzeitalter ein. In Büchenbach wiederum erleichtert jetzt ein Aufzug den Zugang zum Bahnhof.
Teure Brücken
Hohe Kosten verursachten vor allem auch die sogenannten Überführungsbauwerke. Sie überbrücken beispielsweise die Bahnstrecken nach Bamberg und Crailsheim. Eine 125 Meter lange Stahlfachwerkbrücke trägt die S-Bahn im Nürnberger Raum über Südwesttangente und Main-Donau-Kanal. Die Steinbühler Brücke ist mit einer Länge von 604 Meter übrigens das längste Brückenbauwerk Nürnbergs. Zudem mussten im Raum Roth-Schwabach Brücken über das Rednitz-, Schwabach- und Aurachtal geschlagen werden.
Die neue S-Bahn-Trasse, die östlich der Bahnstrecke Nürnberg-Augsburg verläuft, wird zwischen Eibach und Reichelsdorf sowie zwischen dem Schwabacher Stadtteil Limbach und Rednitzhembach zweigleisig geführt. Diese sogenannten Begegnungsabschnitte weisen insgesamt eine Länge von acht Kilometern auf. Im Bahnhof Roth endet die S-Bahn-Strecke in einem zweigleisigen Haltepunkt ohne Gleiswechselmöglichkeit. Dabei geht das westliche Streckengleis in die Gredlstrecke Roth-Hilpoltstein über, was natürlich die Überlegungen einer S-Bahn-Verlängerung zusätzlich befeuert.
Der bisher einzige Unfall auf der S2-Strecke zwischen Roth über Nürnberg ereignete sich am 25. März 2003 an der Schnellfahrweiche der Überleitstelle Rednitzhembach. Weil bei Wartungsarbeiten ein Kabel falsch angeschlossen worden war, entgleisten Steuerwagen, Mittelwagen und Lokomotive. Von den 15 Passagieren wurde zum Glück niemand verletzt. Der entstandene Sachschaden an Oberbau und Fahrzeugen belief sich auf 600.000 Euro. Während man die entgleisten Wagen ausmustern musste, konnte die E-Lok wieder instand gesetzt werden.
Anbindung nach Altdorf
Bleibt noch zu erwähnen, dass die S-Bahn Roth-Nürnberg mit der Strecke nach Altdorf verknüpft ist, wobei die Verbindung zwischen Nürnberg und Altdorf bereits 1992 in Betrieb genommen wurde. Dass die Strecke Roth-Altdorf die Landkreise Roth und Nürnberger Land und damit auch das Gebiet des Bundestagswahlkreises 246 Roth verbindet, sei ein Aspekt, der so manchem Wahlkämpfer nicht ganz ungelegen kommen dürfte, meint Berlin-Kandidat Ralph Edelhäußer augenzwinkernd.
Zu guter Letzt der Hinweis, dass der Landkreis Roth seit dem 13. Dezember 2020 mit der Verbindung von Allersberg nach Nürnberg auf der Trasse der neuen ICE-Strecke Nürnberg-Ingolstadt-München auf einem zweiten S-Bahn-Bein steht. Seitdem weist das S-Bahn-Streckennetz im Großraum Nürnberg eine Länge von 272,4 Kilometern auf. Fünf von der DB-Regio betriebene Linien verkehren auf diesem Netz. Alle fünf Linien sind in das Tarifsystem des Verkehrsverbundes Großraum Nürnberg (VGN) integriert.
Die Fahrgastzahlen
An einem Werktag reisen bis zu 30.000 Personen mit der S-Bahnlinie 2 Roth-Nürnberg-Altdorf. Der Anteil an Schülern liegt bei 20 Prozent, erklärt DB-Regio. In den Zeiten des Schülerverkehrs steigt der Anteil auf bis zu 50 Prozent. Im Zeitraum der Lockdowns ist die Zahl der Reisenden bis auf 30 Prozent der normalen Nachfrage zurückgegangen. Aktuell liegt die Anzahl der Reisenden zum Vergleichsjahr 2019 bei rund 60 Prozent. Immerhin: In den Hauptverkehrszeiten sind die Züge wieder deutlich besser besucht, weiß DB-Regio.
Die aufkommensstärksten Haltepunkte im Verlauf der S2 liegen im Abschnitt zwischen Schwabach und Nürnberg Hauptbahnhof und damit in einem Bereich, in dem die S-Bahn in kürzeren Abständen fährt. Alles in allem weist DB-Regio darauf hin, dass die S-Bahn-Linie nach Roth noch Kapazitäten frei hat. Zumal sich in den Hauptverkehrszeiten durch die Umstellung auf die neuen Züge die Zahl der Sitzplätze von 302 auf 430 erhöht hat.