Der Club bleibt "a Depp"
Der 1. FC Nürnberg ist noch keine Spitzenmannschaft - und bleibt sich in Regensburg selbst treu
31.03.2025, 05:00 Uhr
Eigentlich war alles perfekt. Zum Aufstiegsrennen der zweiten Bundesliga gehörten aufgrund mangelnder Konstanz der Top-Teams zwischenzeitlich ganze elf Teams. Doch obwohl der FCN immer wieder zum erweiterten Kreis der Aufstiegsaspiranten gezählt wurde, war er nie einer der Favoriten.
In einem emotionalen Umfeld, wie es viele Traditionsvereine der zweiten und dritten Liga haben, ist das keine Selbstverständlichkeit. Gerade wegen der immer wieder guten Leistungen in den vergangenen Wochen und Monaten. Dass es trotzdem so ruhig blieb am Valznerweiher ist auch dem stets in sich ruhenden Miroslav Klose anzurechnen. Dem Verein tut die fehlende Aufregung nach turbulenten Jahren jedenfalls richtig gut.
Mit dem zweiten Derbysieg in dieser Saison klopfte der Club dann sogar wieder vorsichtig oben an, auch wenn das keiner so richtig aussprechen wollte. Klose sprach zwar irgendwann von einem Team, das auf einem guten Weg zu einer Spitzenmannschaft war. Mehr aber auch nicht.
Dabei stand (und steht) der 1. FC Nürnberg vor dem schwersten Restprogramm aller Zweitligisten, hatte damit im Umkehrschluss auch alles in der eigenen Hand. Von den restlichen sieben Gegnern sind sechs in der oberen Tabellenhälfte beheimatet, die gesamte Top vier hat der Club noch vor sich. Für eine junge Mannschaft eine mehr als komplizierte, aber nicht unlösbare Aufgabe. Die Top-Teams lassen verlässlich immer wieder Punkte liegen, mit einer Serie hätte ihnen der FCN durchaus auf die Pelle rücken können. Doch dann verloren Klose und seine Jungs ausgerechnet beim Tabellenletzten aus Regensburg und begruben damit alle Hoffnungen auf einen Schlussspurt in der Saison.
Sieben bittere Minuten nach der Pause
Wirft man einen Blick auf die Statistiken, lief eigentlich alles für die Franken. Der Club hatte mehr Ballbesitz, mehr Torschüsse, mehr expected Goals und mehr Pässe samt besserer Passquote. Trotzdem fährt die Mannschaft ohne etwas Zählbares wieder nach Hause.
In 27 Spielen hatte es der Jahn bislang nicht geschafft, einen Rückstand noch zu drehen. Gegen den FCN brauchten die Oberpfälzer dafür nur ein paar Minuten. "Es war ein hartes Spiel. Wir spielen eine ordentliche erste Halbzeit und gehen in Führung. In der zweiten Halbzeit verschlafen wir die ersten 10 Minuten, die Regensburg dann ausnutzen kann", fasst Julian Justvan die Partie zusammen. "Wir wussten, sie bringen über außen die Bälle in die Box, haben es heute aber nicht verteidigt bekommen. Anschließend hatten wir nicht mehr die nötige Effizienz, zu treffen."
Tatsächlich waren die Regensburger in Hälfte eins ohne jede Chance. Die einzige nennenswerte Offensivaktion war ein Distanzschuss, der am Tor vorbeiging. Ansonsten kontrollierte der Club das Spiel und verpasste es mehrfach, noch vor der Pause nachzulegen. "Wir kommen gut in die Partie, gehen in Führung und legen eine gewisse Spielfreude an den Tag. Den einzigen Vorwurf, den ich meiner Mannschaft in der ersten Halbzeit machen kann, ist, dass wir nicht noch das 2:0 nachlegen. Da treffen wir in gewissen Situationen die falsche oder zu spät die Entscheidung", erklärte Trainer Miroslav Klose." Im zweiten Durchgang wussten wir, dass Regensburg etwas umstellen wird, aber wir waren im Übergangsspiel viel zu langsam. Ich hatte das Gefühl, dass der Kopf heute die Beine gestört hat. Da lassen wir uns von Regensburg den Schneid abkaufen."
Eine verhängnisvolle Verletzung
Wieso die Clubberer das Spiel letztendlich nicht mehr auf ihre Seite ziehen konnten, ist Jens Castrop zwar ein Rätsel. "So kurz nach dem Spiel weiß ich noch nicht, woran es genau gelegen hat. Regensburg ist gut aus der Halbzeit gekommen. Nach dem ersten Tor sind sie im Spiel. Das zweite Tor fällt dann sehr schnell danach. Das darf so nicht passieren."
Doch auch wenn die Niederlage niemandem in die Schuhe geschoben wird, ist sie doch eindeutig mit der Personalie Florian Flick verbunden. Erst bugsierte er eine Flanke ins eigene Tor, dann verlor er das entscheidende Kopfballduell vor dem zweiten Gegentreffer. Zu allem Überfluss verletzte er sich dabei auch noch, sodass er kurz darauf wieder ausgewechselt werden musste. Überhaupt kam er nur in die Partie, weil sich Knoche in den ersten Minuten verletzte und nach knapp 25 Minuten ausgewechselt werden musste.
Dabei hatte Flick seine Sache in der Innenverteidigung bis dahin ordentlich gemacht. Klar, Regensburg machte vor der Pause nur wenig nach vorne. Dennoch kommt der gelernte Sechser auf eine Passquote von 100 Prozent, Zweikämpfe musste er gar nicht erst führen. Trotzdem passt Flicks Auftritt in eine aus seiner Sicht äußerst unglückliche Saison. Dass Klose überhaupt auf den Mittelfeldmann setzt, statt den gelernten Innenverteidiger Fabio Gruber zu bringen, spricht für Flick, der seit seines fast permanenten Wechsels auf die Bank nie negativ aufgefallen ist. Sein Auftritt tut es dagegen weniger, zumal Gruber nach seiner Einwechslung eine gute Partie machte. Sollte Knoche länger ausfallen, dürfte ihm der Platz in der Dreierkette sicher sein - selbst wenn Flick schnell wieder fit wird.
Der Aufstieg war nie das Ziel
Die Niederlage ist unter dem Strich extrem bitter. Dustin Forkel hatte kurz vor Schluss noch die Gelegenheit zum Ausgleich, traf den Ball jedoch nicht richtig. Damit dürften die Aufstiegshoffnungen endgültig zu den Akten gelegt werden. Mit der Auswärtsniederlage bestätigt sich Kloses Einschätzung von vor ein paar Wochen. Der FCN mag auf dem Weg zu einer Spitzenmannschaft sein, aktuell ist der Club aber nach wie vor noch "a Depp."
Der Aufstieg sei aber ohnehin nie das Ziel gewesen, merkt der Trainer an. "Ich habe nie vom Aufstieg gesprochen, sondern vom einstelligen Tabellenplatz." Doch auch dieses Ziel ist nach wie vor ambitioniert, beträgt der Abstand auf Platz elf doch nur vier Punkte. Im Schnitt stehen die übrigen Gegner des FCN auf Platz sechs. Sichere Punkte wird es in keinem dieser Spiele geben, wobei eine solche Behauptung nach einer Niederlage beim abgeschlagenen Tabellenschlusslicht auch vermessen wäre. "Wir müssen jetzt aber erst einmal an den richtigen Rädchen drehen und dann freue ich mich darauf, am Samstag gegen den HSV die richtige Reaktion zu zeigen," richtet Miroslav Klose den Blick gleich wieder nach vorne. Bis zum Ende der Saison werden sich jedenfalls noch mehr als genug Möglichkeiten ergeben, zu zeigen, wie nah man tatsächlich an einer Spitzenmannschaft ist.
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