30 Jahre später: Ex-Club-Boss Schmelzer erzählt
14.1.2021, 06:00 UhrHerr Schmelzer, sie wurden 1983 mit 32 Jahren völlig überraschend jüngster Club-Präsident aller Zeiten. Was war da los am Valznerweiher?
Schmelzer: Das war spektakulär. Ich kannte als Wirt des Audimax viele Sportler, auch Club-Profis, dieses Umfeld hat mir gefallen. Und meine Referenz war die, dass ich zuvor die Handballer von Tuspo Nürnberg von der dritten in die erste Liga geführt hatte.
Aber der Club spielt doch Fußball.
Schmelzer: Trotzdem wurde ich dem damaligen Präsidenten Michael A. Roth empfohlen und der holte mich 1982 als seinen Vize ins Team. Ich hatte allerdings bald keine Lust mehr, das war alles sehr unprofessionell. Ich wollte zurücktreten, Roth wusste das – und dann trat er in der Sitzung, in der ich meinen Hut nehmen wollte, selbst zurück. Ich hatte zwei Minuten Zeit, in denen ich mich dann für den Präsidenten-Job entschied.
Schalke und Höher
Dann folgte der Abstieg.
Schmelzer: Es herrschten Zustände wie heute auf Schalke. Wir stiegen jammervoll ab. Ich hielt trotzdem an Heinz Höher fest, der war einer der besten Trainer, den der Club je hatte. Danach folgte die Spielerrevolte (altgediente Profis weigerten sich unter Höher weiterzuspielen, Anm. d. Red.) und wir mussten ein neues Team aufbauen.
Von dem viele Fans heute noch schwärmen: Dieter Eckstein, Hans Dorfner, Stefan Reuter, später auch Andreas Köpke begeisterten das Publikum.
Schmelzer: Die Revolte war der Beginn einer neuen Ära. Diese Mannschaft sorgte für Furore und hätte es auch weiter getan, wenn der Club mit dem Abstieg von 1969 nicht so viel Kredit verspielt hätte. Die Stadt tat damals gar nichts für den Verein, das Stadion musste dringend saniert werden. Deshalb folgten einige unserer Besten dem Lockruf von Uli Hoeneß aus München.
Sie blieben trotzdem Präsident und sind dann erst über einen so genannten Weltmann gestolpert: Arie Haan.
Schmelzer: Heute weiß ich: Dessen Verpflichtung war ein schwerer Fehler. Er war ein sympathischer aber auch ein fauler Trainer. Nach einem 1:3 gegen Hertha BSC hatte ich genug, doch meine Vorstandskollegen Sven Oberhof und Ingo Böbel stimmten der Entlassung nicht zu. Im Januar 1991 trat ich zurück.
Maradona - Sulzbacher Straße - 200 km/h
Vorher hätten sie noch Diego Maradona zu einem Probetraining haben können.
Schmelzer: Das war eine verrückte Geschichte. Der Trainer rief mich an und sagte: Maradona ist in Nürnberg. Er kaufte sich tatsächlich einen Ferrari, den er bei einer Testfahrt auf der Sulzbacher Straße auf 200 km/h beschleunigte. Und er hätte bei uns mittrainiert, da wären sicher 10.000 Zuschauer gekommen. Aber das geht doch nicht, wenn der eigene Verein Probleme hat. Ich habe da nicht mitgemacht.
Wenn Sie heute auf ihre Zeit als Präsident zurückblicken, wie fällt die Bilanz aus?
Schmelzer: Mit mir gab es nur erste Liga und Uefa-Cup. In der Bundesliga blieb der Verein auch noch fünf Jahre nach meinem Ausscheiden. Der Club war solide geführt, sportlich und finanziell in einem gutem Zustand.
Und trotzdem mussten Sie sich schwere Vorwürfe gefallen lassen. Sie hätten sich bereichert unter anderem durch den Hotelbau am Valznerweiher, hieß es.
Schmelzer: Das stimmte nicht und ich fand das sehr ungerecht. Ich habe geholfen und nie etwas dafür verlangt. Der Verein zehrt noch heute von den Dingen, die ich damals in die Wege geleitet habe – ob Stadionumbau oder Vereinsgelände.
Und Sie blieben dem Verein trotz aller Kritik verbunden, auch finanziell.
Schmelzer: Ich trage den Club im Herzen, dieser Verein gehört in die 1. Liga. Ich bin schon als Teenager aus Westmittelfranken ins Stadion gefahren. Meine Mitgliedsnummer ist die 1005, seit 1978 bin ich im Verein. Vor acht Jahren wurde ich angefragt, ob ich nochmal kandidieren wolle. Aber das wäre zu viel gewesen: Mein Unternehmen, die Alpha-Gruppe, Lebkuchen Schmidt und der Club. Geholfen habe ich trotzdem. 2016 gab ich eine Bürgschaft über 6,5 Millionen Euro für den Club ab, zinslos.
"Eigentlich will ich Erstligafußball sehen"
Sie haben Ihr Geld zurück bekommen, das hätte aber auch schief gehen können. Warum kommt der Club nicht mehr auf die Beine? Ein durchschnittlicher Zweitligist, das ist vielen Fans zu wenig.
Schmelzer: Ich will hier keine Abrechnung betreiben. Doch was das Tor in der 96. Minute der Relegation gegen Ingolstadt wirklich wert war, kann man nicht oft genug betonen. Dem Club wäre bei einem Abstieg in die dritte Liga wohl ein Schicksal wie Kaiserslautern bevor gestanden.
Sie wären trotzdem im Stadion geblieben?
Schmelzer: Ich weiß nicht, ob ich meine Dauerkarte verlängert hätte. Eigentlich will ich Erstligafußball sehen.
Das dürfte dauern. Warum kandidieren Sie nicht für den Aufsichtsrat?
Schmelzer: Nein, ich werde bald 70. Der Unterschied zu früher ist groß, das fängt bei den sozialen Medien an und geht über die Verhandlungen mit Spielern weiter. Ich habe früher mit den Eltern von Stefan Reuter und Roland Grahammer über Verträge gesprochen, das wäre heute undenkbar. Außerdem wäre ich wohl zu dominant als Vereins-Chef. Dazu kommt die Satzung des 1. FCN...
... die Fangruppen viel Einfluss zugesteht.
Schmelzer: Es kann doch nicht sein, dass man von Stimmungen in einer Hauptversammlung abhängig ist.
"... seit ich zwölf Jahre alt bin"
Wenn Sie schon nicht mehr in den Aufsichtsrat wollen, bauen Sie dem Club doch ein Stadion. Sie sind vom Fach.
Schmelzer: Nein, da halte ich mich raus. Ich fühle mich diesem Verein einfach verbunden, seit ich zwölf Jahre alt bin, ist das so. Mein Wunsch lautet schlicht: Aufstieg in die Bundesliga.
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