Club-Ikone Max Morlock: Rekorde für die Ewigkeit
8.5.2017, 05:56 Uhr"Ein Mensch", pflegte Max Morlock gern zu sagen, "ist keine Maschine." Überblickt man jedoch die Karriere dieses außergewöhnlichen Fußballers, mag man durchaus glauben, dass hier ein Roboter am Werk war: Sagenhafte 900 Einsätze absolvierte er zwischen 1941 und 1964 für den 1. FC Nürnberg. Morlock, 1925 in Gleißhammer geboren, wuchs in der Nähe des Zabo-Platzes auf, wo der Club damals spielte. 1936 schmuggelte er sich als Elfjähriger in den Festsaal, in dem der damals so erfolgreiche Verein gerade seine sechste Deutsche Meisterschaft feierte. Seither, erinnerte er sich später, habe für ihn festgestanden, dass er später selbst einmal das verwaschene weinrote Trikot tragen wollte, in dem die Nürnberger damals aufliefen.
1941, mit gerade mal 16 Jahren, debütierte er bei einem 0:0 gegen Wacker München. Schon im zweiten Spiel (4:0 gegen Schwaben Augsburg) erzielte er die ersten beiden seiner 700 Treffer für den Club. Bald unterbrach der Krieg die Karriere des Torjägers, der an die Ostfront musste. Im September 1945 kehrte er in das zerstörte Nürnberg zurück.
Dauerbrenner der Oberliga Süd
Wie die gesamte Gesellschaft organisierte sich auch der Fußball nach der Nazi-Diktatur neu. Die höchsten Spielklassen waren fortan die Oberligen, deren beste Vertreter am Ende der Saison im Ausscheidungsmodus den Deutschen Meister ermittelten. In der Geschichte der Oberliga Süd avancierte Morlock zum Dauerbrenner. Als einziger Spieler war er von 1945 bis 1963 ununterbrochen dabei, absolvierte 451 Einsätze und schoss 286 Tore – beides Bestmarken.
Zweimal durfte er die Meisterschale in die Luft stemmen: 1961 als 36-jähriger Senior eines blutjungen Teams, das im Endspiel um den Titel Borussia Dortmund 3:0 schlug, und bereits 1948 nach einem 2:1 gegen den 1. FC Kaiserslautern. Das Lauterer Idol Fritz Walter klagte damals, dass Morlock "in den für uns unpassendsten Augenblicken" überall da aufgetaucht sei, "wo wir ihn nicht erwarteten".
1954 sollten Walter und Morlock wieder zusammen in einem Endspiel stehen, diesmal allerdings auf derselben Seite. Die beiden waren Leistungsträger jener deutschen Nationalmannschaft, die unter Trainer Sepp Herberger überraschend ins Finale um die Weltmeisterschaft kam und in Bern als krasser Außenseiter auf Ungarn traf. "Überall in der Schweiz wurde heftig debattiert, wie hoch Deutschland nun wohl verlieren würde", sagte Morlock später. Doch es kam anders, und daran hatte der Stürmer seinen Anteil – er erzielte nach einem schnellen 0:2-Rückstand den wichtigen 1:2-Anschlusstreffer und leitete somit die Aufholjagd ein.
Der Rest ist Geschichte, Deutschland gewann 3:2 und holte seinen ersten Weltmeistertitel. "Das war mein liebstes und wichtigstes Tor", sagte Morlock, der die Rückennummer 13 trug, was ihm im Gegensatz zu manchem abergläubischen Spieler keine Sorgen bereitete. Im Gegenteil, von da an sei die 13 ein "vertrauter Bundesgenosse" geworden. Kapitän Fritz Walter würdigte den Mitspieler als "größten Kämpfer, den ich kannte". Nach 1954 setzte Herberger jedoch nur noch selten auf den Nürnberger, der 1958 mit 33 sein letztes von 26 Länderspielen (21 Tore) bestritt.
Schlusspfiff mit 39 Jahren
Für den Club jedoch ging es bei Morlock weiter und weiter. 1961 feierte er die erwähnte Meisterschaft, und die deutschen Sportjournalisten wählten ihn mit weitem Abstand vor dem Hamburger Uwe Seeler zum "Fußballer des Jahres". 1962, nach der 0:4-Endspielniederlage gegen den 1.FC Köln, trat Morlock zwar kurzzeitig zurück, aber schon Anfang 1963 stand der "Oldie" wieder auf den Platz. Schließlich führte er die Mannschaft als Kapitän auch in die erste Saison der neu gegründeten Bundesliga, für die sich damals die 16 besten Teams aus den Oberligen qualifizierten. Und wie hieß der erste Club-Torschütze in der Geschichte des Oberhauses? Natürlich Max Morlock. Erst am 14. Mai 1964, mit inzwischen 39, bestritt der Weltmeister sein letztes Spiel.
Morlock hatte lukrative Angebote, doch aus Nürnberg wollte er nie weg. Und von seinem Club auch nicht – sogar am Tag seiner Hochzeit 1951 schnürte er für die Rot-Schwarzen die Stiefel und verlor prompt 0:5. Der Vater zweier Töchter betrieb ab 1949 einen Kiosk, erst am Celtistunnel, dann an der Pillenreuther Straße. 1994 erlag er mit nur 69 Jahren einer schweren Krebserkrankung. Der Platz vor dem Stadion ist bereits nach ihm benannt – und bald vielleicht das Stadion selbst. Eine Woche bleibt den Unterstützern noch.
Hier geht es zu einem weiteren Portrait von Max Morlock aus dem digitalen Magazin SamSon.
Buchtipp: C. Bausenwein/H. Kaiser/B. Siegler: Legenden. Die besten Club-Spieler aller Zeiten. Die Werkstatt, 240 S., 24,90 Euro.
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