Ernährungs-Umstellung: Profisportler aus Region profitierten
10.10.2020, 09:43 UhrSeiner per Veranlagung schlanken Figur hat es Johannes Pistorius zu verdanken, dass er nie zu viel Gewicht mit auf dem Spielfeld herumschleppen musste. Doch nachdem bis zum Abitur zu Hause stets die Eltern für einen ausgewogenen Speiseplan sorgten, geriet das Körpergefühl mit dem Wechsel an den Olympia-Stützpunkt nach Saarbrücken mitunter aus der Balance. "Ich war viel in der Uni-Mensa oder habe unter Zeitdruck auf Fertiggerichte wie Pizza-Baguette zurückgegriffen. Gemüse war kein Begriff", verrät der Badminton-Nationalspieler.
Die Folgen bekam das Schläger-Talent besonders nach intensiven Trainings- oder Turnierphasen in Form von Müdigkeit oder Muskelkater zu spüren. "Je mehr ich unter Stress stand, desto anfälliger war ich auch für Erkältungen und Infekte." Damit einher ging zudem ein vorübergehender Gewichtsverlust, der sich negativ im Bereich Kraft-Ausdauer bemerkbar machte. Mit Blick auf den angepeilten internationalen Durchbruch hat Pistorius "überlegt, an welchen Stellschrauben man drehen kann" und landete schließlich bei der Ernährung.
Neben der professionellen Beratung am Stützpunkt erwies sich vor allem ein befreundeter Foodblogger als hilfreicher Impulsgeber. Angefangen bei der Zucker-Reduktion, tastete sich der 25-Jährige in den vergangenen Jahren in eine neue kulinarische Welt vor. Zum Schlüsselerlebnis geriet dabei die Umstellung auf laktosefreie Hafer- oder Mandelmilch. Überhaupt profitiert das Wohlbefinden des Magens von einer verbesserten Organisation rund um die Mahlzeiten. "Früher kam es vor, dass ich mir ganz kurz vor dem Training noch instinktiv irgendwas reingestopft habe", erzählt Pistorius.
Dank digitaler Planung per App und der Unterstützung seiner Freundin wird nun vorausgedacht und viel mehr selbst gekocht. Während Fleisch vom Hähnchen oder Rind als seltene Belohnung in hochwertiger Qualität höchstens einmal alle paar Wochen auf den Tisch kommt, sind vegetarische Gerichte auch nach dem Nutzwert seiner Zutaten wie Brokkoli (Vitamin C) oder Spinat (Eiweiß) zusammengestellt. Bei der Aufnahme von Kohlenhdyraten stehen Vollkorn-Nudeln hoch im Kurs, da sie bei entsprechender zeitlicher Dosierung im Wettkampf länger Energie liefern. Zum persönlichen Geheimtipp gegen Verletzungen avancierte Kirschsaft.
"Ich habe jeden Scheiß gefressen"
Einen noch konsequenteren Weg ist Ünsal Arik gegangen. Der jüngst bei einem Titelduell siegreiche Profi-Boxer aus Parsberg nimmt kein Blatt vor den Mund, als er die Fehler seiner Vergangenheit anspricht. "Ganze Tafeln Schokolade, Döner, Chips. Ich habe jeden Scheiß gefressen." Kurzfristige Nebenwirkungen durch einen schlechten Schlaf oder Trägheit wurden noch übertroffen von der Herausforderung, regelmäßig vor Kämpfen in zehn Wochen bis zu 15 Kilogramm abnehmen zu müssen.
Um seine athletische Figur konstant fürs Weltergewicht (bis 70 kg) zu bewahren, versuchte sich der heute 39-jährige mit fortgeschrittener Reife an diversen Diäten, ehe er sich ärztlichen Rat einholte und vor zwei Jahren auf eine rein vegane Ernährung umstieg. "In den ersten vier Monaten war ich mehrmals kurz davor aufzugeben, bin im Training fast umgekippt", berichtet Arik, fand aber doch Gefallen am System. "Ich habe gelernt, was der Muskel braucht, um auch richtig zu funktionieren." Dazu gehört die von vielen Hobby-Kraftsportlern missachtete Faust-Regel, dem erschöpften Körper direkt nach den Übungseinheiten Energie-Nachschub durch Riegel oder Bananen zu liefern.
Bei der Hauptkost gilt es zum Beispiel, gesättigte Fettsäuren über Nüsse oder Proteine aus Kidney-Bohnen zuzuführen. Tofu gibt den Einweiß-Ersatz und Datteln sorgen bei Bedarf für Süße. Raffinierten Industriezucker wiederum hält der Boxer für "eine Droge, die eigentlich verboten werden müsste. Es gibt eine große Auswahl an natürlichen Produkten, nur ist darüber wenig bekannt", erklärt Arik, für den Essen längst eine Sache der ethischen Einstellung ist. Allein für Vitamin B12 benötige es ein Präparat.
Bei seinen fast täglich selbst zubereiteten Portionen schwört der Wahl-Berliner indes auf Kartoffeln in allen Varianten, verzehrt gut 600 g am Tag. Geht es mehr um Genuss statt um Stärke, schlagen freilich die türkischen Wurzeln durch. Spezialitäten wie Meze und Kumpir müssen dann in fettarmer Version schmecken.