Fiasko von 1969: Als der Club als Meister abstieg
7.6.2019, 13:13 Uhrs war eine verrückte Bundesligasaison. Bis zuletzt musste fast ein Dutzend Klubs um den Klassenerhalt zittern. Vizemeister Alemannia Aachen hatte am Ende gerade mal neun Punkte mehr auf dem Konto als der Vorletzte, der zusammen mit Schlusslicht Kickers Offenbach den bitteren Weg in die Zweitklassigkeit antreten musste: der 1. FC Nürnberg, seines Zeichens amtierender deutscher Meister, dessen Fans nie und nimmer mit dieser schier unfassbaren Katastrophe gerechnet hatten.
Der erste von mittlerweile neun Bundesligaabstiegen war "hausgemacht", wie der damalige Protagonist Horst Leupold mit Nachdruck betont. Schonungslos rechnet der heute 77-Jährige mit dem damaligen Trainer Max Merkel ab, dem der vorangegangene Titelgewinn offenbar zu Kopf gestiegen war. Absolut nicht nachvollziehbar ist bis heute die
Personalpolitik des charismatischen Österreichers.
Massen-Abgang beim Club
Gleich elf Akteure wurden mehr oder weniger in die Wüste geschickt, darunter absolute Leistungsträger aus der Meistersaison 1967/68 wie Karl-Heinz "Charly" Ferschl, August "Gustl" Starek oder Franz Brungs, der auf dem Weg zum Titel mit seinen fünf Toren beim 7:3 gegen Bayern München eines der glanzvollsten Kapitel der Club-Geschichte geprägt hatte. Das "Goldköpfchen" wechselte für auch damals schon bescheidene 200.000 Mark zu Hertha BSC. Gleich 13 Neuzugänge sollten den freiwilligen Aderlass kaschieren – die Rechnung ging hinten und vorne nicht auf.
Von den ersten acht Partien gewann der Titelverteidiger gerade mal zwei und rutschte schnell in den Tabellenkeller. Keine Spur mehr vom spielerischen Glanz der Vorsaison, stattdessen Tristesse pur. Auch auf den Rängen: Am 15. Spieltag verirrten sich gerade noch 10 000 Zuschauer ins Städtische Stadion. Während der Rückrunde zierte der entzauberte Club dann an zwölf von 17 Spieltagen das Tabellenende.
Wurde Club-Spiel manipuliert?
Ende März erfolgte die längst fällige Trennung vom großen Zampano Max Merkel. Unter seinem Assistenten Robert Körner setzte sich der freie Fall zunächst fort. Erst unter Kuno Klötzer, der am 19. April 1969 das Kommando übernahm, schien es wieder aufwärts zu gehen. Auf der Zielgeraden einer total verkorksten Saison vergab der 1. FCN zwei Matchbälle gegen Borussia Dortmund (2:2) und beim 1. FC Köln (0:3). Hätte er nur eines dieser Spiele gewonnen, wäre der jeweilige Gegner abgestiegen.
Dass die Partie gegen den BVB von einem (allerdings nie bestätigten) Manipulationsgerücht überschattet wurde – Club-Torwart Jürgen Rynio hatte angeblich bereits bei der Borussia unterschrieben –, passte ins traurige Bild, das der 1. FCN im Frühjahr 1969 abgegeben hat. Es dauerte neun Jahre, ehe er wieder die Bühne Bundesliga betrat.
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