Olympische Winterspiele

Fränkischer Bob-Anschieber träumt von Olympia in Peking 2022

7.8.2021, 05:55 Uhr
Der große Traum von Tobias Schneider. 

© imago images/Camera 4 Der große Traum von Tobias Schneider. 

Peter Schneider ist wohl der größte Fan seines Sohnes Tobias. Um ihn zweimal nur gamz kurz bei bis zu 150 Stundenkilometern geduckt in den Schlitten an sich vorbeirauschen zu sehen, steht er schon mal um halb drei in der Nacht auf und fährt an die Natureisbahn nach St. Moritz. „Ich hab’s zu Hause einfach nicht mehr ausgehalten“, schmunzelt er, „und dann bin ich einfach losgefahren.“ In diesem Jahr hatte er sich auch etwas Urlaub genommen, damit er live miterleben konnte, wie der Trainingstag seines Sohnes genau aussieht.

Seit Februar ist Tobias Polizeimeister und als Sportpolizist bis nach den Olympischen Winterspielen in Peking für den Sport freigestellt, sofern er sich denn qualifiziert. Nun trainiert und lebt er am Olympiazentrum in München, zusammen mit den Leichtathleten. In zwölf Einheiten pro Woche stehen vorrangig Sprint-, Sprung- und Krafttraining auf dem Plan.

Die meiste Zeit trainiert er demnach nicht mit den anderen Bobfahrern zusammen. „Meine Bobkollegen und Mitbewerber sehe ich fast nur auf Instagram“, berichtet der 29-jährige Sportler. Den täglichen direkten Konkurrenzkampf gibt es dadurch nicht. Seine Trainingspläne bekommt er auch nicht vom Bobverband sondern von Leichtathletik-Trainer Michael Ehrenreich. Die Kraftpläne kommen von Krafttrainer Andreas Bücheler.

Entscheidung im September

Hin und wieder gibt es aber auch gemeinsame Einheiten, zum Beispiel in Oberhof oder in Riesa. In Riesa bei Leipzig ist das Sportzentrum von Trainer Gerd Leopold, dort trainieren zum Beispiel die Mannschaft von Francesco Friedrich. Meist sind die gemeinsamen Einheiten dann auch mit Leistungstests verbunden. Der Termin für den alles entscheidenden Test steht bereits fest: Am 11. September 2021 wird letztendlich entschieden, wer mit nach Peking darf. „Wer da schnell ist, ist dabei.“

Bis dorthin trainiert er als einziger Bobanschieber mit den Leichtathleten zusammen. „Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen ist ‚Olympia‘ – und morgens, wenn ich aufstehe, ist der erste Gedanke ‚Olympia‘. So ist das einfach.“ Die Trainingstage, wie sein Vater Peter nun miterlebt hat, sind zur Zeit extrem hart.

Fränkischer Bob-Anschieber träumt von Olympia in Peking 2022

© Bayerische Landespolizei/Sport

Nach dem Frühstück gegen sieben Uhr geht es los mit Dehnen und Yoga. Von zehn bis 13 Uhr ist dann die erste Trainingseinheit. Danach geht’s zum Essen und einem kurzen Mittagsschlaf nach Hause, oft ist auch noch ein Physiotermin dazwischen. Die zweite Einheit ist dann etwa von 15.30 bis 18 Uhr. Nach dem Abendessen betreibt er aktive Regeneration. Dazu hat er sich zum Beispiel einen Lymphomaten gekauft, ein Gerät mit zwei aufblasbaren Schläuchen, das man wie eine Hose anzieht und sich dann passiv ‚behandeln‘ lassen kann.

Neben dem Leistungstraining ist Schneider zudem mit Reha-Einheiten beschäftigt. Im Sommer 2020 hatte er sich an der Schulter verletzt und musste in der Wintersaison passen. „Ich kann nur Bestleistung bringen, wenn ich mich auf meine Schulter verlassen kann. Dafür tue ich alles“, beschreibt er sein Ziel.

In Sachen Ernährung holt er sich dann auch Ratschläge von den Profis. „Da setze ich auf 80 Prozent gesund und 20 Prozent Gönnen“, auch Vitamin- und Eiweißpräparate braucht er, um seinem Körper das zurückzugeben, was er ihm jeden Tag abverlangt. „Ich habe immer wieder mit Ernährungsberatern zusammengearbeitet und mir mein eigenes System entwickelt“, das er auch immer wieder akribisch auf den Prüfstand stellt. „Am Ende ist auch der Kopf entscheidend,“ um nicht zu verkrampfen, so Schneider. Hier vertraut er Thomas Ritthaler, einer Koryphäe der Sportpsychologie. „Wir haben alle vier bis sechs Wochen auf Zuruf Kontakt, das funktioniert großartig.“


Bob-Anschieber aus Eckersmühlen in der Weltelite


Nur sonntags hat Tobias Schneider trainingsfrei und trifft sich dann auch mal mit Freunden. „Die müssen im Augenblick eine Menge aushalten, besonders wenn es im Training mal schlecht lief.“ Er ist sehr dankbar, dass Freunde und Familie ihn so sehr unterstützen und bestärken. „Ich weiß, was ich denen gerade aufbürde. Sie geben mir die Freiheit und die Lockerheit, die ich brauche, um Höchstleistungen bringen zu können.“ Deshalb hat er sich auch sehr über den Besuch seines Vaters gefreut.

Dieser reiste nach zwei ausgefüllten Tagen beruhigt nach Hause. „Am meisten hat mich das Miteinander in München beeindruckt. Die Sportler trainieren alle richtig hart, aber es ist nie verbissen. Ich glaube, damit lässt es sich einfach leichter aushalten“, vermutet er. Wo er sein wird, wenn sein Sohn es tatsächlich nach Peking schafft, weiß er noch nicht. „Das steht in den Sternen. Keiner kann ja heute sagen, wie die Pandemie-Lage dann sein wird. Im Zweifel fände ich ein Public Viewing in der Halle des TV Eckersmühlen auch klasse.“ Doch egal, wo er dann sein wird: „Mein größter Wunsch ist, dass er sich für den Aufwand, den er betreibt, jetzt auch belohnt. Er trainiert so hart und investiert so viel. Wenn er fit bleibt, kommen die Trainer bestimmt nicht an ihm vorbei.“

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