Fürth und das "Greuther": Acht Buchstaben mit Brisanz
25.7.2019, 12:21 Uhr"Bang!" steht auf der Pressemappe vom 3. Juli 1995. Sie kündigt in grellen Lettern nicht weniger als eine Sensation an: "Gemeinsam noch stärker! Unsere Fusion hat zwei Gewinner! SpVgg Fürth, TSV Vestenbergsgreuth." Eine "Fusion" war es am 1. Juli 1996 dann nicht. Sondern "nur" der Beitritt der ersten Fußball-Mannschaft des TSV zur Spielvereinigung. Doch auch der hat weitreichende Folgen: Die neu geschaffene Spielvereinigung Greuther Fürth steigt schon im ersten Jahr in die 2. Bundesliga auf.
Es kamen aber eben auch diese acht Buchstaben – der Zusatz "Greuther" – in den Vereinsnamen. Von Anfang stören sich Fürther an der Formulierung. Als "Vergewaltigung der deutschen Sprache" bezeichnet sie ein Redner 1995 bei der Hauptversammlung der Spielvereinigung.
Und auch heute kocht bei vielen Fans das Blut, wenn ahnungslose Stadionsprecher eine "gute Heimreise nach Greutherfürth" wünschen. Bei der anschließenden Abstimmung fällt 1995 die Zustimmung aber fast einstimmig aus. In der Euphorie über das ausgerufene Ziel 2. Bundesliga nimmt man den neuen Namen hin.
Einer, der diese Zeit miterlebt hat, ist Wolf Nanke, seinerzeit Spielleiter beim Kleeblatt. "Wir haben Helmut Hack und dem Zusammenschluss viel zu verdanken, wenn man sieht, was dadurch möglich geworden ist", sagt er. Wirtschaftlich ging es der Spielvereinigung zu der Zeit von Jahr zu Jahr schlechter. "Wenn unser Traktor kaputt war, der vielleicht 2000 Euro wert war, mussten wir eine Präsidiumssitzung einberufen, weil kein Geld da war", erzählt Nanke. Ohne den Zusammenschluss, glaubt er, würde man heute in der Regionalliga spielen, maximal.
Es war trotzdem eine reine Vernunftehe. In der Regionalliga sind Fürth und Greuth seinerzeit Rivalen. Es gibt nichts Emotionales, was die 50 Kilometer entfernten Orte verbindet. "Ich hätte auch lieber eine Spielvereinigung Fürth, aber ich kann mit dem Greuther Fürth aus Dankbarkeit absolut gut leben", sagt Nanke, "irgendwann einmal wird es sich wohl so oder so ändern." Es gibt etliche Fans, die dafür eintreten, dass dieses "Irgendwann" möglichst bald ist. Seit dem Rücktritt von Hack ist die Diskussion neu aufgeflammt. Die Fan-Kampagne „Zurück zur SpVgg Fürth“ trommelt mit viel Kreativität für die Rückkehr zum alten Namen.
Auch die dahinter stehenden Ultra-Gruppen und die größte Fanvereinigung, die Sportfreunde Ronhof, betonen, das Lebenswerk von Hack zu honorieren. Aber das soll kein Hindernis sein, den Namen zu ändern. "Die Zeit ist reif", steht auf über 40 000 Flyern, die sie in Fürth verteilten. Die Haltung der Vereinsführung hat sich seit dem Auftreten der Kampagne allerdings nicht geändert: "Es gibt in keinem Gremium auch nur ansatzweise die Tendenz, den Namen ändern zu wollen", sagt Präsident Fred Höfler. Als Präsident des e.V. führt er in der Sache die Auseinandersetzung. Der Geschäftsführer der ausgegliederten Profifußball-Abteilung, Holger Schwiewagner, will sich öffentlich nicht zu dem Thema äußern. Der Name sei eine Sache des Vereins, und man praktiziere Ämtertrennung zwischen dem und der KGaA, heißt es dazu.
"Eine Marke"
Man versucht offenbar, die Debatte zu einer reinen Angelegenheit der Breitensport-Abteilung zu machen. Eine Namensänderung würde auch zunächst nur den Verein betreffen. Die Fußballabteilung wäre an ein entsprechendes Votum der Mitgliederversammlung wohl nicht gebunden. Aber natürlich geht es den Fans in der Diskussion vor allem um sie.
Dass die Hürden in der Vereinssatzung zwar hoch sind, aber keineswegs so unüberwindbar, wie es die Vereinsvertreter zunächst als Argument vorbrachten, hat die Fan-Kampagne schon aufgezeigt.
Den Verein hat die Diskussion auf dem falschen Fuß erwischt. Man befindet sich im zweiten Jahr eines Umbruchs und hatte eigentlich andere Themen auf der Agenda. "Die Spielvereinigung Greuther Fürth ist eine Marke im deutschen Fußball", sagt Höfler, "die Menschen verbinden damit etwas, zum Beispiel unseren Jugendstil." Aber hat das Kleeblatt diesen Weg nicht verloren? "Das ist ja das Ziel, dass wir wieder zu dem zurückkehren, was uns bundesweit sympathisch macht." Den Fans hinter der Kampagne dürfte das nicht reichen. Als nächstes wollen sie auch in einen Dialog mit den Sponsoren treten. Mit der Martin Bauer Group kommt seit 1996 ein wichtiger aus Vestenbergsgreuth. "Durch ein einheitliches Profil könnte man Euphorie und eine neue Bindung schaffen. Das wäre sicherlich auch lukrativ für alte und neue Sponsoren", glaubt Aktivist Fabian Northmann.
Heute: A-Klasse
23 Jahre nach dem Zusammenschluss sind die Verbindungen zwischen Greuth und Fürth immer weniger geworden. Spätestens seit 2004 befindet sich sämtliche Infrastruktur in der Kleeblattstadt, wo alle Teams der Spielvereinigung Greuther Fürth spielen. Zu den "Gewinnern", die die Pressemappe ankündigte, kann man den TSV nicht zählen. Vor 1996 kamen Mannschaften wie 1860 München an den Schwalbenberg. Heute kickt man in der A-Klasse.
"Wir haben in den vergangenen 23 Jahren doch auch eine Tradition erschaffen", sagt Höfler. Eine Sichtweise, die die Fans der Kampagne nicht akzeptieren können. "Das, was den Verein ausmacht, die großen Erfolge, sind durch diesen Namen nicht repräsentiert. Die Spielvereinigung Greuther Fürth ist nicht dreimal Deutscher Meister und nicht Süddeutscher Meister geworden", sagt Northmann.
Der Frage, wieviel Fürth und Greuth nach der Ära Hack noch verbindet, wird man sich bei der Spielvereinigung verstärkt stellen müssen. Dafür dürften die Fans sorgen.
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