Fürths erfolgreicher Überlebenskampf in Hamburg

Sebastian Gloser

Sportredakteur

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14.2.2021, 18:30 Uhr
Fürths junge Viererkette blieb gegen starke Hamburger ohne Gegentor und durfte sich danach über den Punktgewinn freuen.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Fürths junge Viererkette blieb gegen starke Hamburger ohne Gegentor und durfte sich danach über den Punktgewinn freuen.

Nach dem Schlusspfiff hallten ein paar laute Freudenschreie durch das große, fast menschenleere Hamburger Volksparkstadion. Die in Grün gekleideten Fußballer mobilisierten noch einmal die letzten Kräfte und klatschten druckvoll untereinander ab, Hans Nunoo Sarpei sank erschöpft auf die Knie und sendete ein Gebet gen Himmel.

Ob er sich auch für den Punktgewinn im Spitzenspiel der zweiten Bundesliga bedankt hat, ist nicht überliefert. Vielleicht war Sarpei einfach nur froh, überhaupt dabei sein zu dürfen. Unter der Woche konnte er wegen Knieschmerzen phasenweise nicht trainieren, beim Abflug nach Hamburg am Freitagabend war er trotzdem dabei. Am Samstagnachmittag ging Fürths Mittelfeldabräumer dann genau wie seine Kollegen keinem Zweikampf aus dem Weg, auch nicht denen, die ganz offensichtlich schmerzhaft werden würden.

Am Ende reichte diese kollektive Energieleistung beim Tabellenführer und lange Zeit mit nur zehn Mann zu einem 0:0, über das Torhüter Sascha Burchert danach sagte: "Vor dem Spiel hätten wir den Punkt nicht einfach so angenommen. Jetzt nach dem Spiel, nach einer halben Stunde in Unterzahl, schon."

Ein 4-3-3 für mehr Kompaktheit

Diese kernverdichtete Saison hat ihre Spuren hinterlassen, die Englischen Wochen zuletzt erst recht. In Hamburg fehlten Fürths Trainer Stefan Leitl die beiden Innenverteidiger Mergim Mavraj und Paul Jaeckel, Anton Stach rückte erneut in die letzte Reihe und Sarpei nahm seinen Platz im defensiven Mittelfeld ein.

Auf dem Papier las sich das wie die vertraute Raute, mit der das Kleeblatt in dieser Spielzeit schon so oft überzeugt hat, auf dem Rasen wurde daraus aber zunächst ein 4-3-3, um die eigene Kompaktheit zu stärken und den Spielaufbau des Hamburger SV noch früher zu stören. Dass dies zu Lasten der eigenen Angriffsbemühungen ging, war einkalkuliert, nach 20 Minuten stellten die Gäste wieder auf das bewährte System um. "Wir wollten auf die Stärken von Hamburg reagieren", stellte Leitl später am Nachmittag fest: "Das ist uns auch ganz gut gelungen."

"Prädikat Spitzenspiel"

Tatsächlich war von der Spielstärke beider Mannschaften zunächst relativ wenig zu erkennen. Es waren vor allem das intensive Pressing und die taktische Disziplin, weshalb der Fürther Trainer und sein Hamburger Amtskollege Daniel Thioune hinterher zurecht davon sprechen durften, dass die Partie das "Prädikat Spitzenspiel" (Leitl) verdient hatte.

Außer einem Distanzschuss von Havard Nielsen, der Hamburgs Torhüter Sven Ulreich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt immerhin ein wenig Bewegung verschaffte (15.), konnten die Gäste kaum Offensivaktionen verbuchen. Die Gastgeber wiederum hatten in der ersten Halbzeit mehr vom Spiel, scheiterten aber an der Übung, sich klare Torchancen zu erarbeiten. Die beste hätte Sonny Kittel haben können (8.), statt selbst abzuschließen legte er im Strafraum aber noch einmal quer, wo sich mit Stach ein dankbarer Abnehmer fand.

"Unglückliche Entscheidungen"

Nach dem Seitenwechsel wurde die Begegnung bald aufregender, mit Spielkunst hatte das allerdings zunächst wenig zu tun. Innerhalb kurzer Zeit sah Sebastian Ernst gleich zweimal Gelb (50.+57.), mindestens einmal lag Schiedsrichter Sascha Stegemann daneben, wie die Fernsehbilder belegten. Leitl sprach hinterher von "unglücklichen Entscheidungen auf beiden Seiten" und zeigte kein Verständnis dafür, dass "in einem Topspiel auf diesem Niveau so eingegriffen wird".

Die Fürther Angriffslust schränkte der Platzverweis natürlich nachhaltig ein, obwohl sich Nielsen eine Minute später sogar die beste Fürther Gelegenheit bot (58.). Diesmal wurde sein Schuss von Gideon Jung geblockt.

Torhymne, aber kein Tor

Danach folgte das, was Leitl in der Pressekonferenz einen "Überlebenskampf" nennen sollte. Hamburg machte das Spiel breit und erarbeitete sich so gute und teilweise sehr gute Möglichkeiten. Nach 63 Minuten hatte Torjäger Simon Terodde bereits Burchert überwunden, Maximilian Bauer konnte aber vor der Linie klären. In der 76. Minute erklang sogar schon die Torhymne, per Videobeweis wurde der vermeintliche Treffer von David Kinsombi aber wieder einkassiert. Kurz vor Schluss war Burchert zweimal (83.+87.) gegen den früheren Fürther Khaled Narey zur Stelle.

Einen "Punkt der Moral" nannte Leitl den letztlich erfolgreichen Überlebenskampf, mit dem die Spielvereinigung weiter dabei bleibt in einem weitaus schöneren Kampf: dem Aufstiegskampf.

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